Mehr Mut für Erneuerbare Energie!

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) war vor über 20 Jahren die Initial­zündung für eine ökologisch nachhaltige Energiepolitik. Mit Vorrang- und Vergütungsregelungen für Strom aus Wind- und Solarenergie und weiteren Techniken gelang es, dass trotz anfänglich hoher Technikpreise in Solar und somit in die Zukunft investiert wurde. Die Solar- und Windpioniere entwickelten die Technik weiter, so dass sich die Systemkosten verringerten. Mit der Einspeisevergütung sicherte die Bundesregierung den wirtschaftlichen Betrieb der Anlagen und bot damit einen Investitionsanreiz. Das Gesetz war die Grundlage für eine erfolgreiche Klima­schutzpolitik. Zu Recht wurde es weltweit anerkannt und nachgeahmt.

Das EEG war ein Erfolg! Und genau deshalb brachte es negative Folgen für die fossil-atomare Energiewirtschaft. Man erkannte, dass eine zentral organisierte, fossil-atomare Energieversorgung durch eine von Bürger*innen dezentral organisierte Versorgung ersetzt werden kann. Deshalb wurde das EEG in die Mangel genommen und von einer Novelle zur nächsten bürokratisch aufgebläht. Umfasste das EEG 2000 nur 12 Paragrafen, zählt die heutige aktuelle Fassung weit über 100! Mit umfassenden Regelungen sowie Vorschriften zum Netzanschluss und zur Anmeldung sind viele Anlagenbetreiber überfordert. Restriktionen und Strafzahlungen (Pönalen) bei Nichteinhaltung der gesetzlichen Vorgaben bereiten zudem oft Investitionssorgen. Mit dem Ballast angegliederter Gebührenordnungen und Verordnungen zur detaillierten Ausgestaltung und behördlichen Verwaltung kommen mittlerweile nur noch Insider zurecht.

Energiewende stockt

Nicht nur Betroffene und Klimaschutzorganisationen beklagen seit Jahren die massive Bürokratie des Gesetzes. Auch Jurist*innen und Branchenfachleute sind zunehmend überfordert, sichere Auskünfte und klare Investitionshilfen zu geben. Die Energiewende gerät ins Stocken – und das nicht erst seit 2021.
Auch mit dem neuen EEG 2021 vermittelt die Bundesregierung den Eindruck, die Energiewende müsste in jährliche planwirtschaftliche Ausbauziele gepresst werden. So schreibt das Gesetz vor, den Anteil des aus Erneuerbaren Energien erzeugten Stroms am Bruttostromverbrauch auf 65 Prozent im Jahr 2030 zu steigern. Das ist nicht nur völlig ambitionslos und ignoriert die Poten­tiale von Wind und Solar. Die Zielsetzung basiert auch auf viel zu geringen Annahmen des Bruttostromverbrauchs, denn die Umstellung der Wärmeversorgung und des Verkehrs auf Strom, der Ausbau der Speicher und die notwendige CO2-Rückholung wurden nicht mitgedacht. Das EEG 2021 ist damit eine Kapitulation vor den immer drängender werdenden Klimaschutzverpflichtungen.

Denn es ist geradezu existentiell, die Investitionsbereitschaft der Bürger*innen und Unternehmen in Erneuerbare Energien anzuregen. Fossile und atomare Techniken müssen schnellstmöglich durch Wind-, Solar- und andere emissionsfreie Energieerzeugungsanlagen ersetzt werden. Die Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphäre erreicht mit 420 ppm bereits bedrohliche Werte. Trotz pandemiebedingtem Rückgang der CO2-Emissionen um sieben Prozent wurden rund 34 Milliarden Tonnen CO2 ausgestoßen, so die Ergebnisse aus dem Global Carbon Projects. Dass auch im neuen EEG klare Ausbaudeckel bei Wind- und Solarenergie festgelegt sind, ist der falsche Weg. Wir brauchen einen ungehinderten Ausbau der Erneuerbaren. Zwar ist es erfreulich, dass im neuen EEG erstmals Agrar-Photovoltaik und Floating-Photovoltaik als Optionen aufgeführt werden. Allerdings ist zu erwarten, dass die definierte Vergütung für die neue Systemtechnik zu gering sein wird.
Ebenso problematisch sind die sinkenden Einspeisevergütungen für Strom aus Photovoltaikanlagen. Mit nur noch 8,16 Ct/kWh für Kleinanlagen (< 10 kWpeak, Januar 2021) ist die Einspeisevergütung für einen wirtschaftlichen Betrieb oft nicht mehr ausreichend.
Auch in Kombination mit dem Eigenverbrauch wird es häufig eng. Darüber hinaus besteht das Problem, dass Photovoltaikanlagen für den Eigenverbrauch optimiert werden und dringend benötigte Flächen für die Energiewende ungenutzt bleiben. Der Solarenergie-Förderverein-Deutschland (SFV) fordert deshalb schon seit Jahren, die Einspeisevergütung so stark anzuheben, dass mit Photovoltaik (PV) auch bei Netzeinspeisung Renditen erzielt werden können. Nur so können die vorhandenen Flächen optimal ausgenutzt werden. Im EEG 2021 hat die Bundesregierung  es nun wieder verpasst, Abhilfe zu schaffen und die Einspeisevergütungen auf ein Niveau anzuheben, das einen wirtschaftlichen Betrieb von Kleinanlagen ermöglicht. Viele Kommunen haben sich heute schon entschlossen, außerhalb des EEG Fördergelder zu zahlen, um die Investitionsbereitschaft in Photovoltaik wieder anzukurbeln.
Die Liste der problematischen Regelungen und Restriktionen lässt sich leider noch weiter fortsetzen. Viel Bürokratie wurde aus dem Vorgänger-EEG mitgeschleppt anstatt sie aufzulösen. Einige Lichtblicke gibt es allerdings dennoch.

Der SFV hat gemeinsam mit anderen Klimaschutzorganisationen und Unterstützer*innen dafür gekämpft, dass die EEG-Umlage auf Eigenversorgung aus PV-Anlagen abgeschafft wird. Hier gibt es kleine Erfolge. Die Schwelle, ab der 40 Prozent EEG-Umlage auf selbst verbrauchten Strom gezahlt werden muss, wird von 10 Kilowatt (EEG 2017) auf 30 Kilowatt (EEG 2021) angehoben, auch für Bestandsanlagen. Und Mieterstrom ist nun auch für deutlich größere Anlagen bis 750 Kilowatt möglich. Was allerdings fehlt, ist die Gleichstellung von Mieterstrom mit der Eigenversorgung. Hier setzt die Bundesregierung europarechtliche Vorgaben nicht um. Der SFV wird weiterhin viel Druck machen, damit sich das ändert.

Protest hat gewirkt

In den letzten Monaten warfen die Regelungen des EEG 2017 zum Weiterbetrieb von Ü20-PV-Anlagen ihre Schatten voraus. Das sind Anlagen, die jetzt 20 Jahre alt sind und deren EEG-Förderung  endet. Für diese Altanlagen schrieb das geplante neue EEG komplexe Direktvermarktungsregelungen, Smart-Meter-Einbaupflichten und die EEG-Umlage auf Eigenversorgung vor. Zu Recht protestierten zahlreiche Anlagenbetreibe*innen und äußerten die Sorge, ob der Weiterbetrieb einer voll funktionstüchtigen Ü20-PV-Anlage unter diesen Bedingungen noch möglich sei. Ein wirtschaftliches Desaster schien unvermeidlich und der Abbau von intakter Technik unabwendbar. Auch hier protestierte der SFV.
Mit zahlreichen politischen Aktionen, aufklärenden Vorträgen, öffentlichkeitswirksamen Petitionen und Anhörungen setzten wir uns dafür ein, dass bürokratische Hürden abgebaut und einfache, wirtschaftlich tragbare Lösungen für den Weiterbetrieb der Ü20-Anlagen gefunden werden. Wie diese Lösungen ausschauen könnten, haben wir in einem Gutachten, das gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie und der Kanzlei Gaßner, Groth und Siederer erstellt wurde, aufgezeigt.  

Wir hatten in Teilen Erfolg: Der größte Teil der Pionier-Anlagen, deren Einspeisevergütung zum 01.01.2021 ausläuft, muss nun entgegen den vorherigen Plänen nach EEG 2021 keinen Smart Meter installieren und kann die Anlagen auf Eigenversorgung umstellen ohne darauf EEG-Umlage zu zahlen. Smart Meter sind erst ab sieben Kilowatt verpflichtend, und die EEG-Umlagebefreiung bis 30 Kilowatt gilt nun unabhängig vom Datum der Inbetriebnahme, somit auch für ausgeförderte Anlagen.
Für den ins Netz eingespeisten Überschussstrom kann die sonstige Direktvermarktung oder eine Anschlussförderung in Höhe des Marktwertes abzüglich der Vermarktungskosten in Anspruch genommen werden. Das ist zu wenig und wir setzen uns daher weiterhin für die Einführung eines Umweltbonus ein.

Wie kann es weitergehen?

Wir brauchen dringend Lösungen für einen beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren. Auf Freiwilligenbasis und unter dem Regime eines zukunftsblinden Marktes wird die Energiewende kaum das erforderliche Tempo aufnehmen. Deshalb diskutieren Expert*innen schon länger, ob es überhaupt noch genügt, das EEG in Teilen zu reformieren und den bürokratischen Ballast abzuwerfen.

Doch wie soll das EEG gestaltet werden? Es reicht schon lange nicht mehr, mit einer Überarbeitung Bewährtes aus Vorgängerversionen wiederherzustellen. Die gesetzlichen Vorgaben müssen weiterentwickelt werden. Und wir benötigen einen immensen Investitionsschub für die Erneuerbaren Energien, um das fossil-atomare Energiesystem vollständig in kürzester Zeit abzulösen. Alle Sektoren müssen umgestellt werden: die Wärme- und Kälteversorgung der Gebäude und der Industrie, das Verkehrswesen, die Grundstoff- und Petrochemie sowie die Landwirtschaft.  Die vollständige Umstellung auf Erneuerbare Energien kann nur dann gelingen, wenn Stromspeicher auf- und ausgebaut werden.
Gemeinsam mit anderen Klimaschutzorganisationen hat der SFV eine Initiative für „100% Erneuerbare Energien bis spätestens 2030“ gegründet. Wir haben uns an einem Runden Tisch Erneuerbare Energien zusammengefunden, um Strategien für eine effiziente Öffentlichkeitsarbeit zu entwickeln. Der SFV hat bereits im Frühjahr 2020 ein Arbeitspapier für ein neues Energiewendegesetz veröffentlicht. Aktuell erarbeiten wir Eckpunkte für eine vollständige Energiewende bis spätestens 2030.

2021 wird ein Super-Wahljahr. In Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin stehen Landtagswahlen an. Und zum ersten Mal seit Beginn der massiven Klimaproteste von Fridays for Future wählen die Bürger*innen einen neuen Bundestag. Wir sind gespannt, welche Antworten die Politik auf diese unüberhörbaren Meinungsbekundungen der Wähler*innen bietet.
Das neue Jahr fordert also sehr viel Einsatz, denn es liegt an UNS, Politik aktiv zu gestalten. Wir freuen uns, wenn Sie uns dabei unterstützen.

Weitere Informationen unter:
www.sfv.de
https://energiewende-2030.de