Aufgeheizt

In Hamburg formiert sich Protest gegen Pläne der Umweltbehörde, Holz aus Namibia im Kraftwerk Tiefstack zu verfeuern

02. März 2021
Energie
Wald
Tropenwald
Ute Bertrand
ROBIN WOOD-Pressesprecherin
Magazin

Die EU und auch die deutsche Bundesregierung setzen darauf, dass künftig in industriellem Maßstab Holz-Biomasse eingesetzt wird, um Strom und Wärme zu erzeugen. Passend dazu verfolgt die grün geführte Umweltbehörde in Hamburg ein Projekt zum Import von Holz aus Namibia, das in umgerüsteten Kohlekraftwerken verbrannt werden soll. Damit droht die Gefahr, dass ein Übel durch ein anderes ersetzt und Klima­schutz nur vorgetäuscht wird. Gegen das Vorhaben formiert sich Protest.

Im Jahr 2013 errang die Volksinitiative UNSER HAMBURG – UNSER NETZ, zu deren Gründer*innen ROBIN WOOD gehörte, einen großartigen Erfolg: Mit
dem gewonnenen Volksentscheid wurde die Stadt verpflichtet, die Energienetze und die Fernwärmeversorgung  von den Konzernen Vattenfall und E.on
zurück in die öffentliche Hand zuholen. Und Hamburg muss das Ziel einer „sozial gerechten, klimaverträglichen und demokratisch kontrollierten Energieversorgung aus erneuerbaren Energien“ verfolgen. Die Stadt verfügt inzwischen über alle Strom- und Gas-Verteilnetze sowie über die komplette Wärmegesellschaft.

Hinzu kommt das absehbare Aus für das 1.600-Megawatt-Kohlekraftwerk Moorburg, das Vattenfall erst 2015 in Betrieb genommen hat. Das Kraftwerk wird dieses Jahr abgeschaltet. Es rechnet sich nicht. Die Umwelt- und Klimabewegung hatte jahrelang gegen die milliardenschwere Fehlinvestition auf Kosten von Klima, Umwelt und Gesundheit  gekämpft – auch viele ROBIN WOOD-Aktive: mit der Baumbesetzung in Hamburg-Altona gegen den Bau der Moorburg-Fernwärmetrasse, mit Bootsdemos auf der Elbe und mit einer Abseilaktion vom Kühlturm.

Durch den längst überfälligen Kohle­ausstieg und den Rückkauf der Netze gewinnt Hamburg „viel größere Spielräume für eine aktive Energie- und Klimapolitik“, wie auch Hamburgs grüner Umweltsenator Jens Kerstan beteuert. Wofür nutzt die Stadt diese Spielräume?

Ganz im Trend, der auch bundespolitisch und auf EU-Ebene politisch favorisiert wird, setzt die Hamburger Umweltbehörde auf die Verbrennung von Holz-Biomasse. Konkret prüfen die Behörde und die Wärme Hamburg GmbH, ob Kraftwerke wie das Heizkraftwerk Tiefstack mit Holz aus Namibia befeuert werden könnte. In dem Land im südlichen Afrika soll in industriellem Maßstab Buschholz geerntet, nach Hamburg verschifft und hier in Form von Pellets verbrannt werden.
 Laut der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) gibt es in Namibia auf einer Fläche von 30 bis 45 Millionen Hektar eine „unerwünschte Verbuschung“. Dies beträfe „mindestens 30 Prozent der Landesfläche“. Die GIZ propagiert die großflächige Abholzung, um Pellets aus dem Buschholz zu produzieren und sie zu exportieren. Aktuell arbeitet das Unternehmen im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung an einem entsprechenden Projekt mit dem Titel „Nutzung von Busch-Biomasse“.

Holz aus dem globalen Süden für Wärme in Hamburger Wohnzimmern verheizen?

In Städten des globalen Nordens wie Hamburg würde das Holz durch einen Bilanzierungstrick als CO2-neutraler Brennstoff verbrannt. Namibia würde durch die „Entbuschung“ eine seiner größten Kohlenstoffsenken verlieren, Hamburg wäre fein raus – mit einer vermeintlich sauberen Klimabilanz.

Die Hamburger Umweltbehörde stellt dieses neokoloniale Projekt als „Partnerschaft“ dar – ausgerechnet mit Namibia, einem Land, das zwischen 1884 und 1915 als Deutsch-Südwestafrika unter grausamer deutscher Kolonialherrschaft stand und in dem deutsche Truppen Völkermord an den Herero und Nama begingen.

Gegen das Projekt hat sich daher ein breites Netzwerk von Organisationen und Initiativen aus der Umwelt- und Klimagerechtigkeitsbewegung positioniert, das von ROBIN WOOD mit initiiert wurde. Das Netzwerk warnt davor, dass der Buschholz-Export zu einer Verschärfung der Klimakrise, zur Vertiefung sozialer Missstände sowie zu großflächigen ökologischen Schäden in Namibia führen wird. Holz direkt zu verbrennen, ist die denkbar schlechteste Nutzung dieser wertvollen Ressource.
 
Mit einer öffentlichen Stellungnahme hat das Netzwerk deutlich gemacht, dass es das Projekt einer „Biomassepartnerschaft Namibia – Hamburg“ entschieden ablehnt und sich einer Umsetzung entgegenstellen wird. ROBIN WOOD setzt sich für eine klimagerechte, zu 100 Prozent erneuerbare Energieversorgung ein, die ohne neokolonialen Import von Ressourcen aus dem globalen Süden auskommt!