Nachhaltige Waldwirtschaft durch CITES?

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Kamerun: Erst kommt der Raubbau am Urwald, dann eintönige Palmölplantagen so weit das Auge reicht.
Foto ▸ Hajo Schmitz-Kretschmer

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Mehr Nachhaltigkeit erreicht: In Guatemala konnte die CITES-Behörde zusammen mit den lokalen Gemeinschaften die Entwaldungsrate stoppen.
Foto ▸ Daniel Ramirez/Pixabay

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Dieser 400 Jahre alte gigantische Bubinga-Stamm wurde in Kamerun unter höchst fragwürdigen Umständen eingeschlagen. In politisch instabilen Ländern mit schlechter Infrastruktur, hoher Korruptionsrate und schwacher Zivilgesellschaft können CITES-Maßnahmen letztlich wenig bewirken.
Foto ▸ Gobal Witness/Reiner Tegtmeyer

Vom 17. bis 28. August 2019 findet in Genf die 18. Vertragsstaatenkonferenz des Washingtoner Artenschutzübereinkommens (WA/CITES) statt. Ziel dieser 1975 in Kraft getretenen Konvention ist es, den internationalen Handel mit gefährdeten Pflanzen- und Tierarten so zu regulieren, dass er die Bestände dieser Arten nicht gefährdet. Kann dieses angestrebte Ziel im Hinblick auf gefährdete Baumarten verwirklicht werden? Und kann CITES sowohl ein effektives Instrument für die art- und naturverträgliche Nutzung von Baumarten darstellen als auch illegalen Holzeinschlag und illegalen Handel wirkungsvoll verhindern?

Neben dem übergeordneten Ziel, den internationalen Handel art- und naturverträglich zu gestalten, haben seit der Rio-Konferenz 1992 auch die Ziele einer nachhaltigen Entwicklung und Armutsbekämpfung der Entwicklungsländer und ihres souveränen Rechts auf Ressourcenverfügbarkeit das Selbstverständnis und den Aktionsrahmen von CITES deutlich beeinflusst.

Die Bedeutung der Anhänge

Neben dem Konventionstext und einem komplexen Regelungssystem sind elementarer Bestandteil von CITES drei Anhänge, die regelmäßig neu verhandelt werden und in die gefährdete Arten aufgenommen und jeweils unterschiedlichen Schutzregimes zugeordnet werden.
In Anhang I werden Baumarten aufgenommen, die vom Aussterben bedroht sind. Für solche Arten besteht ein Handelsverbot. Dieser Anhang enthält nur wenige Arten. Die bekannteste ist der in der brasilianischen Mata Atlantica vorkommende Rio Palisander (Dalbergia nigra), der früher in Möbeln und in Musikinstrumenten, insbesondere in Gitarren, verbaut wurde. Sein Handelsverbot hat in den letzten Jahren zu erheblicher Unruhe bei Gitarrenhändlern, in Musikerforen und sogar zur Absage von Vintagemessen geführt.
Wichtiger für die Umsetzung der CITES-Ziele ist jedoch der Anhang II, der solche Baumarten aufnehmen soll, deren Nutzung und Handel nachhaltig gestaltet werden müssen, um einerseits die gefährdeten Baumarten zu schützen und langfristig vor dem Aussterben zu bewahren. Andererseits soll die lokale Bevölkerung an Einnahmen partizipieren und für den Arten- und Biodiversitätsschutz gewonnen werden. Hölzer, die in Anhang II gelistet sind, dürfen durch die Holz exportierenden Länder nur ausgeführt werden, wenn wissenschaftlich basierte Nachhaltigkeitsprüfungen durchgeführt und die Legalität nachgewiesen wurde.
Der Anhang II enthält derzeit über 500 Holzarten, von denen ungefähr die Hälfte handelsrelevant sein dürfte. Die bekanntesten Holzarten in diesem Anhang sind Mahagoni, Ramin, Afrormosia (Afrikanisches Teak), Bubinga, Pockholz sowie viele Palisander-Holzarten.
Der Anhang III enthält nur wenige Arten, die zudem einem sehr schwachen Kontrollregime unterliegen.

Die Umsetzung der Arten­listungen und ihre Schwachpunkte

Über die Ausfuhr von Holz des Anhangs II entscheiden die Verbreitungsstaaten in alleiniger Verantwortung durch Nachhaltigkeitsprüfungen sowie durch Nachweis des legalen Erwerbs. Einfuhrstaaten haben lediglich die Aufgaben Zoll-, Waren und Dokumentenprüfungen stichprobenartig durchzuführen und Einfuhren statistisch zu erfassen und auszuwerten, es sei denn, sie haben wie die EU strengere Bestimmungen erlassen.

Die Anforderungen an Legalität und Nachhaltigkeitsprüfungen sind im Konventions­text sehr allgemein gehalten. Keinerlei Leitlinien existieren zu Definition, Feststellung und glaubwürdiger Überprüfung von Legalität. Die Holz exportierenden Länder haben oft keine oder nur schlecht funktionierende CITES-Behörden und/oder eine schwache Forstinfrastruktur. Vielfach sind es Länder mit hoher Korruption, wobei die exklusive Befugnis zur Ausstellung von CITES-Dokumenten durch eine CITES-Vollzugsbehörde einen zusätzlichen Korruptions-Anreiz darstellt. Kontroll­systeme entlang der Lieferkette vom Ort des Holzeinschlags bis zum Exporthafen sind vor allem in afrikanischen Ländern schwach entwickelt. CITES-Dokumente werden oft am Ende der Lieferkette, nahe an den Exportpunkten ausgestellt, während potentiell illegale Aktivitäten vor allem beim Waldmanagement, Einschlag und Transport des Holzes passieren. Hierunter hat das Vertrauen in die Glaubwürdigkeit von CITES-Dokumenten erheblich gelitten.
Mehr Bedeutung als den Legalitätsfragen wurde von Anfang an der Nachhaltigkeit beigemessen. Aber auch die in CITES vorgeschriebenen Prüfungen zur Nachhaltigkeit von Holzentnahmen (sogenannte Non Detriment Findings) sind oft unzureichend oder mangelhaft, da grundlegende biologische und forstwirtschaftliche Daten zu Populationen, Forstinventuren und Waldbewirtschaftung aufgrund schwacher Forstbehörden entweder nicht vorhanden sind oder den CITES-Behörden nicht zur Verfügung stehen. Statt Bewertungen für einzelne Holzentnahmen vorzunehmen, setzen viele Holz exportierende Länder deshalb eine Gesamt-Exportquote fest, deren wissenschaftliche Grundlagen allerdings oft zweifelhaft sind.

In den letzten Jahren wurden verstärkt Maßnahmen zur Stärkung der Nachhaltigkeitsprüfung durchgeführt. Durch den so genannten „Signifikant Trade Review“, einen durch eine Resolution festgelegten formalisierten Prozess, werden solche Länder identifiziert, die Holz ohne die vorgeschriebenen Nachhaltigkeitsprüfungen exportieren. Ein wissenschaftliches Fachkomitee schlägt auf der Basis einer detaillierten Analyse konkrete Maßnahmen zum Abbau der Defizite vor, die innerhalb von ca. zwei Jahren erfolgen müssen. Nach Bewertung der erfolgten Maßnahmen durch das CITES-Sekretariat können am Ende vorgeschriebene Quoten, aber auch ein Handelsverbot stehen, was aber in der Praxis selten vorkommt. Hinsichtlich des Ziels einer größeren Nachhaltigkeit dauert dieser Prozess zu lange, und ob er wirklich zu mehr Nachhaltigkeit führt, ist angesichts der Erfahrung mit diesem Prozess insbesondere bei politisch instabilen Ländern zweifelhaft.
Zusätzlich werden derzeit viele Maßnahmen zum Aufbau von institutionellen und fachlichen Kapazitäten durchgeführt: Hierzu gehören Unterstützungen beim Wald- bzw. Artmanagement, Aufbau von Rückverfolgbarkeits- und Verifizierungssystemen, Durchführung von Holzerkennungsworkshops sowie die Verbesserung von Nachhaltigkeitsprüfungen durch Schulungen und methodische Hilfen.
Die EU hat für derartige Maßnahmen kürzlich sieben Mill. Euro zur Verfügung gestellt. Ob solche Programme ihr Ziel erreichen, kann aber nur mit spezifischen Evaluierungsmaßnahmen festgestellt werden.
 
Strengere Maßstäbe in der EU

CITES wird in der EU einheitlich über entsprechende Verordnungen deutlich strenger umgesetzt. Der bedeutendste Unterschied sind strenge Importauf­lagen für Holzarten des Anhangs II. Für Importe von Holzarten in die EU wird eine methodisch standardisierte und anspruchsvolle Nachhaltigkeitsprüfung durchgeführt, entweder durch die wissenschaftlichen Behörden der Mitgliedstaaten (in Deutschland das Bundesamt für Natur­schutz) oder durch die sich regelmäßig in Brüssel treffende Wissenschaftliche Arbeits­gruppe in der EU (SRG). Die Nachhaltigkeitsprüfungen berücksichtigen u.a. lokale und nationale Populationsparameter, Regeneration/Verjüngung, Schutzgebiete, Indikatoren und Maßnahmen der Waldbewirtschaftung sowie das Volumen von legalem und illegalem Handel und können konzessionsscharf durchgeführt werden. In der Folge solcher Entscheidungen wurden in den letzten Jahren häufig Importverbote bestimmter Holzarten für die EU ausgesprochen.
Beispiele sind Afrormosia aus der Demokratischen Republik Kongo, Mahagoni aus Brasilien und Honduras, Bubinga aus Kamerun. In Anpassung an die höheren Anforderungen an Legalität durch FLEGT (Aktionsplan zur „Rechtsdurchsetzung, Politikgestaltung und Handel im Forstsektor“) und der EU-Holzhandelsverordnung von 2013 sind auch die Ansprüche für den Nachweis von Legalität bei Einfuhren von CITES-Hölzern gestiegen.

Entwicklungen und Ausblick

In den letzten Jahren sind in Tropenholz exportierenden Ländern verstärkt Anstrengungen zum Aufbau von effizienten elektronischen  Rückverfolgungssystemen unternommen worden, um die legale Herkunft des Holzes, die Holzflüsse, die Transparenz der Lieferketten und einen besseren Austausch zwischen den Behörden zu ermöglichen. Die gestiegenen Anforderungen an Nachhaltigkeitsprüfungen, für die mittlerweile gute methodische Leitfäden vorliegen, haben zu immer mehr Akzeptanz unter den Mitgliedstaaten geführt.

Es gibt gelungene Beispiele, in denen CITES zu mehr Nachhaltigkeit bei der Nutzung von Tropenholz geführt hat. So hat zum Beispiel in Guatemala die CITES-Behörde zusammen mit den lokalen Gemeinschaften ein vorbildliches System von Gebieten mit nachhaltigem Forstmanagement, Schutzgebieten und einem wirkungsvollen Rückverfolgbarkeitssystem etabliert und so die Entwaldungsrate stoppen können. Auf der anderen Seite zeigt das Beispiel der Demokratischen Republik Kongo, dass in einem politisch höchst instabilen Land mit schlechter Infrastruktur, hoher Korruptionsrate und schwacher Zivilgesellschaft CITES-Maßnahmen letztlich wenig bewirken können.
In Zukunft sollten verstärkt wissenschaftliche Studien die Wirksamkeit von CITES-Listungen für den Erhalt von Populationen gefährdeter Baumarten untersuchen. Nur so lässt sich beurteilen, ob der artbezogene Ansatz von CITES in der Lage ist, die mehr auf den Erhalt von Ökosystemen bezogenen Ansätze wirkungsvoll zu ergänzen.

 

  • Was ist CITES? Das Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten frei lebenden Tieren und Pflanzen (Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora: CITES), in Deutsch als das Washingtoner Artenschutzübereinkommen (WA) bezeichnet, wurde bereits 1973 angesichts des dramatischen Rückgangs vieler Arten durch Wilderei und Handel geschlossen. Deutschland gehört zu den Erstunterzeichnern. International trat CITES 1975 in Kraft. Inzwischen gehören dem Übereinkommen weltweit 181 Vertragsparteien an, also mehr als 85 Prozent aller Staaten der Welt. Es umfasst derzeit etwa 5.000 Tier- und 29.000 Pflanzenarten.
  • Baumarten schützen durch CITES? Baumarten können nur dann in CITES aufgenommen werden, wenn sie international gehandelt werden und außerdem biologische Kriterien und einen Vorsorgeansatz erfüllen. Die Vorschläge sollten wissenschaftlich fundierte Informationen zu Verbreitung, Artbiologie und Ökosystem, Populationen,  Gefährdungsstatus, legalem und illegalem Handel, Nutzung und Erkennbarkeit enthalten. Hierzu sind umfangreiche Untersuchungen notwendig, die oft von den entwickelten Staaten finanziert und in Kooperation mit den Verbreitungsländern durchgeführt werden. Der Vorschlag zur Aufnahme in einen CITES-Anhang wird bei den alle 2 bis 3 Jahre stattfindenden Vertragsstaatenkonferenzen vorgelegt und muss mit Zweidrittelmehrheit angenommen werden. Entscheidungen sind allerdings nicht selten politisch motiviert, was bedeutet, dass gut begründete Vorschläge zur Aufnahme von Baumarten abgelehnt und Vorschläge mit wissenschaftlich dürftiger Substanz angenommen werden können.