Hamburg, raus aus Kohle, Gas und Holz!

Bald dürfte es rund um das Kohlekraftwerk Tiefstack in Hamburg erneut spannend werden. Für den 1. Juli wird eine Stellungnahme des Aufsichtsrats der Hamburger Energiewerke (HEnW) dazu erwartet, was aus dem klimaschädlichen Kohlekraftwerk werden soll. ROBIN WOOD bekräftigt daher die Kritik an jeglicher Verbrennung von Ressourcen zur Energieproduktion – seien es Kohle, Gas oder Holz. Den Aufsichtsrat der HEnW sowie seinen Vorsitzenden, Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne), fordert ROBIN WOOD auf, eine sozial gerechte, klimaverträgliche und demokratisch kontrollierte Energieversorgung aus erneuerbaren Energien zu gewährleisten – auch wenn dies große Investitionen verlangt.

Hamburg steht in der Pflicht nachzuweisen, wie das stadteigene Energieunternehmen den Einsatz der Kohle im Kraftwerk Tiefstack verringert. Gehandelt werden muss also hier und jetzt. Es gibt keine Zeit zu verlieren.

„Spätestens 2030 werden wir die Wärmeerzeugung aus Steinkohle vollständig einstellen“, erklären die Hamburger Energiewerke auf ihrer Website. Was nach der Kohle kommen soll, ist aber noch immer unklar. Die Hamburger*innen, die sich mit einem Volksentscheid die Macht über ihre Energieversorgung zurückgeholt haben, können darüber bisher nur spekulieren. An handfesten Informationen fehlt es.

Offenbar setzt die Hamburger Umweltbehörde auf die Umrüstung des Kraftwerks. Für die „Transformation Tiefstack“ beauftragte sie einen „Beteiligungsprozess“, der von einem Unternehmen für strategische Kommunikation organisiert und durchgeführt wird. Eine Reihe von Workshops fanden statt, der erste startete im Januar 2021. Dabei wurden verschiedene Varianten der Umrüstung durchgespielt. Vertreter*innen von Umweltorganisationen wie BUND, NABU oder ROBIN WOOD beteiligen sich an diesem Prozess nicht. Aus gutem Grund. Denn für den Prüfprozess gab es – trotz aller Beteuerungen zum Klimaschutz – viele und zu eng gesteckte Vorgaben, insbesondere zur Wirtschaftlichkeit der Umrüstung. Geprüft wird mit betriebswirtschaftlicher Brille auf der Nase und nicht ergebnisoffen.

Außerdem sind die am Prüfprozess beteiligten Vertreter*innen der Zivilgesellschaft zum Schweigen verdonnert – sie haben Verschwiegenheitserklärungen unterschrieben. Dies verhindert Transparenz und eine Mitwirkung auf Augenhöhe. Zudem zeichnet sich ab, dass den wenigen beteiligten Vertreter*innen der Zivilgesellschaft die Aufgabe zugeschrieben wird, dem Projekt gegen alle Widerstände zu öffentlicher Akzeptanz zu verhelfen.

ROBIN WOOD beobachtet den Prozess seit seinem Beginn und hat gemeinsam mit vielen Bündnispartner*innen insbesondere die Pläne, das Kraftwerk Tiefstack auf die Verbrennung von Buschholz aus Namibia umzurüsten scharf kritisiert. Der öffentlichkeitswirksame Protest führte dazu, dass die Hamburger Umweltbehörde den entsprechenden Prüfprozess aussetzte und diese Aufgabe ans Bundesentwicklungsministerium (BMZ) weiterreichte – wo allerdings nach dessen Angaben eine entsprechende Anfrage nie ankam.

In jedem Fall fehlt bislang eine öffentliche Absage der Hamburger Umweltbehörde an das Verfeuern von Holz in Kraftwerken und insbesondere an den Import von Buschholz aus Namibia für die Wärmeproduktion in Hamburg. Eine Schriftliche Kleine Anfrage (Drs 22/8320) an den Hamburger Senat versucht, der Geheimniskrämerei entgegen zu wirken.

Vermutlich wird die Vorzugs-Variante zur Umrüstung des Kraftwerks Tiefstack, über die der Aufsichtsrat der Hamburger Energiewerke demnächst beschließen wird, mehrere Komponenten enthalten, darunter auch das Verfeuern von Holz-Biomasse.

ROBIN WOOD warnt davor, diesen klimaschädlichen Weg einzuschlagen, auch wenn das Holz nicht aus Namibia stammen sollte. Denn Holz zu verbrennen, ist nicht vereinbar mit der Verpflichtung zum Klimaschutz und dem Erhalt der Artenvielfalt. Es setzt beim Verbrennungsprozess mehr CO2 frei als Kohle. Wird Holz in industriellem Stil verheizt, erhöht dies zudem den Nutzungsdruck auf die ohnehin durch Klimawandel sowie Schadstoffe gestressten Wälder. Als CO2-Senken und als Eckpfeiler der biologischen Vielfalt werden die Wälder zurzeit – dringender denn je – gebraucht.

Notwendig ist eine breite, öffentliche Debatte darüber, wie die Energieversorgung der Hamburger*innen ohne die Verbrennung von Ressourcen wie Kohle, Gas und Holz sichergestellt werden kann. Technisch machbar ist das, etwa mit Großwärmepumpen, die mit Ökostrom betrieben werden.

Die Klimakrise und der Krieg in der Ukraine zeigen auf brutale Weise, wie existentiell wichtig es ist, schnell von fossilen Energien unabhängig zu werden, den Energieverbrauch zu senken und Energiearmut zu verhindern – durch individuelles Handeln, vor allem aber durch verbindliche Zielvorgaben und Maßnahmen der Politik. Das knappe öffentliche Geld darf nicht erneut in fossile Infrastruktur fehlgeleitet werden. Es muss jetzt in die Einsparung von Energie, mehr Effizienz und eine sozial gerechte Versorgung mit Energie aus Wind und Sonne fließen.

Hamburg ist verpflichtet, die eigenen sowie nationale und internationale Klimaziele zu erfüllen und kommende Generationen nicht ihrer Freiheitsrechte zu berauben. Die Klimakrise ist akut und kostet Menschenleben. Der Hamburger Senat muss dem beim Umbau unserer Strom- und Wärmeversorgung Rechnung tragen – auch wenn dies nicht die betriebswirtschaftlich billigste Lösung ist.