Auch Cuxhaven auf dem Holzweg

Ein Schild auf der Baustelle verkündet "Hier entsteht ein Holzheiz-Kraftwerk für Hafen und Stadt".

Ein Schild auf der Baustelle "Hier entsteht ein Holzheiz-Kraftwerk für Hafen und Stadt"
Ein Schild auf der Baustelle verkündet: "Hier entsteht ein Holzheiz-Kraftwerk für Hafen und Stadt".
Foto ▸ Elke Roskosch-Buntemeyer

Bauarbeiten am Cuxhavener Hafen

Bauarbeiten auf dem Cuxhavener Hafengelände
Bauarbeiten am Cuxhavener Hafen
Foto ▸ Elke Roskosch-Buntemeyer

Die Stadt Cuxhaven liegt im Norden des Landkreises Niedersachsen, an der Mündung der Elbe in die Nordsee. Da es hier das ganze Jahr über mehr oder weniger windig ist, ist die Stadt ein idealer Standort für den Ausbau von Windkraftenergie – doch der stockt in vielen Regionen und so auch in Cuxhaven. Auch die Fernwärme aus der vorhandenen Industrie, Kläranlagen und Geothermie könnten für Cuxhaven ein großes Potential bergen. Stattdessen wurde dort bereits ein neues Holzheizkraftwerk genehmigt, das bald ans Netz gehen soll.

Die Holzheizwerke Cuxhaven GmbH baut bereits seit Anfang 2020 ein neues Holzkraftwerk auf dem Cuxhavener Hafengelände. Das Kraftwerk wird über eine Leistung von maximal 50 Megawatt verfügen und liegt damit exakt an der Grenze der Leistung, die eine Beteiligung der Öffentlichkeit an der Entscheidung über den Bau des Holzkraftwerks und eine Umweltverträglichkeitsprüfung erfordern würde. Ein Schelm wer Böses dabei denkt... Berechnungen der Regionalgruppe des BUND deuten schon vor der Inbetriebnahme darauf hin, dass die wahren Megawattzahlen regulär weit darüber liegen könnten.

Das Cuxhavener Kraftwerk wird für 20 Jahre im Rahmen der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (EEG) gefördert. Es soll hauptsächlich Strom produzieren, aber auch einen kleinen Anteil an Wärme. Jährlich sollen etwa 100.000 Tonnen Holz für die Energieerzeugung verbrannt werden, wovon der Großteil voraussichtlich importiert wird. Und obwohl die Verbrennung von Holzbiomasse zur Energiegewinnung CO2 in die Atmosphäre freisetzt, wird sie in der Europäischen Union weiterhin als klimafreundliche, CO2-neutrale Energiequelle betrachtet und sogar subventioniert.

Nebenbei bemerkt, soll neben der Holzbiomasse im Kraftwerk auch Erdgas verfeuert werden, das genauso klimaschädlich ist wie Kohle und Holz - ein Plan, der an Schädlichkeit für Klima, Arten und Gesundheit kaum zu überbieten ist.

Cuxhaven vor dem Hintergrund fataler EU-Entscheidungen

Cuxhaven ist leider nicht die einzige Stadt, die im Rahmen des Kohleausstiegs und vor dem Hintergrund der Klimaziele ihren Energiemix nun auf Holzbiomasse umstellen möchte. In mehreren Regionen Deutschlands werden Kohlekraftwerke auf die Verbrennung von Holzbiomasse umgerüstet. In einigen anderen EU-Staaten ist die Nutzung der Holzbiomasse im großindustriellen Stil schon Usus.

Das Ziel der Nationalstaaten ist es, ihre Klimaziele zu erreichen – auf dem Papier ist dies durch das Verfeuern unserer Wälder möglich, denn die Emissionen aus der Holzverbrennung werden in der Klimabilanz nicht erfasst. Genau deshalb wird diese Energieform von den Staaten subventioniert, und der Bau weiterer Holzbiomassekraftwerke ist für die Betreiber äußerst attraktiv.

Die Betreiber einiger Kohlekraftwerke in Deutschland, die gemäß dem Kohleausstiegsgesetz bis spätestens 2038 außer Betrieb genommen werden müssen, planen einfach ohne Neubau auf die Verbrennung von Holzbiomasse umzustellen, da keine neuen Kessel benötigt würden, weil sich beide Verbrennungstechnologien recht ähnlich sind. Doch dadurch steigt die Nachfrage nach Holz. Allein zwischen 2000 und 2018 stieg die Menge an Energieholz, das in europäischen Wäldern geschlagen wurde, um 47 Prozent.

Keine Zeit für falsche Behauptungen

Die Betreiber von Holzbiomassekraftwerken behaupten meist dreist, sie würden nur Äste und Restholz aus Wäldern oder Sägereste verbrennen, und werben damit, dies sei eine nachhaltige Lösung.Tatsächlich ist es reines Greenwashing! Investigative Recherchen zeigen immer wieder LKW, die Baumstämme von Kahlschlagsflächen zu den Pellet-Produktionsstätten der weltgrößten Pellet-produzierenden Unternehmen Enviva und Granuul Invest transportieren. Auch in Cuxhaven soll ausschließlich Frischholz verbrannt werden.

Abgesehen davon, dass es ohnehin nicht genug Holz gibt, um die Kraftwerke und andere Industrien wie die Möbel- und Bauindustrie längerfristig zu versorgen, verschärft der Druck auf die Wälder durch das Abholzen von Bäumen den Klimawandel. Um die globale Erwärmung unter 1,5 Grad Celsius zu halten, müssen wir die Kohlenstoffsenken vergrößern und die Menge an Kohlenstoff, die in die Atmosphäre gelangt, verringern. Die Verbrennung von Holzbiomasse zur Energiegewinnung bewirkt genau das Gegenteil. Die Klimakrise ist realer denn je, und wir dürfen keine Zeit auf falsche Lösungen verschwenden, die nur auf dem Papier gut aussehen, aber dem Planeten schaden.

Auch der Import von Holz ist keine Lösung!

In Cuxhaven und Umgebung gibt es nicht viele Wälder. Das Holz für das Holzheizkraftwerk wird importiert, wahrscheinlich aus Skandinavien und den baltischen Staaten wie Estland. In vielen Regionen werden wertvolle Wälder abgeholzt, um Holz für Holzheizkraftwerke in Europa zu gewinnen. In Estland hat die Waldzerstörung in den letzten Jahren aufgrund der hohen Nachfrage nach Holz stark zugenommen, und sogar Schutzgebiete wie Natura-2000-Gebiete werden häufig abgeholzt. Lebensräume wurden zerstört, und die Vogelbestände dort gehen rapide zurück.

Die Wälder der Welt befinden sich aufgrund des Klimawandels, der übermäßigen Abholzung und und der unterschiedlichen Klimafolgeschäden wie Insektenbefall, Stürmen, Dürren und Feuern in einem so schlechten Zustand wie seit langem nicht mehr. Es gibt zudem kaum noch intakte Urwälder und wenige naturnahe Wälder. Stattdessen werden anfällige Monokulturen gepflanzt.

Der Humusboden der Wälder, der neben den Bäumen große Mengen an Kohlendioxid speichert, wird bei der Holzernte, vor allem bei der häufig angewandten Kahlschlagmethode, zerstört, wodurch weiteres CO2 in die Atmosphäre freigesetzt wird, so dass diese Kohlenstoffsenke gar zu einer Kohlenstoffquelle wird. Die Wälder leiden schon jetzt unter so viel Druck. Die zusätzliche Nachfrage nach Holz durch Holzbiomassekraftwerke wird dies noch verschärfen. Wenn die grüne Lunge der Erde zerstört ist, werden wir mit den Folgen leben müssen, wenn wir dann noch leben werden können...

Und unsere Gesundheit?

Nicht allein die Wälder leiden unter den Auswirkungen der Verbrennung von Holz-Biomasse. Schon 2018 starben in der EU bis zu 379.000 Menschen innerhalb eines Jahres infolge von Luftverschmutzung. Der Großteil der Emissionen stammt von festen Brennstoffen, vor allem Holz, während der Energiesektor und der Straßenverkehr für 18 Prozent bzw. elf  Prozent der Emissionen verantwortlich waren. Hinzu kommen Krankheiten wie Asthma, Bronchitis und Herzerkrankungen, die durch die Luftverschmutzung verschlimmert werden.

Wenn die Luftverschmutzung durch Holzbiomassekraftwerke so erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung hat, warum darf die Öffentlichkeit dann nicht darüber entscheiden, ob sie diese Form der Energieerzeugung will oder nicht?

ROBIN WOOD fordert eine klimagerechte Energiewende

Trotz der Kritik von Umweltverbänden und Bürgerinitiativen in Cuxhaven wird der Bau des Holz-Heizkraftwerks fortgesetzt. Ende dieses Monats wird ROBIN WOOD zusammen mit anderen Umweltgruppen ein Webinar veranstalten, bei dem wir über das Cuxhavener Holz-Heizkraftwerk und die Auswirkungen auf Klima und Umwelt sprechen werden. Wir laden alle ein, die an diesem Thema interessiert sind, sich an der Diskussion zu beteiligen.