Protest und Prozesse zum Tschernobyl-Jahrestag
Vor 32 Jahren, in der Nacht vom 25. auf den 26. April 1986, explodiert Block 4 der Atomanlage Tschernobyl nahe der ukrainischen Stadt Prypjat. Große Mengen an radioaktivem Material treten aus, verseuchen die umliegenden Städte und Dörfer und ziehen als Wolke bis nach Westeuropa. Bis heute ist die Region 30 km um das Atomkraftwerk herum unbewohnbar – und Prypjat ist zu einer Geisterstadt verkommen.
In Deutschland bewegte die Katastrophe in Tschernobyl viele Menschen, sich der Anti-Atom-Bewegung anzuschließen und einen sofortigen Ausstieg aus der Atomkraft zu fordern. Über drei Jahrzehnte später steht zwar der politische Beschluss, die letzten deutschen Atomkraftwerke abzuschalten – doch die Auseinandersetzung um Atomkraft geht weiter:
Auch wenn der Atomausstieg besiegelt scheint: Im niedersächsischen Lingen und nordrhein-westfälischen Gronau werden weiter Uran angereichert und Brennelemente produziert. Diese werden dann unter anderem an Pannenreaktoren in Belgien und Frankreich und einen umstrittenen Reaktor-Neubau in Finnland geliefert. Seit Jahren protestieren Anti-Atom-Initiativen gegen die Urananreicherungsanlage und die Brennelemente-Fabrik sowie die andauernde Versorgung der internationalen Atomindustrie aus Lingen und Gronau. ROBIN WOOD unterstützt die Petition des Umweltinstituts München und ruft mit zur Demo am 9. Juni in Lingen auf. Unter dem Motto "Atomrisiko jetzt beenden!“ wird die Demo vom Atomkraftwerk Emsland zur Brennelemente-Fabrik führen. Mehr Informationen zur Anreise und die Möglichkeit zu spenden gibt es hier.
Die Produktion von Brennelementen und angereichertem Uran bringt zwangsläufig Atomtransporte mit sich. Im Durchschnitt wird mehrmals wöchentlich radioaktives Material auf Schienen und Straßen in Deutschland transportiert – sehr häufig ohne das Wissen der Öffentlichkeit. Hamburg und sein Hafen sind dabei eine zentrale Drehscheibe. Gemeinsam mit dem Bündnis „Atomtransporte durch Hamburg stoppen“ setzt ROBIN WOOD sich seit langem für ein Ende der Atomtransporte durch den Hamburger Hafen ein. Zwei Unternehmen reagierten nun auf den öffentlichen Druck und kündigten an, auf den Transport von bestimmtem radioaktivem Material in Zukunft verzichten zu wollen. In einer gemeinsamen Pressemitteilung kritisieren ContrAtom und ROBIN WOOD diesen Schritt als überfällig und nicht weitgehend genug.
Auch die Frage des Atommülls ist noch lange nicht geklärt. Eine langfristige und sichere Lagerungsmöglichkeit gibt es nicht, und gleichzeitig fallen aus Weiterbetrieb und Abbau der AKWs weiterhin große Mengen radioaktiven Abfalls an. Zu häufig wird das Problem buchstäblich verschoben – mit riskanten Transporten in unzureichend gesicherte Zwischenlager. Heute, am Tschernobyl-Jahrestag, stehen in Heilbronn zwei ROBIN WOOD-Aktivisten vor Gericht, die 2017 gegen den Transport von hoch radioaktivem Material auf dem Neckar protestiert hatten. Fünf Mal wurde im vergangenen Jahr Atommüll per Schiff von Obrigheim in ein umstrittenes temporäres Lager in Neckarwestheim gebracht - fünf mal wurde der Transport von Protest begleitet. Letzte Woche schockierte ein unverhältnismäßig harter Prozess gegen eine Gegnerin der Transporte am gleichen Gericht – die Prozesse heute werden daher mit Spannung erwartet.
Und immer noch laufen Atomkraftwerke weiter und blockieren den vollständigen Umstieg auf erneuerbare Energien. Als unflexible Großkraftwerke ‚verstopfen‘ Atomkraftwerke mit ihrer Stromeinspeisung das Stromnetz und verlangsamen so den Ausbau von Wind- und Solarenergie. Heute demonstrieren Anti-Atom-Initiativen gemeinsam mit Anti-Kohle-Gruppen bei der RWE-Jahreshauptversammlung. Mit buntem Protest in und vor der Grugahalle in Essen zeigen sie dem Stromriesen die rote Karte – für den Betrieb und die Belieferung von Atomkraftwerke, das Festhalten am Klima-Killer Kohle und dem Zerstören von Dörfern und Wäldern im rheinischen Braunkohlerevier. Gemeinsam machen sie klar: Weder Atom- noch Kohlekraft haben Platz in der Energieversorgung der Zukunft!