DB AG: Preise rauf - Pünktlichkeit runter
Vom Mobilitätsdienstleister zum Schnäppchenmarkt
Zum Fahrplanwechsel am 10. Dezember erhöht die Deutsche Bahn erneut die Ticketpreise. Die Preise der immer verfügbaren Tickets ohne Zugbindung im Fernverkehr („Flexpreis“) steigen um 1,9 Prozent. Im Nahverkehr steigen die Preise um 2,3 Prozent. Einzelne Strecken werden deutlich teurer. So steigt der Fahrpreis auf der Neubaustrecke Nürnberg-Erfurt um 13,6 Prozent. Seit 2003 hat die DB ihre Preise um das Doppelte der Inflationsrate erhöht, um durchschnittlich 3,5 Prozent pro Jahr. Von 2003 bis 2017 sind die Preise im Fernverkehr um 45 Prozent, im Nahverkehr um 50 Prozent gestiegen. Reservierungen machte die DB AG im gleichen Zeitraum sogar 121 Prozent teurer, das Vielfahrer-Angebot BahnCard50 kostet 85 Prozent mehr. Die beiliegende Grafik zeigt die Steigerungen von 2003 bis 2017.
„Das Preissystem der DB AG gleicht immer mehr einem Sonderposten-Höker für Gelegenheitskäufer, nur teurer. Die Tarife haben immer weniger zu tun mit einem Mobilitätsdienstleister für Menschen, die zu einem bestimmten Zweck und einer bestimmten Zeit von A nach B wollen. Ich möchte nicht von der Stammkundin zur Schnäppchenjägerin umerzogen werden“, sagt Monika Lege, Mobilitätsexpertin bei der Umweltorganisation ROBIN WOOD und Mitbegründerin von „Bahn für Alle“. „Das undurchsichtige Preissystem macht spontane Bahnfahrten zum Luxus und den Umstieg vom Auto auf die Bahn unattraktiv.“
Die höheren Preise gehen nicht mit einem besseren Service einher. Für Fahrgäste ist laut Umfragen die Pünktlichkeit entscheidend, doch bereits Ende November hatte die DB AG ihr Pünktlichkeitsziel für 2017 vorzeitig aufgegeben. „Die Preise gehen rauf und die Pünktlichkeit runter“, kritisiert der Bündnissprecher Dr. Bernhard Knierim von „Bahn für Alle“. „Weil der Konzern jahrelang die Instandhaltung vernachlässigt hat und zu wenig Reserven vorhält, führen jetzt kleine Störungen zu Kettenreaktionen und ein Sturm zu tagelangem Totalausfall.“
„Während der Normalbetrieb kaputtgespart wurde, legt der bundeseigene Konzern bei Großbaustellen eine unverantwortliche Risikobereitschaft an den Tag“, kritisiert Dr. Winfried Wolf vom Bahnexpertenkreis „Bürgerbahn statt Börsenbahn“ und „Bahn für Alle“-Mitgründer. Im August und September war die Hauptstrecke von Karlsruhe nach Basel nach dem Tunneleinbruch bei Rastatt sieben Wochen lang gesperrt. Der materielle Schaden wird auf gut eine Milliarde Euro geschätzt. Im Dezember will der DB-Aufsichtsrat für den Tiefbahnhof Stuttgart 21 eine weitere Milliarde Euro genehmigen. „Die Zeche zahlen Steuerzahler und Fahrgäste“, so Wolf.
unten: Grafik Entwicklung der Preise (2. Klasse) bei der DB AG 2003 -2017
Eine ausführliche Analyse des Preissystems der DB AG enthält die Sonderzeitung „Verkehrswende und Umstieg – JETZT“ vom Bündnis „Bahn für Alle“: https://www.robinwood.de/sites/default/files/VerkehrswendeJamaikaweb_0.pdf
Kontakt:
Dr. Bernhard Knierim, Sprecher Bündnis Bahn für Alle, Tel. 0178/ 143 73 90,
bernhard.knierim [at] bahn-fuer-alle.de
Dr. Winfried Wolf, Expertengruppe "Bürgerbahn statt Börsenbahn" und Bündnis
"Bahn für Alle", Tel. 0175/537 86 66
Monika Lege, Verkehrsreferentin Robin Wood e.V. und Bündnis „Bahn für Alle“, Tel. 040 / 380 892 12, verkehr [at] robinwood.de
„Bahn für Alle“ setzt sich ein für eine bessere Bahn in öffentlicher Hand. Im Bündnis sind die folgenden 20 Organisationen aus Globalisierungskritik, Umweltschutz, politischen Jugendverbänden und Gewerkschaften vertreten: Attac, autofrei leben!, Bahn von unten, Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz BBU, Bürgerbahn statt Börsenbahn, Gemeingut in BürgerInnenhand, Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, Grüne Jugend, GRÜNE LIGA, IG Metall, Jusos in der SPD, Linksjugend Solid, NaturFreunde Deutschlands, ProBahn Berlin-Brandenburg, ProBahn Hessen, ROBIN WOOD, Sozialistische Jugend Deutschlands – Die Falken, Umkehr, VCD Brandenburg und ver.di.