Keine neue Autobahn nirgendwo!

Die bundesweiten Aktionstage #MobilitätswendeJetzt am ersten Juni-Wochenende waren ein riesiger Erfolg einer vielfältigen Bewegung. Mit über 80 kreativen Protestaktionen bundesweit zeigte die Bewegung: An uns kommt die Politik nicht mehr vorbei! Der Protest reichte dabei von Fahrraddemos über Autobahnen, spontanen Umgestaltungen von Asphaltpisten zu urbanen Spielstraßen bis hin zu Protestaktionen auf Bäumen oder auf dem Wasser. Auch ROBIN WOOD setzte sich am 5. und 6. Juni mit vielfältigen Aktionen für eine sozial- und klimagerechte Mobilitätswende ein. Die nächsten bundesweiten Aktionstage für die #MobilitätswendeJetzt finden bereits in wenigen Tagen statt. Vom 8.-10. Oktober macht die Mobilitätswende-Bewegung wieder an vielen Orten klar: Wir nehmen die Mobilitätswende selbst in die Hand! Vor der Bundestagswahl wurde viel über Klimaschutz geredet - nach der Wahl müssen nun endlich deutliche Schritte für eine sozial-ökologische Verkehrswende unternommen werden!

Am ersten Juni-Wochenende beteiligte sich ROBIN WOOD Berlin mit einer Kletteraktion gegen den Ausbau der Stadtautobahn A100 in Berlin an den Aktionstagen. Der Bau der A100 frisst nicht nur Unmengen an Beton, dessen Produktion besonders klimaschädlich ist, sondern kommt auch nur wenigen Berliner*innen zugute: Ende des Jahres 2017 waren in Berlin pro tausend Einwohner*innen nur 381,8 Kraftfahrzeuge zugelassen – der niedrigste Wert Deutschlands. Die 200.000 Euro, die die öffentliche Hand pro Meter Stadtautobahn ausgibt, wären also nicht nur aus ökologischer sondern auch aus sozialer Sicht gerechter in den Ausbau des ÖPNV investiert. Zusammen mit weiteren Aktivist*innen, u.a. von Ende Gelände, Sand im Getriebe und Fridays for Future demonstrierte ROBIN WOOD aber nicht nur gegen das teuerste Autobahnprojekt der Bundesrepublik, sondern forderte auch ein Ende des Bundesverkehrswegeplans und ein bundesweites Moratorium für den Straßenbau.

Die Bewegung gegen den klimaschädlichen Aus- und Neubau von Autobahnen wird immer größer, lauter und sichtbarer. Die Proteste für den Erhalt des Dannenröder Walds und gegen den Ausbau der A49 waren ein Wendepunkt und haben der Bewegung neuen Aufwind gegeben. Unter dem Motto „Wald statt Asphalt“ ist im Danni vielen Menschen klar geworden, dass Autobahnaus- und -neubaupläne, die bereits mehrere Jahrzehnte alt sind, nicht mehr in eine Zeit passen, in der der Schutz unserer Lebensgrundlagen und die Bekämpfung der Klimakrise wichtiger denn je sind. Die Politik und ihre Handlanger haben es zwar geschafft, die Waldbesetzung im Danni zu räumen und die Schneise für den Bau der A49 zu roden – aber damit gleichzeitig den bundesweiten Protest für eine sozial-ökologische Mobilitätswende, die unsere Lebensgrundlagen achtet und schützt, erst recht angefacht.

„Der Danni bleibt in unseren Herzen – und die Samen des Widerstands werden hier und an vielen anderen Stellen wieder aufblühen und weiterwachsen!“, hieß es kurz bevor das letzte Baumhaus fiel. Wir haben alle gehofft, dass sich dieser Wunsch erfüllen würde – dass es nun tatsächlich genauso kommt, haben wir allerdings kaum zu glauben gewagt. Nicht zuletzt dank der Proteste um den Danni sind eine Reihe weiterer Waldbesetzungen und Initiativen gegen klimaschädliche Straßenbauprojekte entstanden: Ob im Sterkrader Wald bei Oberhausen, in Sachsen-Anhalt gegen den Ausbau der A1, oder gegen die A39 durch die Lüneburger Heide. Aber auch seit vielen Jahren bestehende Proteste, z.B. gegen den Ausbau der A26 Ost in Hamburg oder die A44 bei Kassel, bekommen wieder Aufwind und mehr Aufmerksamkeit von Medien, Politik und der Zivilgesellschaft.

Doch für die Proteste für eine sozial-ökologisch gerechte Mobilitätswende gibt es nicht nur Zuspruch: Die erste Waldbesetzung Ostdeutschlands gegen die A14 in der Altmark wurde zuletzt wiederholt von konservativen Lokalpolitiker*innen, aber auch von rechten Kräften angegriffen. Vor allem in den ländlichen Räumen heißt es dabei immer wieder, dass Mobilität ohne eigenes Auto nicht möglich sei – und es dafür neue Straßen braucht. Was in der Debatte jedoch häufig ausgeblendet wird: 44% der Haushalte mit sehr niedrigem Einkommen im ländlichen Raum besitzen kein eigenes Auto (BMVI 2017). Auch für diese Menschen muss Zugang zu Mobilität ermöglicht werden – denn Mobilität bedeutet nicht nur Fortbewegung, sondern auch soziale und kulturelle Teilhabe. Die massiven Investitionen, die in den Straßenbau fließen, müssen daher in sozial- und klimagerechte Mobilität für alle – vor allem in den Ausbau des ÖPNV auf dem Land fließen.

Auch die Zeitersparnis durch eine neue Autobahn, die oft als Argument für den Ausbau von Autobahnen ins Feld geführt wird, ist nach durchschnittlich 10 Jahren aufgebraucht – und das erhöhte Verkehrsaufkommen führt wieder zu genauso viel Verkehr wie vor dem Ausbau. Schon seit Jahren ist nicht nur renommierten Verkehrswissenschaftler*innen klar: Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten! Grund dafür ist der so genannte induzierte Verkehr. Der Ausbau von Verkehrsinfrastruktur führt in vielen Fällen zu zusätzlichem Verkehrsaufkommen – zum Beispiel weil sich Menschen entscheiden mit dem Auto statt öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren.

Während Straßenbau bisher als selbstverständlich hingenommen wurde, scheint sich die gesamtgesellschaftliche Stimmung zu wandeln. Laut einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des NABU wünschen sich 41 Prozent der Deutschen einen Baustopp bei Autobahnen. Ganze 93 Prozent der Befragten wünschen sich laut der Umfrage von der nächsten Bundesregierung, dass diese den Schwerpunkt auf die Instandhaltung bestehender Autobahnen statt auf Neubau legt.

Der Bundesverkehrswegeplan sieht unterdessen jedoch noch an die 850 Kilometer Autobahnneubau bis 2030 vor – zusätzlich zu tausenden Kilometern Autobahnausbau. Daher gilt es jetzt mit Blick auf die Bundestagswahl, den Druck für einen Wandel der veralteten Verkehrspolitik aufrechtzuerhalten. Die Devise der Bewegung für „Wald statt Asphalt“ lautet in dieser Hinsicht: „850 Kilometer Autobahn bedeuten 850 Kilometer Protest!“. Die nächsten bundesweiten Aktionstage gegen Autobahnbau finden bereits in wenigen Tagen statt, um Druck auf die Koalitionsverhandlungen auszuüben. Denn der Bundesverkehrswegeplan darf, so wie er jetzt ist, niemals umgesetzt werden.

Um die Breite und Vielfalt der Bewegung gegen Straßenbau sichtbarer zu machen, hat ROBIN WOOD vor kurzem gemeinsam mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung eine Asphalt-Protest-Karte veröffentlicht. Die Karte kann direkt bei uns (info [at] robinwood.de (subject: Bestellung%20Asphalt-Protestkarte) (per E-mail) an info [at] robinwood.de oder per Telefon: 040 3808920) bestellt werden.