Waldwende jetzt!

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Gegen eine profitorientierte naturferne Forstwirtschaft! Kletterprotest vor dem Forstbetrieb der bayrischen Staatsforsten in Nürnberg
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Die ROBIN WOOD-Forderungen für eine naturnahe Waldwirtschaft landen im Briefkasten, weil sie niemand persönlich entgegen nehmen will
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Aus Protest gegen die aktuelle Forstpolitik demonstrieren Kletteraktivist*innen von ROBIN WOOD heute Mittag vor dem Forstbetrieb der bayrischen Staatsforsten in Nürnberg. Sie spannten ein Banner mit der Aufschrift „Ruhe im Wald! Waldnaturschutz vor Profit!“ über dem Haupttor des Forstbetriebes.

„Die Forstverwaltungen sind seit Jahrzehnten einseitig auf die wirtschaftliche Nutzung des Waldes ausgerichtet, anstatt für das Wachsen stabiler struktur- und artenreicher Wälder zu sorgen“, sagt ROBIN WOOD-Waldreferentin Jana Ballenthien. „Wir müssen den Holzhunger reduzieren! Denn gesunde Wälder sind für die Menschheit unbezahlbar.“

Der Nürnberger Reichswald ist ein Musterbeispiel für das Scheitern der bundesdeutschen Forstwirtschaft. So findet dort Jahr für Jahr zur Brutzeit Holzernte mit schwerem Gerät statt, obwohl der Wald zu weiten Teilen von der EU geschütztes FFH- und EU-Vogelschutzgebiet ist. Die EU-Vogelschutzrichtlinie verbietet das Zerstören bzw. Beschädigen von Nestern sowie gravierende Störungen der Vogelwelt, vor allem zur Brutzeit.

Ein weiterer Naturschutzfrevel sind die Rückegassen, auf denen schwere Holzmaschinen fahren. Laut einer Selbstverpflichtung darf der Abstand von Gasse zu Gasse 30 Meter nicht unterschreiten. In der Praxis finden sich immer wieder Wegeabstände von 20 Metern und weniger.

Dass der Nürnberger Reichswald kein Einzelfall ist, zeigt das Internetportal Waldreport.de, das von ROBIN WOOD mit initiiert wurde. Die Forstwirtschaft bricht vielerorts immer wieder Naturschutz-Mindeststandards. Die sogenannte „gute fachliche Praxis“ ist zudem alles andere als das, was der fragile Wald der Gegenwart bräuchte.

Den Wäldern in Deutschland geht es gegenwärtig miserabel. Die Extremwetterlagen des Klimawandels treffen auf einen Wald bzw. auf Forstbestände, die naturfern und zu stark bewirtschaftet sind, eine hohe Kronenverlichtung durch Stickstoffschäden haben und kein geschlossenes und selbstkühlendes Waldinnenklima halten können.

Die Maßnahmen, die jetzt von Politik und Forstwirtschaft ergriffen werden sollen, sind in den allermeisten Fällen weiterhin von wirtschaftlichen Interessen gelenkt. Das zeigt auch der neue Masterplan der fünf Forstminister – darunter der bayrische – vom 1. August dieses Jahres. Von Fehlereinsicht und Umkehr keine Spur. Aufforstung mit angeblich an den Klimawandel angepassten neuen Baumarten – damit sind vor allem die Nadelbaumarten Douglasie und Küstentanne gemeint – sind kein Weg, die massiven Mängel der Forstwirtschaft zu beheben.

Der bayrische Ministerpräsident Markus Söder profiliert sich mit neuen Ideen. Es sollen 30 Millionen Bäume gepflanzt werden, zehn Prozent der Wälder sollen aus der Nutzung genommen werden, und das Ziel der Waldbewirtschaftung sei nicht mehr die Gewinnabführung. Das sind lang überfällige Maßnahmen – die Umweltverbände warten gespannt auf deren tatsächliche Umsetzung. Bislang ist die Praxis der Forstwirtschaft Bayerns alles andere als ökologisch ausgerichtet.

„Es ist an der Zeit, auf die Stimmen der Umweltverbände zu hören!“, sagt Ballenthien. „Die Ökosystemleistung von gesunden Wäldern ist durch keine menschliche Technologie oder Forstwirtschaft ersetzbar. Nur mit Ruhe im Wald werden sich struktur- und artenreiche Wälder mit stabilem Waldinnenklima entwickeln können.“

ROBIN WOOD fordert von der deutschen Forstpolitik, der Forstwirtschaft und den Holz verarbeitenden Unternehmen:

  1. Standortheimische Baumarten müssen gestärkt werden. Es muss eine Abkehr von gleichaltrigen Monokulturen erfolgen. Altersdurchmischte, struktur- und artenreiche Wälder mit stabilem Waldinnenklima sind konsequent zu fördern und zu schützen.
  2. Die Naturverjüngung muss auf möglichst großen Flächen ermöglicht und gefördert werden. Notwendig sind große und zusammenhängende Flächen, in denen der Wald sich selbst überlassen wird.
  3. Die Waldwirtschaft ist naturnah und ökologisch zu gestalten. Dazu gehört die strikte Einhaltung von nationalem und EU-weitem Umweltrecht.
  4.  Wirtschaftlicher Druck auf die Wälder ist zu verringern durch die massive Erhöhung des Anteils an Recycling-Papier sowie die massive Reduktion von Papier- und Papp-Produkten aus Frischholz-Zellulose und von kurzlebigen Möbeln aus Pressholz.
  5. Waldschädigende Stickstoffemissionen, insbesondere aus der Tierproduktion, sind stark zu reduzieren.
  6. Umweltverbänden und Naturschutzinitiativen sind größere Entscheidungsbefugnisse einzuräumen.

Kontakt:

  • Jana Ballenthien, Waldreferentin, Tel. 040 / 380 892 11, wald [at] robinwood.de
  • Ute Bertrand, Pressesprecherin, Tel. 0171 / 835 95 15, presse [at] robinwood.de