Aktive halten rotes Banner gegen Halzverfeuerung in Kraftwerken

Neues Holzheizwerk in Berlin geplant: Jeden Winter dreimal den Tiergarten verheizen?

Genehmigungsantrag für Reuter West eingereicht - Kosten von knapp einer Viertel Milliarde Euro

19. November 2025
Energie
Wald
Gemeinsame Pressemitteilung
NABU, Biofuelwatch, ROBIN WOOD, BUND Berlin, PowerShift, Greenpeace Berlin, Gesellschaft für Klima und Demokratie, Fridays For Future, Berliner Energietisch, Landesverein der UmweltberaterInnen in Berlin und Brandenburg (LAUB) e.V.
Pressemitteilung

Am 10. November hat die Berliner Energie und Wärme AG (BEW) die Öffentlichkeitsbeteiligung zum Genehmigungsantrag für das geplante Holzheizkraftwerk am Standort Reuter West gestartet. Zahlreiche Umweltorganisationen, darunter die Unterzeichnenden, kritisieren die Pläne der BEW als klimaschädliche Fehlinvestition. Sie fordern den landeseigenen Energieversorger auf, die Pläne für das neue Holzheizkraftwerk zu stoppen.

 

Das Land Berlin hatte mit dem Rückkauf der Wärmenetze von Vattenfall deren „Dekarbonisierungsfahrplan” zunächst übernommen. Dieser sieht vor, zusätzlich zum bestehenden Holzheizkraftwerk Märkisches Viertel mindestens noch zwei neue Großanlagen zu errichten: eine in Reuter West und eine weitere in Klingenberg. Der erste Genehmigungsantrag für ein 110-MW-Kraftwerk in Reuter West liegt nun auf dem Tisch, noch bevor der neue Dekarbonisierungsfahrplan (angekündigt für Anfang 2026) da ist. Die Fernwärmeleistung soll 90 Megawatt (MW) betragen, die elektrische Leistung ist bis 20 MW angesetzt. Bis zum 9. Januar 2026 können Umweltverbände und Betroffene nun zu den Plänen Stellung nehmen. Die Investitionssumme liegt bei 248 Millionen Euro.

Die BEW setzt für die Wärmeversorgung auf eine Energiequelle, die Wäldern und Klima extrem schadet”, sagt Almuth Ernsting von Biofuelwatch. „Dabei werden mit dem nun eingereichten Genehmigungsantrag Tatsachen geschaffen, noch bevor Vattenfalls Plan überarbeitet wurde und bevor klar ist, wie hoch die Geothermie-Potenziale in der Stadt sind.

Laut Genehmigungsantrag zu Reuter West könnten dort – je nach Sortiment (Altholz/Frischholz) und entsprechender Feuchtigkeit des Holzes – 130.000 bis 250.000 Tonnen Holz im Jahr verbrannt werden. Zum Vergleich: Das Holz des kompletten Berliner Tiergartens würde gerade einmal für etwa fünf Wochen Vollbetrieb reichen.

Beim Verbrennen von Holz pro Energieeinheit wird nicht weniger CO2 freigesetzt als beim Verbrennen von Kohle. Das geplante Holzheizkraftwerk in Reuter West leistet somit einen Beitrag zur Verschärfung der Klimakrise. Bei einer Feuerungswärmeleistung von 110 MW werden ungefähr 250.000 Tonnen CO2 pro Jahr ausgestoßen, nimmt man an, dass die Anlage neun Monate pro Jahr auf Vollast läuft und drei Monate stillsteht”, ergänzt Eric Häublein vom NABU.

Die BEW zieht darüber hinaus den Bau weiterer Holzkraftwerke in Betracht. Ein mögliches Projekt in Klingenberg würde doppelt so viel Holz verschlingen wie in Reuter West. Allein die BEW-Heizkraftwerke würden damit mindestens 800.000 Tonnen Frischholz pro Jahr zur Verbrennung benötigen. Dazu kommt das Holzheizkraftwerk des Unternehmens BTB in Neukölln, das ca. 250.000 Tonnen Holz im Jahr verbrennt. Außerdem plant die Berliner Stadtreinigung (BSR) ein Fernwärmewerk, das ab 2030 jährlich über 100.000 Tonnen Sperrmüll und Altholz verbrennen soll.

Das Holzangebot in der Region Berlin-Brandenburg ist begrenzt. Viele holzverarbeitende Unternehmen und (Alt-)Holzrecycler sowie bestehende Kraftwerke konkurrieren um den Rohstoff. Recyclingfähige Holzabfälle werden verbrannt und stehen damit für den erneuten umweltfreundlichen stofflichen Einsatz in langlebigen Holzprodukten nicht zur Verfügung. Der Bau neuer Holzheizkraftwerke wie in Reuter West verschärft diese Konkurrenz und wird Deutschland Jahrzehnte an CO2-intensive Energieträger wie Holz binden. Wälder geraten unter Druck und Wärmepreise werden steigen, wenn der Brennstoff absehbar knapp wird”, warnt Tobias Quast-Malur vom BUND Berlin.

Jana Ballenthien, Waldreferentin von ROBIN WOOD, ergänzt: „In den Dürresommern seit 2018 haben wir hierzulande rund 600.000 Hektar Wald verloren. Unser Wald stößt durch seinen schlechten Zustand inzwischen mehr klimaschädliches CO2 aus, als er bindet. Der Rohstoff Holz muss sparsamer genutzt werden. Für unser Überleben sind wir auf intakte Wälder angewiesen.”

Die Umweltorganisationen warnen vor der fatalen Fehlinvestition und fordern das Land Berlin und die landeseigene BEW auf, eine Wärmeversorgung sicherzustellen, die auf verbrennungsfreien Wärmepotenzialen beruht.

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