Energiekrise – wie weiter?

Wir müssen umdenken! Während sich die energiepolitischen Krisenmeldungen überschlagen, dreht sich die Debatte in Deutschland um Waschlappen und veraltete Atomkraftwerke. Dabei müsste es darum gehen, wie wir jetzt endlich den Sprint in ein zukunftsfähiges Energiesystem schaffen!

Krieg und Klimakrise mit massiv steigenden Energiepreisen, eine unsichere Versorgungslage und eine sich abzeichnende Wirtschaftskrise: Für Deutschland ist das System einer Energieversorgung durch günstige fossile Importe bei gleichzeitigem zu hohen Energieverbrauch aus den Fugen geraten. Mit verheerenden sozialen Folgen: Für viele Menschen stellt sich jetzt ganz konkret die Frage, wie sie in diesem Winter ihre Energierechnungen bezahlen sollen.
Doch statt strukturelle Antworten auf die aktuellen Krisen zu finden, wollen Politik und Wirtschaft möglichst viel beim Alten lassen – koste es, was wolle. Das bedeutet: Deutschland versucht, seinen Energiebedarf weiterhin durch Importe und auf Kosten anderer Regionen und zukünftiger Generationen zu decken.

- Beispiel Atom: Aus FDP und Union kommen absurde Forderungen nach Laufzeitverlängerungen und sogar dem Neubau von Atomkraftwerken. Weder zur Wärmeproduktion noch zur Stabilisierung des Stromnetzes können Atomkraftwerke Erdgas ersetzen. Stattdessen würde ein Fortführen der Atomkraft mit dem Import von Uran, dem wachsenden Risiko eines Atomunfalls und der ungeklärten Frage nach dem Verbleib des Atommülls die bestehenden Probleme des Energiesystems fortsetzen.

- Beispiel Gas: Diese verantwortungslose Zukunftsverneinung gilt auch für die milliardenschweren Investitionen in neue Infrastruktur für Erdgas. Bis zu zwölf neue Terminals für fossiles Flüssiggas (LNG) sind in Deutschland mittlerweile geplant – ungeachtet ihrer global verheerenden Folgen. Das LNG, das über sie importiert werden soll, stammt zum Beispiel aus Texas, wo die Gasgewinnung Grundwasser und Böden vergiftet und Indigene Gemeinschaften gefährdet. Durch den gestiegenen LNG-Hunger des zahlungskräftigen Deutschlands können ärmere Länder aktuell ihren Energiebedarf nicht mehr decken. Und nicht zuletzt bedeutet der Bezug des extrem klimaschädlichen Flüssiggases auf Jahrzehnte hinweg einen massiven zusätzlichen Treibhausgasausstoß, den wir uns angesichts der galoppierenden Klimakrise nicht leisten können.

Und auch in der Debatte über den mittlerweile fast schon sprichwörtlich gewordenen Waschlappen zeigt sich, wie wenig die bestehende Markt- und Wachstumslogik in Frage gestellt wird: Statt klarer Vorgaben für Energieeinsparungen bei der Industrie oder Tempolimits werden Kalt-Dusch-Appelle an uns Einzelne gerichtet.

Was bräuchte es stattdessen? Die Antworten auf die Krise müssen sozial gerecht und zukunftsfähig sein. Sie müssen den Fokus auf die Unterstützung der Einkommensschwächsten legen und konsequent auf globale Gerechtigkeit und das Voranbringen der Energiewende und Klimagerechtigkeit ausgerichtet sein.

Das bedeutet: Wir brauchen ein Ende dieser eurozentristischen Wachstumslogik, die versucht, den Energiebedarf der deutschen Industrie um jeden Preis zu decken. Es geht um Einsparen statt Ausbeuten und ein grundsätzlichen Umdenken statt einem reinen Umorganisieren der fossilen Importe. Das bedeutet Schluss mit profitorientierter Spekulation mit den Grundbedürfnissen Wärme und Strom. Und das bedeutet den Aufbau einer dezentralen, klima- und sozialgerechten Energieversorgung.

Nur so können wir es schaffen, gemeinsam, ökologisch und sozial auf eine Zukunft hinzuwirken, die niemanden zurücklässt, an folgende Generationen denkt und dafür sorgt, dass unser Planet weiterhin bewohnbar ist – mit all seinen wunderschönen Facetten und natürlichen Reichtümern!