Gorleben - Jahrzehnte später
Der persönliche Kommentar einer Widerständlerin
Gorleben ist raus – und ich bin wütend!
Amtlich bestätigt, schwarz auf weiß. Der Salzstock im Wendland wird kein Standort für ein deutsches Endlager für hochradioaktiven Atommüll. Das hat die Bundesgesellschaft für Endlagerung am Montag bekannt gegeben. Im veröffentlichten Zwischenbericht heißt es, dass die Anlage unter anderem wegen ihrer Instabilität nicht geeignet sei. "Der Salzstock Gorleben wird daher nicht bei den weiteren Arbeiten der BGE zu den Vorschlägen über die Standortregionen betrachtet."
Echt jetzt?
Das war‘s?
Mehr nicht?
Als am Montag die Nachricht kommt, dass Gorleben als Endlager nicht geeignet ist, fällt mir der Mai 1996 ein. Zum zweiten Mal rollen die Castoren und Tausende drängen ins Wendland, um sich querzustellen. Ich studiere damals in Lüneburg. Mit Kommiliton*innen fahren wir ins Wendland. Nein, ich bin keine von den Mutigen, die sich den Wasserverwerfen aussetzen. Ich bin schon eingeschüchtert von den kreisenden Hubschraubern, die unglaublich aggressiven Lärm machen und den Tausendschaften von Polizist*innen. Unser Ziel ist es, den Transport so teuer wie möglich zu machen. Denn verhindern können wir es nicht, dass die Castoren ein weiteres Mal in das „Zwischenlager“ rollen werden. Geld und Kosten scheinen die einzige Sprache zu sein, die die Verantwortlichen und Regierenden sprechen. Ihre Ohren sind für unsere Argumente taub.
Das schlimmste ist diese völlige Machtlosigkeit, die ich in diesem Mai 96 spüre. Ohnmacht gegenüber dieser unglaublichen Machtdemonstration des Staates, die völlig überzogen ist. Wasserwerfer, die wahllos auf friedliche Demonstranten schießen, Hubschrauber die unentwegt im Tiefflug unterwegs sind, die gesamte Polizei der Bundesrepublik ordentlich aufgereiht am Zaun, der die Schienen eingrenzt. Wir singen, wir reden, diskutieren und wissen, wir haben recht. Und jetzt ist Gorleben raus - begründet mit genau den Argumenten, die die Demonstrant*innen damals bemühten.
Natürlich zeigen wir jetzt Solidarität mit anderen Standorten, die möglicherweise ungeeignet sind und trotzdem in die engere Wahl kommen sollen.
Natürlich ist und bleibt es ein Sieg für das Wendland und die Vernunft.
Aber ich fühle mich betrogen.