Wälder nicht verfeuern!

Ein Krimi mit Happy End?

24. August 2021
Wald
Jana Ballenthien
ROBIN WOOD-Waldreferentin
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Starker Protest gegen das Verfeuern von Wäldern am 1. Juni europaweit
Forest Defender Alliance
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... in Brüssel
Forest Defender Alliance
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... in Berlin
Stephan Roehl/ROBIN WOOD
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... in Hamburg
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29. Mai: Protest vor dem Großkraftwerk Tiefstack. Hier könnte zukünftig Holz zur Energieproduktion verfeuert werden
Mirko Boll / ROBIN WOOD
Magazin

Wir sind auf einem guten Weg, das Verfeuern unserer Wälder in Kohlekraftwerken zu verhindern. Vielen Dank für Ihre Unterstützung und weiter so!

Der Krimi um das Verfeuern unserer Wälder im großindustriellen Stil geht weiter. Aber wir haben mit Ihnen schon einige großartige Erfolge erzielt.

Noch immer läuft zusammen mit der Deutschen Umwelthilfe und mit Peter Wohlleben unsere Petition gegen die großindustrielle Holzverbrennung in den Kraftwerken Wilhelmshaven und Tiefstack/Hamburg. Bisher haben rund 72.000 Menschen die Petition unterzeichnet. Das ist großartig! Verbreiten Sie die Petition gerne weiter unter Ihren Freund*innen, Bekannten und Verwandten. Jede Stimme zählt! (siehe Kasten rechts)

Verbrennung von Holz in deutschen Kraftwerken geplant

Dass tatsächlich jede Stimme zählt, zeigt die aktuelle Entwicklung in Hamburg: Nicht zuletzt aufgrund unseres gemeinsamen Protests setzte die Hamburger Umweltbehörde die Machbarkeitsprüfung zur Nutzung namibischer Buschbiomasse bis auf Weiteres aus. Wir sehen darin eine Reaktion auf die breite, fachlich fundierte Kritik aus Zivilgesellschaft und Wissenschaft. Das ist ein überraschender und sehr guter Teilerfolg! Allerdings ist die Kuh noch nicht vom Eis: Die Prüfung wurde lediglich ans Bundesentwicklungsministerium (BMZ) weitergereicht. Sollte von dort grünes Licht kommen, könnte die Hamburger Umweltbehörde schnell durchstarten. Deshalb bleiben wir wachsam. Auch ein Umschwenken auf Holz aus anderen Quellen, zum Beispiel aus alten, intakten Wäldern aus Übersee oder ein Verfeuern von Holz an anderen Standorten in Hamburg darf nicht passieren. Das haben wir deutlich gemacht, als wir Ende Mai erneut vor dem Kraftwerk Tiefstack protestierten. Wir forderten dieses Mal von den Grünen in Hamburg und bundesweit eine klare Positionierung gegen die Holzverbrennung im großen Stil. Gerade Hamburg, mit seinem grünen Senator Jens Kerstan und grünen Umwelt-Staatsrat Pollmann, trägt eine große Verantwortung. Mehr dazu lesen Sie bitte in diesem Magazin unter der Rubrik Tatorte auf den Seiten 6 und 7.

Holzkraftwerk verhindert

Nicht nur die Umrüstung von Großkraftwerken auf Holzbiomasse beschäftigte uns in den vergangenen Wochen. Im bayerischen Kösching stimmten Mitte Mai Bürger*innen darüber ab, ob ein kleineres Holzkraftwerk gebaut werden soll, um das Audi-Werk in Ingolstadt mit Wärme zu versorgen. Geplant war die Verbrennung von Holz aus deutschen Wäldern. Dabei sind unsere Wälder durch die letzten Dürrejahre und die traditionell intensive Forstwirtschaft mit ihren Monokulturen ohnehin schon am Rande des Kollaps. Wir unterstützten die Bürger*inneninitiative vor Ort mit einer schriftlichen Stellungnahme und einer Videobotschaft. Knapp 70 Prozent der Wähler*innen der Kleinstadt stimmten gegen das Vorhaben. Das geplante Holzkraftwerk wird nicht gebaut! Das ist ein großer Erfolg! Aber auch hier gilt es wachsam zu bleiben! Falls die Bundesregierung tatsächlich Fördermöglichkeiten für das Verbrennen von Holz schaffen sollte, werden viele Kommunen und Wirtschaftsbranchen sich damit einen grünen Anstrich  verleihen können. Geben Sie uns Bescheid, wenn Sie von Plänen an Ihren Wohnorten hören!

Eine sehr spannende Entwicklung gab es im Bundeswirtschaftsministerium (BMWi). Gemeinsam mit 14 anderen Umweltorganisationen, wie z.B. der Deutschen Umwelthilfe, dem Deutschen Naturschutzring und Greenpeace, schrieben wir Mitte Juni einen Brief an das Ministerium, in dem wir unsere Hauptkritikpunkte an den Holzverbrennungsplänen skizzierten und eindringlich baten, von einer neuen Förderrichtlinie abzusehen. Stattdessen müsse sich das BMWi aktiv für naturverträglichen Solar- und Windenergie einsetzen. Die Antwort des Ministeriums erreichte uns bereits Mitte Juni und fiel erstaunlich aus:

„Das Bundeswirtschaftsministerium sieht (...) ebenso wie Sie die Notwendigkeit, sehr eingehend zu prüfen, wieviel Biomasse überhaupt für derartige Projekte ökologisch verantwortlich und langfristig nachhaltig zur Verfügung steht und sichergestellt werden kann, dass Konkurrenzen mit der stofflichen Nutzung von Holz ausgeschlossen sind. Die Prüfung wird noch einige Monate in Anspruch nehmen. Ich kann Ihnen versichern, dass wir die u.a. von Ihnen vorgebrachten Bedenken bezüglich der Verfeuerung von Biomasse in Großkraftwerken sehr ernst nehmen und keine Regelung planen, die unseren gemeinsamen Zielen der ökologischen und ökonomischen Nachhaltigkeit entgegen stünden.“

Dann aber los, Herr Minister Altmaier! Erteilen Sie der Holzverbrennung in Kraftwerken eine klare Absage! Dass sie dramatisch klima-, arten und gesundheitsschädlich ist und jeglicher ökologischer und ökonomischer Nachhaltigkeit entgegensteht, ist weithin bewiesen.
Ja, wir feiern diese Aussagen des BMWi! Sie zeigen, dass unsere Arbeit Erfolg hat und wir die Pläne der Bundesregierung, Holzbiomasse zu nutzen, erfolgreich ins Wanken gebracht haben.
Selbst das Deutsche Biomassezentrum (DBFZ) hat inzwischen ein langes Positionspapier veröffentlicht, in dem es die Verbrennung von Holz in Kraftwerken stark kritisiert und die damit verbundenen Risiken aufzeigt. Und auch der Bundesverband der Altholzaufbereiter spricht sich gegen die Verbrennung von Holz in Kraftwerken aus. Auch wenn diese Positionierung vermutlich maßgeblich wirtschaftliche Beweggründe hat, so ist es doch eine willkommene Unterstützung unseres Protestes.

Aber was heckt das BMWi nun mit der mehrere Monate dauernden Prüfung aus? Wahrscheinlich ist, dass das BMWi auf ein Signal aus Brüssel wartet, denn die EU überarbeitet die Erneuerbare-Energien-Richtlinie (REDII zu REDIII).

Holz darf nicht als erneuerbare Energiequelle gelten!

Ob die Verbrennung von Holz in der REDIII weiterhin als erneuerbare Energie gewertet wird, ist noch offen. Doch falls es dazu kommt, hätten die Mitgliedstaaten einen Freifahrtschein zur Subventionierung dieser Energieform und müssten die Emissionen aus der Verbrennung nicht in ihrer Klimabilanz veranschlagen.
Auch schon in der REDII sind starke ökologische Kriterien für die Waldnutzung enthalten. Das hat allerdings Kahlschläge und massive Waldzerstörung in keinster Weise verhindert. Darum fordert ROBIN WOOD: “Biomass out of RED“: Holzbiomasse als erneuerbare Energie muss komplett aus der REDIII gestrichen werden!

Am 14. Juli hat die EU-Kommission ihren Entwurf der REDIII an das EU-Parlament und den EU-Rat übergeben. Bis zu diesem Zeitpunkt konzentrierten sich all unsere Proteste auf die Aufklärung und Anrufung der Kommission. Bereits im April haben wir uns deshalb während Joe Bidens Klimagipfels mit 65 internationalen Gruppen in einem offenen Brief an die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, gewandt und sie eindringlich gebeten, die Verwendung von Holzbiomasse als Energiequelle aus RED zu streichen.

Unsere Kampagne

Mitte Juni legten wir nach und übergaben rund 220 000 Unterschriften der EU-Petition „Die EU muss Wälder schützen. Sie darf sie nicht zur Energiegewinnung verbrennen!“ an Diederik Samsom, den Kabinettchef der EU-Kommission. Inzwischen haben rund 242 000 Menschen die Petition unterschrieben.
Fenna Swart vom niederländischen Clean Air Committee und Ariel Brunner von Birdlife waren für die Übergabe der Petition in den Hauptsitz der EU-Kommission in Brüssel eingeladen, während unsere Waldreferentin Jana Ballenthien und die Vertreter zweier weiterer internationaler NGO online teilnahmen. Unterschriften können ignoriert werden, aber in den eigenen Räumlichkeiten mit harter Kritik konfrontiert zu werden, hat Eindruck in der EU-Spitze hinterlassen. Spätestens als Fenna Swart einen grünen Ast und eine Tüte Pellets mit der Aufschrift „Once a forest“ vor die Kamera hielt, war klar, dass es sich hier um ein Anliegen handelt, das nicht einfach ausgesessen werden kann.

Am 1. Juli setzten wir noch einen drauf und realisierten eine Plakataktion zeitgleich in mehr als 15 europäischen Städten. Wir hängten Warnschilder an Bäume vor Sehenswürdigkeiten, wie dem Eiffelturm, dem Wiener Riesenrad oder dem Hauptsitz der EU-Kommission. ROBIN WOOD war an diesem Tag im strömenden Regen, aber gut gelaunt in Berlin vor dem Brandenburger Tor. Mehr als 1000 Mal wurden an diesem Tag Fotos mit dem Hashtag #Stop­FakeRenewables getwittert: „Holzbio­masse muss aus der EU-Richtlinie für Erneuerbare Energien gestrichen werden!“ In Deutschland schaffte es der Hashtag sogar in die Twittercharts des Tages.  Noch bis zum 14. Juli sammelten wir weitere Bilder. Diese Aktion zeigte uns auf eindrückliche Weise, dass Protest uns über Ländergrenzen hinweg verbindet und viel Spaß machen kann, so dramatisch das Thema auch ist.

Der REDIII Entwurf der Kommission ist nun seit dem 14. Juli bekannt. Holzbiomasse ist dort weiterhin als regenerativer Energie klassifiziert und die geschärften Kriterien sind nicht im entferntesten geeignet, die Wälder der Welt vor der massiven Zerstörung durch unseren Energiehunger zu retten. Wir sind sehr enttäuscht aber geben noch lange nicht auf. Holz darf nicht die neue Kohle werden! In den nächsten Monaten werden der EU-Rat und das EU- Parlament den Entwurf der Kommission kritisch bearbeiten. Gemeinsamen mit einem schlagkräftigen Netzwerk aus internationalen Organisationen werden wir diesen Prozess begleiten und setzen alles daran, dass auch die EU-Politik erkennt, dass wir durch das Verfeuern unserer Wälder den Kampf gegen den Klimawandel und das Artensterben verlieren werden.

Die EU muss JETZT die Notbremse ziehen! Gerade das Beispiel Deutschland zeigt, welchen Einfluss Entscheidungen auf EU-Ebene auf die nationale Energiepolitik haben. Die EU sieht, dass Deutschland aufgrund der hohen Risiken, die die Holzverbrennung mit sich bringt, noch zögert. Genau jetzt besteht für die EU die Chance, angesichts der historischen Klima-und Biodiversitätskrise die richtigen politischen Signale zur Bewältigung dieser Krisen zu setzen.

Wir haben bereits Erfolge erzielt. Herzlichen Dank für Ihre Unterstützung auf dem Weg, das massenhafte Verfeuern unserer Wälder zu verhindern!