Waldschäden 2022

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Der Schadensverlauf im Wald, alljährlich gemessen an den Blatt- und Nadelverlusten in den Baumkronen der Waldbäume, ist in den letzten vier Jahren auf die höchsten Werte seit Beginn dieser Erhebungen im Jahr 1984 geschossen. Dargestellt sind die zusammengefassten Werte aller Waldbäume in den Schadstufen 1 – 4

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Balken: Anzahl der jährlich abgestorbenen Probebäume der vier Hauptwaldbaumarten Buche, Eiche, Kiefer und Fichte für die Jahre 2018 bis 2022. Gepunktete Linien: höchste jährliche Absterberaten im Zeitraum 1990 bis 2017 vor der Hitzeperiode.

Fünf Jahre ist der Beginn der bislang gravierendsten Hitze- und Trockenperiode in Mitteleuropa her, die sich vom Sommer 2018 über 2019 und – wenn auch nicht in allen Regionen – bis 2020 hinzog. Ein kurzer Blick auf den Verlauf der Waldschäden (Abbildung unten), die seit 1984 anhand der Blatt- und Nadelverluste aller Waldbaum­arten ermittelt werden, genügt, um festzustellen: Die Folgen sind gravierend. Die Blatt- und Nadelverluste der Waldbäume stiegen auf einen noch nie dagewesenen Höchstwert und schlimmer noch: Eine Erholung ist auch zwei Jahre nach dem Ende dieser Hitze­periode nicht in Sicht.

Der Verlauf dieser Kurve ist in erster Linie ein Gradmesser für den Stress der Waldbäume. Sie leiden unter den nach wie vor zu hohen Einträgen von Stickstoffverbindungen vor allem aus der landwirtschaftlichen Tierproduktion und – mehr noch – unter der zunehmenden Klimaerwärmung.

Gestorben wurde in den Wäldern bis zum Beginn dieser ungewöhnlichen Hitzeperiode laut dieses nun seit fast vierzig Jahren durchgeführten Monitorings vergleichsweise wenig. Das mag verwundern – hat man doch schon seit sehr viel mehr als fünf Jahren oft genug Bilder von absterbenden Waldflächen in Deutschland gesehen. Diese Diskrepanz beruht darauf, dass für die Auswertung des Waldzustands ein bundesweites Messnetz festgelegt wurde, das 16 Kilometer-mal-16 Kilometer misst. An jedem Knotenpunkt dieses Messnetzes werden lediglich 24 Bäume erfasst werden. Erst wenn solche flächig absterbenden Waldareale noch deutlich zunehmen, werden sie auch von diesem recht groben Raster erfasst. Die dreijährige Hitze- und Dürreperiode hat die Situation nun schlagartig verändert. Mittlerweile wird auch statistisch erkennbar in dramatischer Größenordnung gestorben (Abbildung nächste Seite).

Doch es sind weit vor allen übrigen Waldbaumarten die Fichten gestorben: Die einstige Hauptwirtschaftsbaumart der Forstwirtschaft, angebaut überwiegend in plantagenartigen Forsten und außerhalb ihres ursprünglichen, natürlichen Wuchsgebiets. Deutlich mehr als zehn Prozent der Fichten sind in den vergangenen vier Jahren weggestorben. Und ein Abklingen dieses Sterbens ist in den letzten beiden Jahren nicht zu erkennen. Man muss inzwischen davon ausgehen, dass Fichten bestenfalls in den kühleren Hochlagen oberhalb von 700 Metern einigermaßen zurechtkommen.

Auch bei den Kiefern, ebenfalls meist in plantagenartigen Kulturen angebaut, hat das Sterben deutlich zugenommen, wenn auch nicht so stark wie bei den Fichten. Etwa drei Prozent der Kiefern sind in diesen Jahren gestorben. Seit Ende der Hitzeperiode ist ein Rückgang des Absterbens zu erkennen. Doch noch liegt die jährliche Absterberate deutlich über den Werten von vor 2018.

Bei den Eichen ergibt sich ein ganz anderes Bild. Schon in den drei Jahrzehnten vor dieser Hitzeperiode gab es periodisch in Abständen von zwei bis vier Jahren deutlich erhöhte Absterberaten, verursacht durch die sogenannten „Eichenfraßgesellschaften“. In erster Linie gehören dazu Schmetterlingsarten, die insbesondere in wärmeren Jahren zu Massenvermehrungen neigen. Deren Raupen fressen dann ganze Bestände kahl, wie der Schwammspinner und der Eichenprozessionsspinner. Beide Arten verbreiteten sich erst seit dreißig Jahren großflächiger, als die Temperaturen in Deutschland bereits anzusteigen begannen.
Schaut man sich die Absterberaten der Eichen während der jetzigen Hitzeperiode an, so ist ein ungewöhnlich stärkeres Absterben im Vergleich zu den Jahrzehnten davor nicht zu erkennen. Mit anderen Worten: Die Eichen scheinen mit den erhöhten Temperaturen und Trockenzeiten noch gut zurecht zu kommen. Aber sie leiden und sterben deutlich alle paar Jahre an den wärmeliebenden, zu Massenvermehrungen neigenden Schadinsekten.

Selbst wenn in den letzten Jahren sterbende Buchenbestände insbesondere an südlich exponierten Berghängen und Kuppen zu sehen waren – die Buche ist unter den hier besprochenen Hauptbaum­arten bundesweit diejenige, die mit den insgesamt geringsten Verlusten durch die bislang längste und härteste Dürre gekommen ist. Ihre jährliche Absterberate lag im letzten Jahr bereits wieder im Bereich der Werte vor 2018.

Was tun? Anstatt immer wieder vermeintlich besser geeignete Baum­arten aus anderen Regionen, Ländern und Kontinenten  in die Debatte zu werfen, über deren Integrationsfähigkeit in die hiesigen Wälder wir so gut wie nichts wissen, sollte jetzt endlich verstärkt über die Anpassung der Waldbewirtschaftung an die sich ändernden Klimabedingungen nachgedacht werden.

Damit die Wälder sich von den Schäden der letzten Jahre erholen können und – mehr noch – damit die Wälder vor der mit Sicherheit noch zulegenden Klima­erwärmung besser geschützt sind, ist es erforderlich, das Binnenklima der Wälder mit seinen kühleren Temperaturen und seiner höheren Feuchtigkeit besser zu schützen. Das geht um so erfolgreicher, je weniger das Kronendach durch Baumfällungen durchlöchert wird. Auch sollten umgestürzte Bäume und anderes Totholz möglichst im Wald belassen werden. Das hält die Feuchtigkeit am und auch im Waldboden deutlich länger!

Mehr Infos finden Sie unter:
www.robinwood.de/schwerpunkte/waldschäden
Die Waldschadenserhebungen im Einzelnen unter:
https://wo-apps.thuenen.de/apps/wze/