Neues aus Pödelwitz

Pödelwitz wird nicht abgerissen. Ein großer Sieg für alle, die sich für den Erhalt des Dorfes engagiert haben. Doch damit ist die Arbeit für die Aktiven vor Ort noch nicht vorbei. Jens Hausner vom Verein ‚Pödelwitz hat Zukunft‘ berichtet von den Plänen, das Dorf wieder zu beleben – und den Herausforderungen, vor denen die Initiative aktuell steht. Mit ihm sprach Ronja Heise, ROBIN WOOD-Energiereferentin.

Pödelwitz, das malerische Dorf im Leipziger Umland, bleibt erhalten –­ das ist keine Selbstverständlichkeit. Jahrelang wollten die Landesregierung und die Braunkohleindustrie das Dorf für Braunkohle, den klimaschädlichsten aller Energieträger, abbaggern. Jahrelang gab es Widerstand dagegen – von Menschen vor Ort wie Jens Hausner, die allen Versprechen und allem Druck zum Trotz in Pödelwitz wohnen geblieben sind. Und zunehmend machte auch die Klimagerechtigkeits-bewegung Druck. Für sie ist Pödelwitz zu einem der symbolträchtigen Orte des Protests gegen ein zerstörerisches Energiesystem geworden. Mit Briefen und Lobbyarbeit, Klimacamps und Aktionen hat es der Widerstand gegen den Abriss von Pödelwitz in die bundesweiten Medien geschafft. Anfang 2021 verkündeten die sächsische Landesregierung und der örtliche Braunkohlekonzern Mibrag dann, dass Pödelwitz erhalten bleibt.

 

 

? Wie sieht das Leben in Pödelwitz aktuell aus?

! Eigentlich genauso, wie in den letzten Jahren. Wir konnten bis jetzt nicht erreichen, dass Pödelwitz wiederbesiedelt wird. Zuständige politische Entscheidungsträger richten ihre Arbeit zur Revitalisierung vollständig an den Interessen des Bergbauunternehmens aus. Und das hat überhaupt keine Eile, die untragbare Situation der verbliebenen Einwohner durch eine schnelle Wiederbesiedlung aufzulösen. Das Bergbau-unternehmen macht seine Planungen für Pödelwitz sogar vom Zeitplan eines neuen Braunkohleplanes für den Tagebau Vereinigtes Schleenhain abhängig. Und das obwohl selbst der aktuelle Braunkohleplan eine bergrechtliche Nutzung der Ortslage Pödelwitz gar nicht vorsieht.

? Hat sich etwas im Alltag geändert, seitdem klar ist, dass ihr gewonnen habt und das Dorf erhalten bleibt?

! Für uns hat sich bisher noch nichts geändert. 80 Prozent der Wohngebäude im Ort hatte die Mibrag vor 2017 über privatrechtliche Verträge erworben. Seitdem stehen diese Gebäude leer und die Bausubstanz nimmt durch diesen Leerstand massiven Schaden.

Wir haben als Verein Pödelwitz-hat-Zukunft e. V. eine Liste von über 100 Interessenten für diese Grundstücke und eine Wiederbesiedlung hätte schon längst stattfinden können. Aber die Mibrag verkaufte bis heute kein einziges Grundstück in Pödelwitz.
 
? Was hat sich im Engagement für Pödelwitz geändert?

! Wir müssen jetzt für eine ökologisch nachhaltige Revitalisierung von Pödelwitz gegen die gleichen Bergbauunternehmen und Politik kämpfen, die sich vorher aktiv für die Zerstörung unseres Heimatdorfes eingesetzt haben. Wir sehen Pödelwitz als ein ganz klares Strukturwandelprojekt. Der Strukturwandel sollte eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sein. Wir wollen uns da aktiv einbringen. Aber alle Anzeichen deuten darauf hin, dass dies von Politik und Mibrag gar nicht gewollt ist. Wir sind bis heute in Pödelwitz keinen Schritt weitergekommen.

? Wer setzt sich aktuell für den Ort ein und wie viel Aufmerksamkeit bekommt ihr?

! Ich muss es ganz klar sagen – die zuständigen politischen Entscheidungsträger lassen uns komplett im Regen stehen und machen zukünftige Entscheidungen allein von den Interessen des Bergbauunternehmens abhängig. Unterstützung erhalten wir von unserem deutschlandweiten Bündnis ,,Alle Dörfer bleiben“, von der Klimabewegung und natürlich von all den Menschen, die mit uns gemeinsam für den Erhalt des Dorfes gekämpft haben.

Wir suchen das Gespräch mit den zuständigen politischen Entscheidungsträgern und der Mibrag und fordern ein Mitspracherecht bei der Entwicklung von Pödelwitz. Als Verein ‚Pödelwitz hat Zukunft e.V.‘ machen wir selbst Pressearbeit bzw. arbeiten mit allen Medien zusammen, die ein Interesse an der weiteren Geschichte von Pödelwitz haben. Über die Website des Vereins, poedelwitz.de, möchten wir sichtbarer werden. Im Prozess des Strukturwandels erhalten wir von der zuständigen Politik fast keine Aufmerksamkeit. Das ist für uns schon äußerst fragwürdig. Wir befürchten, dass Entscheidungen wieder über unsere Köpfe hinweg getroffen werden.

? Was sind eure nächsten Schritte?

! Wir versuchen eine gemeinsame Verhandlungsbasis mit der Mibrag und den zuständigen Entscheidungsträgern aufzubauen, um mit allen Beteiligten gleich-berechtigt auf Augenhöhe die Zukunft von Pödelwitz auf den Weg zu bringen. Ein Arbeitstreffen fand am 22.03.2022 statt und weitere müssen folgen. Wir erarbeiten selbst Lösungen zu allen Bereichen, die dafür notwendig sind. Das reicht von: Wie kann das Eigentum der Mibrag im Dorf wieder einer gesamtgesellschaftlichen Nutzung zugeführt werden, mit den dafür notwendigen finanziellen Erfordernissen, über ein Wärme- und Energiekonzept bis hin zu einer erweiterten Nutzung des Eigentums der Kirchgemeinde Groitzsch in Pödelwitz.
 
Und wir beantragen für verschiedene Projekte als Verein Fördermittel. Ein wichtiger Fördermittelbescheid wurde uns am 07.April 2022 von der sächsischen Ministerin für Justiz, Demokratie, Europa und Gleichstellung Katja Meier in Grimma überreicht. Wir sind damit eins von 13 Demokratieprojekten, die in Sachsen durch das Justiz-ministerium gefördert werden. Uns geht es innerhalb unseres Demokratieprojektes um eine gesamtgesellschaftliche, vollumfänglich transparente Beteiligung in allen politischen Entscheidungsprozessen. Also genau das, was uns selbst bisher nicht ermöglicht wurde.

? Und was bräuchte es jetzt? Was müsste die Politik tun? Wie können Menschen euch unterstützen?

! Für uns ist jetzt ein dringendes Handeln aller Beteiligten notwendig. Pödelwitz hat die historisch schützenswerte Siedlungsform eines erweiterten slawischen Rundlings mit sieben denkmalgeschützten Gebäuden bzw. Gebäudegruppen. Wissentlich werden große Teile der schützenswerten Gebäude durch das Bergbauunternehmen dem Verfall preisgegeben. Das muss sofort gestoppt werden, denn alle Gebäude sind Teil der schützenswerten Siedlungsform. Den Stopp des Verfalls gewährleistet nur eine schnellstmögliche Wiederbesiedlung. Die zuständige Politik auf allen politischen Ebenen muss unseren Verein in alle Entscheidungsprozesse zu Pödelwitz einbeziehen.
 
Wir sind für jede mögliche Unterstützung dankbar: dorfentwicklung [at] poedelwitz.de
Wie der Verein ‚Pödelwitz hat Zukunft‘ sich die Zukunft des Dorfes tatsächlich vorstellt, können alle Interessierte ausführlich auf der Website www.poedelwitz.de und auf der Website des deutschlandweiten Bündnisses ,,Alle Dörfer bleiben“ unter www.alle-doerfer-bleiben.de/wp-content/uploads/2020/06/Poedelwitz-hat-Zu... nachlesen.