Fukushima mahnt: Bleibt stark und wachsam!

An rund hundert Orten in ganz Deutschland sind heute Atomkraftgegner*innen auf die Straße gegangen. Mit Mahnwachen, Demonstrationen und Aktionen haben sie der Opfer der Katastrophe von Fukushima gedacht und für einen konsequenten Atomausstieg protestiert.

Am 11. März 2011 beginnt die Reaktorkatastrophe im japanischen Atomkraftwerk Fukushima Daiichi. Ein schweres Erdbeben und anschließender Tsunami beschädigen das Kraftwerk verheerend. In den folgenden Tagen kommt es in drei der Reaktorblöcke zur Kernschmelze, zwei von ihnen explodieren. Gigantische Mengen Radioaktivität treten aus. Über 150.000 Menschen müssen ihr Zuhause verlassen. Der Unfall verändert die Region und das Leben der Menschen vor Ort auf einen Schlag – bis heute.

Mehr als ein Jahrzehnt später, nimmt die Debatte um Atomkraft in Deutschland neue Wendungen und zeigt wieder einmal: Die Anti-Atomkraftbewegung wird noch immer benötigt. Wenige Tage nach Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine werden insbesondere aus der Union und FDP aber auch der rechtsextremen AfD rufe nach Laufzeitverlängerungen laut. Statt zu fragen, wie es sein kann, dass der Ausbau der Erneuerbaren jahrelang durch die Politik gebremst wurde, wer davon profitiert hat, dass Deutschlands Abhängigkeit von russischem Gas systematisch ausgebaut wurde oder wie jetzt möglichst schnell Energieeinsparungen umgesetzt werden können, gibt es eine medial breitgetretene, populistische Debatte um die Laufzeitverlängerung der letzten drei Reaktoren.

Das Argument der Atomkraftbefürworter*innen: Die Versorgungssicherheit und die Netzstabilität in Deutschland seien gefährdet. Die einzige Lösung sei die Atomkraft. So, wie im Jahr 2000 als rot-grün den sogenannten Atomkonsens ausgearbeitet hat oder 2009 als bei der Bundestagswahl Atomenergie zum Wahlkampfthema wurde gelingt es ihnen, ohne wissenschaftliche Fundierung Emotionen anzusprechen.

Das Ergebnis diesmal: Haltlose Grüne, ein Machtwort des Kanzlers und ein sogenannter Streckbetrieb dreier Reaktoren, der selbst laut des vom Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegeben Stresstests nicht notwendig gewesen wäre.

Und auch fünf Wochen bevor aller Voraussicht nach mit Isar-2, Emsland und Neckarwestheim die letzten drei deutschen AKW vom Netz gehen ist der Atomkraftbewegung klar, dass sie weiterhin stark und wachsam sein muss.

Das liegt nicht nur an Politikern wie Friedrich Merz oder Markus Söder, die nicht müde werden erneute Laufzeitverlängerungen oder gar gleich den Neubau von Atomkraftwerken in Deutschland zu fordern (ihre Argumente wurden in den letzten Monaten so häufig und so gut auseinander genommen, dass hier nicht weiter drauf eingegangen werden soll – ein Beispiel ist unten verlinkt).

Es liegt auch daran, dass Deutschland selbst ohne laufende AKW ein wichtiger Standort der Atomindustrie bleibt. Mit der Urananreicherungsanlage in Gronau und der Brennelementefabrik in Lingen werden aus Deutschland heraus weiterhin Atomkraftwerke in aller Welt beliefert. Insbesondere die Fabrik in Lingen stand immer wieder in scharfer Kritik. Dort arbeitet der französische Atomkonzern Framatom mit dem russischen Rosatom zusammen und plant sogar eine Erweiterung der Fabrik. Ohne weiteren Druck aus der Anti-Atom Bewegung wird die Abschaltung der Atomfabriken und damit ein konsequenter Atomausstieg nicht Realität werden.

Und auch der sich über Jahrzehnte ziehende Rückbau der Reaktoren sowie die Aushandlungen über die Lagerung des hochgefährlichen radioaktiven Mülls, brauchen eine aufmerksame und kritische Begleitung. Zu viel kann hier schief gehen und Natur und Menschen massiv gefährden, wie beispielsweise das Debakel um das havarierte Atomlager Asse II zeigt.

Die Reaktorkatastrophe von Fukushima hat aufgezeigt, wie unbeherrschbar und zerstörerisch Atomkraft ist und bleibt – auch im 21. Jahrhundert, auch in einem hochtechnologisierten Land wie Japan. Der heutige Jahrestag ist Anlass, der Menschen vor Ort zu gedenken, die direkt von den Folgen der Zerstörung betroffen waren und sind. Und er ist eine Erinnerung, wachsam zu bleiben: Die Auseinandersetzung um Atomkraft ist noch nicht vorbei – es gibt noch viel zu tun!