Punkten für die VerkehrsWende

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„Verkehrssektor als größte klimapolitische Herausforderung“ – so beginnt das aktuelle Sondergutachten vom Sachverständigenrat für Umweltfragen. Der durchschnittliche Kohlendioxidausstoß  bei EU-Neuwagen ist 2017 gestiegen. Das hat zwei Gründe: Zum einen werden aufgrund des Dieselbetrugs wieder mehr Benziner gekauft. Maßnahmen zur Senkung der Stickoxid-Emissionen erhöhen den Verbrauch und damit den Kohlendioxidausstoß – ein Dilemma für Gesundheits- und Klimaschutz.  Zum andern werden EU-weit die Autos immer schwerer. Geländewagen bleiben Trend. Der deutsche Durchschnittsneuwagen hatte im letzten Jahr 154 PS unter der Haube und eignet sich damit auch als landwirtschaftliche Zugmaschine.

Der weltgrößte Autozulieferer Bosch meldet für das vergangene Jahr einen Rekordgewinn. Auch für Daimler und VW lief es gut. Der Dieselbetrug an den Kund*innen der Autokonzerne und an den Bürger*innen, die die Dreckluft einatmen, scheint den beteiligten Unternehmen wirtschaftlich nicht zu schaden. Im Gegenteil: Während die Ermittlungen zur Verantwortung von Bosch für die massenhafte  Abgasmanipulation noch laufen, verkündet das Unternehmen den Durchbruch bei der Entwicklung einer neuen Abgastechnik, die die Stickoxid-Probleme im Straßenverkehr lösen werde. Zur Nachrüstung älterer Diesel-Fahrzeuge sei die Technik aber nicht geeignet. Eine win-win-Situation für die Dieselbranche: Die neue alte GroKo will Fahrverbote um jeden Preis meiden, die verantwortlichen Konzerne sollen nicht für Nachrüstungen zahlen. Stattdessen gibt es ein neues Produkt und einen neuen Markt für Einspritzmotoren.

Das bahnbrechende Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Februar (siehe S. 8) zwingt nach Auffassung der meisten Expert*innen die Regierung, die rechtlichen Voraussetzungen für Fahrverbote zu schaffen. Doch Kanzlerinnenamt und Verkehrsministerium wiegeln ab: Einzelne Städte müssten eventuell die eine oder andere  Straße mal sperren. Der Bund sei nicht gefragt: Keine blaue Plakette, keine Abschaffung der Steuervorteile für Diesel. Eine der ersten Amtshandlungen des neuen Verkehrsministers Scheuer, CSU, war die Einladung zum „Lokalmedien-Gipfel: Bessere Luft in den Städten“ an Journalist*innen aus den am stärksten belasteten Städten München, Stuttgart, Köln, Reutlingen und Hamburg. Diese hörten Zweifel an der Wahl der Standorte für Luft-Messstellen und dass der öffentliche Verkehr mit Bussen für die Stickoxid-Belastung bedeutender sei als „Tante Erna, die einmal in der Woche fährt.“ Vor dem geistigen Auge der CSU-Herrenrunde rußen „Tante Erna“ im historischen Benzle und der klapprige kommunale Schulbus. Ihre eigenen PS-Boliden kommen nicht vor.

Müssen nach dem Urteil von Leipzig „Millionen Dieselfahrer bangen“, wie es die Schlagzeilen Ende Februar verkündeten?  Eher nicht. Der grüne Verkehrsminister von Baden-Württemberg, hat im Winter 2015/16 Fahrverbote wegen zu hoher Feinstaubwerte für 2017 angekündigt. Anfang Januar 2017 verschiebt Hermann: „Wenn wir am Ende dieser Saison Bilanz ziehen und feststellen, dass wir im nächsten Winter das nicht schaffen, dann müssen wir natürlich ernsthaft darüber nachdenken, welche Maßnahmen dann ergriffen werden müssen.“ Der grüne Stuttgarter Oberbürgermeister will einen Aufschub bis 2020. In Hamburg erklärt sogar der ADAC, dass Fahrverbote bei geltender Rechtslage nicht weiter stören: Falls es doch mal eine Kontrolle geben sollte, reicht es, wenn Sie sagen, dass Sie Anwohner*innen besuchen.

Entscheidend für den Gesundheits- und Klimaschutz werden nicht Verbote, sondern ein Wandel der Mobilitätskultur sein. ROBIN WOOD fordert weniger Autos in der Stadt und weniger Auto pro Person:

+ Abrüstung von SUV, großen und schweren Karossen aus dem „Premium-Segment“

+ Nachrüstung dreckiger Diesel auf Kosten der Hersteller

+ die Blaue Plakette, damit Fahrverbote kein bürokratischer Scheinriese sind

+ Abschaffung der steuerlichen Bevorzugung von Dieselkraftstoff

+ einen deutlich günstigeren und ticketlosen öffentlichen Verkehr

+ bessere Bedingungen für Fuß- und Radverkehr.

Wir brauchen das entschlossene Handeln vieler Einzelner, damit Gesundheit und Klimaschutz vor Profit gehen. Denn wir haben keinen Planeten B im Kofferraum.