Biomass Power off!

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Kahlschlag an der E263 zwischen Imavere und Kaesukonna in Jarva County, Estland, 28. April 2018
Foto ▸ Almuth Ernsting / Biofuelwatch

Zur morgen beginnenden “Biomass PowerON“-Konferenz in Kopenhagen kündigen europäische Umweltorganisationen Proteste gegen die großindustrielle Verbrennung von Holzbiomasse und das Greenwashing dieser zerstörerischen Branche an. Im Namen eines internationalen Netzwerks gegen die Verbrennung von Holz in großindustriellem Stil werden Aktivist*innen von NOAH Friends of the Earth Denmark und Global Aktion (Dänemark), ROBIN WOOD (Deutschland) und Biofuelwatch (Großbritannien) vor dem Haupteingang des Industriekonferenzhotels im Zentrum von Kopenhagen demonstrieren. Zudem planen sie, einem Unternehmens-Lobbyist der Branche einen Negativpreis für das Verfeuern von Wäldern zu überreichen.

Industrie und Politik versuchen, die Verbrennung von Waldbiomasse – als Beitrag zum Kohleausstieg und als Antwort auf die sich zuspitzende Klimakrise – auszuweiten, obwohl sie den Wäldern, dem Klima und der öffentlichen Gesundheit schweren Schaden zufügt.

EU-weit macht Waldholz bereits 37 Prozent aller als erneuerbar eingestuften Energien aus, mehr als Wind-, Solar-, Gezeiten-, Wellen- und geothermische Energie zusammengenommen. Das Vereinigte Königreich, Dänemark und die Niederlande sind Vorreiter bei der Verbrennung von Holz in Kohlekraftwerken. In Deutschland steht vor dem Hintergrund der Umrüstung von Kohlekraftwerken eine Entscheidung über eine erneute starke Steigerung der Waldholzverbrennung unmittelbar bevor.

Selbst das EU-eigene Forschungsinstitut (JRC) zweifelt nicht daran, dass die Verbrennung von Biomasse schädlich für das Klima und die biologische Vielfalt sein kann. Gleichzeitig setzen sich Industrie und Politiker aber weiterhin für eine verstärkte Verbrennung von Holzbiomasse ein und präsentieren sie als Lösung für den Kohleausstieg und die sich verschärfende Klimakrise.

„Die Biomass PowerON-Konferenz bringt Energieunternehmen und Holzbiomasse-Lieferanten zusammen. Zwischen Kaffee und Kuchen wird genetzwerkt und werden klimaschädliche, aber wirtschaftlich sehr lukrative Deals sondiert. Die Branche profitiert von riesigen Subventionen für das Abholzen und Verbrennen von Wäldern und Baumplantagen. Zugleich fehlen diese öffentlichen Gelder für die Förderung klimafreundlicher Wind- und Solarenergie. Hunderte Wissenschaftler*innen habe in der Vergangenheit eindringlichen davor gewarnt. Und auch wir fordern: Diese klimaschädliche Politik muss aufhören!“, sagt Bente Hessellund von NOAH.

Bei der Konferenz treffen sich einige der Größten der Branche. Auf dem Programm stehen Vorträge von Sprecher*innen der dänischen Energieunternehmen Hofor und Ørsted sowie der Drax-Gruppe, die in England das weltgrößte Biomassekraftwerk betreibt. Ørsted wie auch Drax importieren große Mengen Holzpellets aus wertvollen Wäldern Estlands, Lettlands und dem Südosten der USA.

Siim Kuresoo vom estischen Umweltverband Estonian Fund for Nature warnt vor den Folgen der Pelletexporte an Ørsted, Drax und andere Energieunternehmen: „In Estland sehen wir einen starken Anstieg von Kahlschlägen, vor denen nicht einmal der wertvollste Urwald sicher ist. Holzpellets und Holzhackschnitzel aus unserem Land können unmöglich als ein Beitrag zum Umweltschutz betrachtet werden.“

Heather Hillaker vom Southern Environmental Law Center in den USA sagt: „Sowohl Drax als auch Ørsted verbrennen Holzpellets, die von dem Produzenten Enviva im Südosten der USA produziert werden. Es handelt sich um Pellets, die aus ganzen Baumstämmen hergestellt sind, viele davon aus Kahlschlägen von reifen Wäldern in einer Region, die zu einem globalen Biodiversitäts-Hotspot ernannt worden ist. So werden unsere Wälder und der Lebensraum von Tieren zerstört. Luftverschmutzung und Holzstaub schaden auch der Gesundheit der Menschen vor Ort. Diese Industrie ist alles andere als sauber.“

Das dänische Unternehmen Hofor bezieht einen Teil der Holzhackschnitzel aus dem brasilianischen Amazonas-Staat Amapá. Hofors brasilianischer Lieferant, Amcel, betreibt dort Eukalyptusplantagen. Sie wurden auf Kosten von Kleinbauern angelegt, die seit Jahren versuchen, ihr Land zurückzubekommen – so Pater Sisto Magro, Mitarbeiter der Pastoralen Landkommission CPT und Menschenrechtsaktivist. Pater Sisto Magro warnte, brasilianische Holzexporte nach Dänemark würden Präsident Bolsonaro und dessen waldzerstörerischem Programm in die Hände spielen.

Wie vor einigen Jahren in Dänemark drängen inzwischen auch in Deutschland Energiefirmen wie Onyx und EnBW und Pelletproduzenten wie Enviva zusammen mit Industrie-Lobbyverbänden wie dem „Forum Nachhaltige Holzenergie“ auf öffentliche Fördergelder, um Kohlekraftwerke auf Holzpellets umzurüsten, statt sie zu schließen.

Solche Investitionen würden eine auf Verbrennungstechnologie basierende Energieversorgung aufrechterhalten – und damit zu hohen Emissionen aus der Verbrennung bis weit in die Zukunft führen. Investitionen sollten stattdessen nur zum Ausbau der Energieversorgung mit emissionsarmen Technologien wie Geothermie oder Solar- und Windkraft genutzt werden.

„Die Schäden an Wäldern, Klima und Artenvielfalt durch die großindustrielle Holzverbrennung lassen sich nicht schönreden. An Biomasse-Verbrennung ist nichts umwelt- oder klimagerecht. Statt Lobby- und Greenwashing-Veranstaltungen wie hier in Kopenhagen fordern wir mehr Anstrengungen zum Schutz von Wäldern und eine klimafreundliche Energiewende“, sagt Jana Ballenthien von ROBIN WOOD.

+++ Presse-Treffpunkt für die Protestaktion: Mittwoch, den 15.09.21, um 9:00 Uhr vor dem Hotel Scandic Copenhagen, Vester Søgade 6, 1601, Kopenhagen +++

Für Rückfragen:

  • NOAH: Bente Hessellund, Tel. +45 29294527: bente [at] noah.dk
  • ROBIN WOOD: Jana Ballenthien, Waldreferentin, Tel.: ++49 40 38089211 (mit Umleitung auf das Mobiltelefon vor Ort erreichbar), wald [at] robinwood.de
  • Biofuelwatch: Almuth Ernsting, Co-Director, Tel: +44-131-6232600, biofuelwatch [at] gmail.com



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Aktuelles zur Aktion morgen auch auf Twitter: @robin_wood, @noah_dk

Update: Blogbeitrag v. 15.9.21 mit der Rede zur Verleihung des Negativpreises.