Wie Luxusflüge und Vielfliegen stoppen?

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Protest vor dem Verkehrsministerium
Protestaktion vor dem Bundesverkehrsministerium zum Ende der Petition Vielfliegen besteuern: Keine Freifahrtscheine zum Klima zerstören für Vielflieger*innen!
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Grafik: Die Strecke Hamburg–Sylt ist eine der vielbeflogensten Privatjet-Strecken Deutschlands und das bei weniger als 200km Entfernung.
Privatjets sind das Extrembeispiel für klimaschädliche Luxusflüge. Eine Steuer fürs Vielfliegen könnte auch Privatjetflüge deutlich reduzieren.
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1% verursacht 50% der Emissionen
Nirgendwo zeigt sich die Ungleichheit der Emissionen so deutlich wie im Flugsektor.
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1 Milliardär*in stößt so viele Treibhausgase aus wie 1 Million Menschen
Luxusemissionen stehen immer mehr in der Kritik. Damit werden jene Emissionen bezeichnet, die nicht bei der Befriedigung eines Grundbedürfnisses verursacht werden, sondern bei meist maßlosen und privilegierten Luxusaktivitäten.
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Privatjet-Flüge, Bonusprogramme zum Flugmeilen-Sammeln und Kurzstreckenflüge — unverhältnismäßiges Vielfliegen verheizt unser verbleibendes CO2-Budget. Die kleine, reiche Minderheit von Vielflieger*innen zahlt dabei meist sogar weniger Steuern als Fahrgäste der Bahn.

Wir sagen: Es reicht! Mit unserer Petition haben wir uns für die Einführung einer neuen Ticketsteuer für Vielflieger*innen eingesetzt.

Wir fordern: Wer öfter fliegt, soll auch mehr zahlen. Die Steuer soll mit jedem Abflug pro Jahr ansteigen: 40 Euro für den ersten Flug, 80 Euro für den zweiten, 160 Euro für den dritten und 320 Euro für jeden weiteren Abflug von einem deutschen Flughafen. Dadurch würden überflüssige Flüge eingeschränkt und Einnahmen in Milliardenhöhe geschaffen, die zum Beispiel in ökologische Alternativen wie den Ausbau des europäischen Schienennetzes investiert werden können.

Warum jetzt?

Es wird immer deutlicher: Die Luxusemissionen der Reichen sind nicht länger tragbar. Ein Passagier eines Privatjets stößt in nur wenigen Minuten so viele klimaschädliche Emissionen aus wie die meisten anderen Menschen in mehreren Monaten. Privatjets sind dabei nur die Spitze des Eisbergs — Der Flugsektor wird bislang kaum reguliert und Bonusprogramme wie Miles & More belohnen klimaschädliches Vielfliegen sogar. Die Folge: Die Wachstumsprognosen der Flugindustrie sind für unser Klima katastrophal. Bis 2050 könnte der Flugverkehr ca. 15% des verbleibenden globalen Treibhausgas-Budgets aufbrauchen.

Wie kann eine Steuer für Vielflieger*innen genau aussehen?

  • Wir schlagen ein progressives Steuermodell vor, das vor allem mehrfache Flüge pro Jahr reduziert. Das heißt je mehr eine Person pro Jahr fliegt, desto mehr zahlt sie: 40 Euro für den ersten Flug, 80 Euro für den zweiten, 160 Euro für den dritten und 320 Euro für jeden weiteren Abflug von einem deutschen Flughafen.Verschiedene Studien insbesondere vom niederländischen Institut CE Delft, von der britischen NGO Possible sowie die Arbeit des internationalen Stay Grounded Netzwerks bilden die Grundlage für unsere Vorschläge.
  • Wir fordern die deutsche Bundesregierung auf, eine nationale Vielflieger*innen-Steuer einzuführen, sich aber gleichzeitig auch auf EU-Ebene dafür einzusetzen, um eine größere Wirkung zu erzielen und um zu vermeiden, dass der Verkehr auf Flughäfen der Nachbarländer verlagert wird.
  • Um die Nachfrage gleichmäßig zu verteilen, sollte das Geburtsdatum der Passagiere den Jahresbeginn festlegen, statt das Kalenderjahr. Die personenbezogenen Daten, die zur Erhebung der Steuer benötigt würden, werden nach Einschätzung von Steuerexpert*innen ohnehin bereits erfasst und könnten ohne bedeutende Einschränkungen für den Datenschutz für die Steuer verwendet werden, wie britische Steuerexpert*innen bestätigen. Eine möglichst sichere Speicherung der Daten sollte zwingend sichergestellt sowie eine weitere zweckfremde Nutzung der erhobenen Daten ausgeschlossen werden.
  • Wir schlagen vor, Geschäftsflüge getrennt zu erfassen und mindestens genauso hoch zu besteuern: Geschäftsflüge würden dann nicht auf das private „Flug-Konto“ einer Person angerechnet. Die Steuer wäre vom Arbeit- bzw. Auftraggeber abzuführen. Geschäftsflüge sind für rund 30 % der Flugemisisonen verantwortlich und das obwohl besonders viele dieser Flüge vermeidbar wären, etwa weil sie durch Bahnfahrten oder virtuelle Treffen ersetzt werden können.

Was würde eine Steuer für Vielflieger*innen bringen?

  • Gerechtigkeit: Eine Vielflieger*innen-Steuer würde diejenigen stärker zur Kasse bitten, die mit ihren unnötigen Luxusemissionen die Klimakrise unverhältnismäßig stark anheizen, während ein Großteil der Bevölkerung selten oder gar nicht fliegt. Das progressive Steuermodell würde diejenigen besonders in die Verantwortung nehmen, die besonders häufig fliegen.
  • Reduktion des Flugverkehrs – vor allem dort, wo bislang besonders überflüssige Flüge aus Bequemlichkeit oder ähnlichen Gründen durchgeführt werden. CE Delft schätzt, dass bei der Einführung einer Vielflieger*innen-Steuer in den Niederlanden der Flugverkehr um rund 23 % sinken würde. Wenn zusätzlich Steuervorteile und Subventionen für den Flugverkehr abgebaut werden und Alternativen (z.B. Bahnverkehr) gestärkt werden, sind noch deutlich weniger Flüge zu erwarten.
  • Umverteilung und mehr Geld für Klimaschutz: Im Jahr 2019 sind etwa 100 Millionen Passagiere von deutschen Flughäfen abgeflogen. Durch eine progressive Ticketsteuer könnten jedes Jahr also mehrere Milliarden Euro eingenommen werden. Diese müssen in Investitionen in klimafreundliche Alternativen zum Flugverkehr, z.B. den Ausbau des Nachtzugnetzes, umgelenkt werden.
  • Die Flugindustrie behauptet oft, dass es keine Regulierungen brauche, weil die Emissionen der Flüge kompensiert werden können und klimaneutrales Fliegen bald möglich sei. Doch das ist ein Ablenkungsmanöver, um weiter Profite zu erwirtschaften: Kompensationsprojekte zeigen sehr oft keine oder wenig Wirkung und technische Vorschläge, wie synthetische Kraftstoffe oder E-Flugzeuge werden in ihrem Potential maßlos übertrieben oder werden sich erst in Jahrzehnten durchsetzen. Es ist wichtig, die Nachfrage nach Flügen jetzt zu reduzieren, bevor wir weitere Klimakipppunkte erreichen.

Ist das wirklich gerecht?

  • Es gibt unterschiedliche Gründe zu fliegen: Ein interkontinentaler Familienbesuch ist aus unserer Sicht legitimer als ein kurzer Städtetrip im Flugzeug. Eine Vielflieger*innen-Steuer würde dafür sorgen, dass vor allem diejenigen ihr Mobilitätsverhalten ändern, die besonders viel fliegen. In Deutschland gaben in einer Umfrage acht Prozent der Befragten an, dreimal oder häufiger pro Jahr mit dem Flugzeug unterwegs zu sein, während die meisten anderen Befragten angaben, weniger als einmal jährlich zu fliegen. Eine Vielflieger*innen-Steuer würde also für mehr Gerechtigkeit sorgen, da sie nicht diejenigen unnötig stark belastet, die eher selten fliegen.