Onyx-Kraftwerk in Wilhelmshaven auf dem Holzweg

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Die Kreise um jede Anlage zeigen den angenommenen Beschaffungsbereich für Holz für jedes Werk. Die schattierten Grünflächen zeigen den globalen Biodiversitäts-Hotspot.
Foto ▸ Southern Environmental Law Center

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LKWs beladen mit ganzen Stämmen alter Bäume, die auf das Betriebsgelände von Enviva in North Carolina fahren.
Foto ▸ Dogwood Alliance

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Kraftwerk im Südosten der USA, Foto: Dogwood Alliance
Die Bäume werden zu Pellets verarbeitet und in Kraftwerken wie diesem im Südosten der USA verfeuert - ein unverantwortlicher Umweltfrevel! Auch die Gesundheit leidet durch die Belastung mit Feinstaub.
Foto ▸ Dogwood Alliance

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North Carolina, Foto: Dogwood Alliance
Auch in North Carolina, nahe des Moccasin Creek, zeigt der Kahlschlag für Großkraftwerke erschreckende Ausmaße
Foto ▸ Dogwood Alliance

Da braut sich was zusammen im deutschen Energiemix. Eine zunehmende Anzahl an Kraftwerksbetreibenden in Deutschland erwägt, ihre Kohlekraftwerke umzurüsten auf die Verbrennung von Holz.

Von der Bundesregierung wird die Holzverbrennung – neben der Solarenergie und der Windkraft – als erneuerbar deklariert (unten dazu mehr). Daher winken den Betreibenden hohe Subventionen für diese unrentable, da ineffiziente Art der Energiegewinnung. In der EU wurden laut Angaben von 2019  wurden insgesamt 5,15 Millionen Euro zur Subventionierung der Bioenergie ausgegeben; davon alleine knapp 1,9 Millionen in Deutschland, was Deutschland zum Spitzenreiter der 13 Mitgliedstaaten der EU macht, die Biomasse subventionieren, obwohl darin noch keine Subventionierung von Holzbiomasseverbrennung in Großkraftwerken enthalten ist.

Die Subventionsfreudigkeit der deutschen Regierung der Holzbiomasseverbrennung in diesem Sektor ist allerdings bereits jetzt klar erkennbar. Und das Bundeswirtschaftsministerium hat bereits einen Topf von einer Milliarde Euro zur Subventionierung des Umbaus von Kohlekraftwerken zu Gas- oder Holzbiomassekraftwerken in der Pipeline.

Die Subventionierung der Verbrennung von Biomasse wird in Deutschland auf EU-Ebene über die„Renewable Energy Directive“ (RED II) gestützt, die in Art. 29 die Verbrennung von Biomasse als erneuerbar deklariert und damit für die EU-Mitgliedstaaten als förderungswürdig definiert – allerdings ohne dass ein Mitgliedstaat dazu gezwungen würde, Biomasse auch verbrennen zu müssen. Auf nationalstaatlicher Ebene wäre es stattdessen z.B. möglich, strengere Umwelt- und Klimaschutzkriterien zu verabschieden, die das Verbrennen von Holzbiomasse unterbinden. Ob die RED in Zukunft weiterhin die Verbrennung von Biomasse legitimiert oder sich die EU vielleicht sogar entscheidet, die Verbrennung von Biomasse auf der Ebene der Nationalstaaten einzuschränken, wird sich im Laufe diesen Jahres zeigen. Eine Revision der RED II zur RED III steht kurz bevor. Ein erster Entwurf wird voraussichtlich im Juni diesen Jahres von der Europäischen Kommission vorgelegt.

Unwirtschaftliches Onyx-Kraftwerk will umrüsten auf Holzbiomasseverbrennung

Schauen wir uns das Onyx-Kraftwerk etwas genauer an.

Erst 2015 ging das Steinkohlekraftwerk, das eine Leistung von 731 Megawatt hat, ans Netz. Seitdem fährt es Jahr für Jahr riesige Verluste ein. Im Jahr 2020 war es nur zu acht Prozent ausgelastet (pro Jahr etwa 5,5 Milliarden Kilowattstunden Strom), da Solar- und Windanlagen im windreichen, nördlichen Niedersachsen günstigeren Strom lieferten. Pro Jahr sammelte das Kraftwerk im Mittel zehn Millionen Euro Schulden ein. Das Unternehmen Tennet plant weitere Offshore-Windkraftanlagen am Standort Wilhelmshaven, was die Schulden des Onyx-Kraftwerks ansteigen lassen wird.

Dieses Verlustgeschäft weiterlaufen zu lassen, bis die letzten Kohlekraftwerke 2038 abgeschaltet werden, ist nicht nur unter diesem Gesichtspunkt unlogisch.

So überlegen die Kraftwerksbetreibenden , das Kraftwerk auf Holzbiomasse umzurüsten. Dies kommt bei diesem Kraftwerk nicht überraschend, ist der Kraftwerksbetreibende doch die Riverstone Holding, der mit Abstand größte Anteilseigner an dem weltweit größten Pelletunternehmen Enviva. Und eben diese Firma hat nun schon Gespräche in Wilhelmshaven geführt. Das Kraftwerk steht also schon in den Startlöchern und hat für den Start etablierte Wirtschaftspartner an der Seite.

Holz als erneuerbar zu deklarieren, ist ein fataler Etikettenschwindel

Die Verbrennung von Wäldern im großindustriellen Stil ist alles andere als regenerativ oder erneuerbar. Sie ist klimaschädlich, gefährdet die Artenvielfalt, schadet unserer Gesundheit und zerstört obendrein noch alle anderen Ökosystemfunktionen, die unsere Wälder zu bieten haben; darunter nichts weniger als die Funktion der Klimaregulation im Sinne einer mildernden Wirkung auf die Extremwetterlagen des Klimawandels. Wer Wälder verfeuert, wird eine sozial gerechte und ökologische Energiewende weit verfehlen und letztlich unser aller Lebensgrundlage massiv schädigen.

Im Januar diesen Jahres veröffentlichte der Gemeinsame Forschungsrat der Europäischen Kommission (Joint Research Center, kurz JRC) einen warnenden Bericht zur Verbrennung von Holz-Biomasse. Auch dieser Bericht stellt heraus, dass die Verbrennung von Biomasse alles andere als emissionsfrei ist. Dadurch werden in der EU mehr als 350 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr emittiert. Bioenergie emittiert pro Energieeinheit sogar mehr Kohlenstoff als fossile Brennstoffe und verbleibt über Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte in der Atmosphäre. Von den 24 Bioenergie-Szenarien, die in dem Bericht bewertet wurden, stellen 23 ein Risiko für das Klima, die Biodiversität oder beides dar. Die meisten nationalen Energie- und Klimapläne der EU-Mitgliedsstaaten enthalten zudem keine angemessene Bewertung der potenziellen Auswirkungen einer Ausweitung der Holzeinschläge für Waldbiomasse auf Kohlenstoffsenken, Biodiversität, Wasser und Luftverschmutzung. Die gemeldete Nutzung von Waldbiomasse in der EU ist außerdem höher als die gemeldeten Quellen dieses Holzes, was darauf hindeutet, dass bis zu 20 Prozent des in der EU verbrannten Holzes aus unbekannten Quellen stammen.

Im Februar veröffentlichten 500 internationale Wissenschaftler*innen einen Brief an US-Präsident Biden, die Präsidentin der EU-Komission von der Leyen und andere Staats- und Regierungschefs. Sie fordern die Regierungsoberhäupter auf, Subventionen und andere Anreize zur Verbrennung von Holz zu stoppen und die Verbrennung von Waldholz nicht mehr als kohlenstoffneutral oder kohlenstoffarm zu bewerten. Auch "Nachhaltigkeitsstandards" für die Bewirtschaftung von Wäldern oder für Pflanzenöl könnten an den negativen Klimaauswirkungen über Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte nichts ändern.

Desaströse Umweltzerstörung in Übersee für das deutsche Onyx-Kraftwerk

Enviva, der zweitgrößte Pelletproduzent der Welt ist der wahrscheinlichste Kandidat als Pelletlieferant für das Kraftwerk Onyx. In den letzten acht Jahren ist die Holzpelletindustrie Envivas im Südosten der USA rasant gewachsen - seit 2012 hat sie sich fast vervierfacht. Im Jahr 2020 exportierten die USA 7,26 Millionen Tonnen Holzpellets, wobei etwa 75 Prozent dieser Pellets von Enviva stammen.

Die oben angezeigte Karte zeigt die Holzpelletwerke im Südosten der USA - wobei die gelben Werke in Betrieb sind und die roten Werke entweder im Bau oder geplant sind. Die Kreise um jede Anlage zeigen den angenommenen Beschaffungsbereich für Holz für jedes Werk. Die schattierte Grünfläche im Hintergrund zeigt den globalen Biodiversitäts-Hotspot. Die gelben Punkte im oberen rechten Teil der Karte markieren Pelletwerke von Enviva in North Carolina und Virginia, die in der Bevölkerung auf erheblichen Widerstand stoßen und schon seit 2013 Gegenstand zahlreicher Untersuchungen unabhängiger Medien aus den USA, Großbritannien, Dänemark und den Niederlanden zu den Pellet-Herstellungspraktiken von Enviva sind. Auch Vertreter von Umweltschutzorganisation wie das Forum Umwelt und Entwicklung und die amerikanische Organisation Dogwood Alliance haben entsprechende Waldschäden und Holztransporte in der Vergangenheit dokumentiert.

Die Untersuchungen haben wiederholt zwei Hauptfakten gezeigt: Erstens verarbeiten die Pelletwerke von Enviva routinemäßig ganze, alte Baumstämme und zweitens stammen viele der Bäume aus Kahlschlägen aus Wäldern mit hoher biologischer Vielfalt. Beide Faktoren tragen zur starken Schädigung einiger der ökologisch wertvollsten Wälder und Ökosysteme der Welt bei.

Die betroffenen Wälder sind zum Teil Auenlaubwälder, also Feucht- oder Sumpfwälder, die zu den wertvollsten Ökosystemen Nordamerikas gehören. Schon jetzt sind ungefähr 60 Prozent der Auen-Laubwälder der USA zerstört.

Wenn wir von 8.000 Volllaststunden pro Jahr des Kraftwerkes Onyx in Wilhelmshaven ausgehen (diese Summe stammt von den Erfahrungen vergleichbarer Werke in Großbritannien), müsste das Kraftwerk 2,9 Millionen Tonnen Pellets pro Jahr verbrennen. Wenn sämtliche Pellets aus Wäldern des Südostens der USA kämen, entspräche die Abholzung dort einer Fläche von 203 Quadratkilometer Wald pro Jahr - eine Fläche, die etwa doppelt so groß ist wie der Landkreis Wilhelmshaven. Die CO2-Emissionen der Verbrennung dieser Holzpellets würden den CO2 Anteil in der Atmosphäre für viele Jahrzehnte erhöhen. [Die Berechnung der benötigten Waldfläche für die 2,9 für Wilhelmshaven angenommenen Tonnen basiert auf den Zahlen, die das “Southern Environmental Law Center“ in seinem Gutachten “Burning Trees for the Truth about Woddy Biomass, Energy & Wildlife“ 2018 für die Pelletproduktion Envivas zugrunde legt (Fn.9).]

Soziale Ungerechtigkeit durch den Import von Holzpellets aus dem Südosten der USA

Neben den Auswirkungen auf die Natur hat die Herstellung von Holzpellets auch schwerwiegende negative Auswirkungen für Anwohner*innen im Umkreis der Pelletwerke. Diese geht mit einem erheblichen Lärmaufkommen einher und führt zu einer Luftverschmutzung, die Asthma und andere Atemwegserkrankungen verursachen kann. Auch die Weltgesundheitsorganisation gibt an, dass der freigesetzte Holzstaub langfristig zu Krebs führen kann. Schon kurzfristig kann er zu Atembeschwerden, chronischem Schnupfen und allergischen Reaktionen führen.

Diese Pelletwerke befinden sich häufig in den vulnerabelsten Gemeinden im Süden der USA, sogenannten „enviromential justice communities“. Gemeint sind damit Gemeinden mit niedrigem Einkommen und mindestens 25 Prozent nicht-weißer Bevölkerung, deren Gesundheit im Schnitt schlechter ist und die mehreren Quellen von Umweltverschmutzung ausgesetzt sind.

Viele wehren sich inzwischen dagegen, „die Müllhalde für industrielle Umweltverschmutzung“ zu sein und protestieren - laut Belinda Joyner, einer lokalen Aktivistin, die in der Nähe einer der Einrichtungen von Enviva lebt - gegen Enviva und Pelletwerke in ihrer Gemeinde.

Du möchtest mit uns diesen Irrsinn stoppen?

Wir haben gemeinsam mit Peter Wohlleben und der Deutschen Umwelthilfe eine Petition gegen das Verbrennen von Büschen und Bäumen in Großkraftwerken gestartet. Mach mit!

Auch wenn du in Wilhelmshaven wohnst und dort aktiv werden möchtest, kannst du dich gerne bei uns melden.