Keine Feuer für Tierfutter
Brandrodung, Abholzung und intensive Viehzucht sind eine Katastrophe für das Klima und die Biodiversität
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Die Medienberichte über die Waldbrände in Südamerika haben viele Menschen entsetzt. Allein in den letzten Monaten wurden schätzungsweise mehr als drei Millionen Hektar Wald in Brasilien vermutlich unwiederbringlich vernichtet. Das entspricht in etwa der Größe Belgiens. Im angrenzenden Bolivien fielen vermutlich zwei Millionen Hektar den Flammen zum Opfer. Das ist eine Katastrophe für unser Klima und die Biodiversität. Denn die Tropenwälder sind nicht nur die artenreichsten Wälder weltweit, sie speichern auch besonders viel Kohlendioxid, das nun freigesetzt wird.
Bolsonaro facht die Brände an
Anders als in Wäldern der gemäßigten Breitengrade ist dort besonders viel CO2 in den Pflanzen und weniger in den Böden gespeichert, da die fruchtbare Bodenschicht nur sehr dünn ist. Werden diese Wälder einmal gerodet, wird der Humus häufig rasch weggespült. Eine Wiederaufforstung, die die Artenvielfalt der alten Wälder auch nur ansatzweise wiederherstellt, wird sehr schwierig, wenn nicht unmöglich. Es gibt allein in Brasilien Millionen Hektar brachliegendes Land und degenerierte Viehweiden. Obwohl die Bodendegeneration ein großes Problem ist, ist es mit entsprechender nachhaltiger Landbewirtschaftung möglich, diese Flächen dauerhaft landwirtschaftlich zu nutzen. Das ist allemal ökologischer und wirtschaftlicher als immer wieder neue Waldflächen zu roden.
Angefacht wurden die Feuer unter anderem vom brasilianischen Präsidenten Bolsonaro, der vor allem die Interessen der mächtigen ökonomischen Akteure bedient und die Umweltvorschriften massiv gelockert hat. Seit seinem Amtsantritt werden Umweltschützer*innen und Indigene verfolgt und unterdrückt. Aber Brasilien fackelt keineswegs alleine. Großfeuer wüten auch in Peru und Paraguay, am wildesten aber in Bolivien. Der dortige Regierungschef Evo Morales duldet mit seinem Dekret 3973 nicht nur die massenhafte Brandrodung des Urwalds, er fördert sie systematisch.
Die Brände haben auch die Frage aufgeworfen, ob und wie wir von den südamerikanischen Regierungen einen umfassenden Schutz ihrer Wälder verlangen können. Für viele Menschen in Südamerika ist es legitim, den Urwald für ihre wirtschaftlichen Interessen zu nutzen. Auch linksgerichtete Politiker*innen wie Morales sehen die Brandrodungen als Akt, um gleiches Recht für alle zu schaffen. Die Empörung und die Einmischung Europas werden zum Teil als aggressive und ungerechtfertigte neokolonialistische Einmischung begriffen. Das sollten wir berücksichtigen und vor allem darauf pochen, dass langfristig nur die nachhaltige Nutzung der Flächen Wohlstand für alle bringen wird.
Richtig ist vor allem, dass unser Hunger nach Fleisch, Eiern und Milch die Brände anfacht. Ein Großteil wird gelegt, um Flächen für die Weidehaltung und den Sojafuttermittelanbau zu schaffen. Während Rindfleisch dort noch vor allem für den heimischen Markt produziert wird, wächst im Amazonas das Futter für die industrielle Massentierhaltung hier bei uns. Ohne die massenhaften Sojaimporte würde unsere Tierproduktion zusammenbrechen. Allein für den deutschen Eiweißfutterbedarf wird eine Fläche von der Größe Mecklenburg-Vorpommerns außerhalb Deutschlands benötigt. Wenn wir die südamerikanischen Tropenwälder schützen wollen, sollten wir also zunächst auf unsere Konsummuster und die Lieferketten der Unternehmen blicken, die uns mit Produkten versorgen, deren Herstellung ein hohes Entwaldungsrisiko hat.
ROBIN WOOD zeigte in der Vergangenheit immer wieder auf: auch in unserem Supermarktregal landen tierische Produkte aus Tropenwaldzerstörung. Große Supermarktketten wie Netto Markendiscount verkauften zum Beispiel Geflügel, das sehr wahrscheinlich auch mit Soja des Agrargroßhändlers Cargill aufgezogen wurde. Soja von Cargill hat das höchste Risiko für zum Teil illegale Entwaldungen und damit verbundene Menschenrechtsverletzungen.
Wir fordern daher von allen Unternehmen, Lieferverträge zu beenden, die für die Zerstörung von Wäldern und anderen natürlichen Ökosystemen oder illegalen Landnahmen verantwortlich sind. Unternehmen und Supermärkte müssen von ihren Zulieferern Nachweise verlangen, dass alle Produkte des Herstellers nicht direkt oder indirekt mit Entwaldung oder Menschenrechtsverletzungen in Verbindung stehen und nachhaltige landwirtschaftliche Praktiken angewendet werden. Sonst könnte eine Firma ihre entwaldungsfreien Produktchargen an Unternehmen verkaufen, die dies verlangen, während sie Produkte aus Entwaldung und Menschenrechtsverletzungen auf Märkten mit niedrigeren Ansprüchen vermarkten.
Lieferketten müssen endlich entwaldungsfrei sein
Über 80 Prozent der Entwaldungen geschehen für die industrielle Produktion von Konsumprodukten wie Fleisch, Soja, Palmöl und Papier. Den großen Supermarktketten ist längst bewusst, dass sie einen großen Anteil daran haben. Es gibt zahlreiche Initiativen, die das Ende der Waldzerstörung fordern. So hat etwa das Consumer Goods Forum (CGF), eine Initiative von 400 Supermarktketten und Konsumgüterherstellern, 2010 das Ziel formuliert, bis 2020 keine weitere Nettoentwaldung durch den Import von Gütern wie Soja, Palmöl und Papier sowie Produkten, die daraus hergestellt werden, mehr zu verursachen.
Das heißt, sie haben versprochen, dass nächstes Jahr ihre Lieferketten entwaldungsfrei sind. Tatsächlich wird aber keine einzige Supermarktkette dieses Versprechen halten können. Mitglieder des CGF sind u.a. der US-Riese Walmart und die deutschen Unternehmen REWE und Metro.
Im Oktober fand in Berlin der Nachhaltigkeitsgipfel der CGF-Mitglieder statt. Aktivist*innen von ROBIN WOOD haben dort mit großen aufblasbaren Würfeln auf den Zusammenhang zwischen dem Konsum von Supermarktprodukten wie Fleisch und Schokolade und der massiven Zerstörung von Tropenwäldern in Südamerika aufmerksam gemacht und auf das Scheitern der Supermärkte beim Waldschutz hingewiesen. Die Aktivist*innen machten Druck, damit die Unternehmen endlich verbindlich und transparent für entwaldungsfreie Lieferketten sorgen.
ROBIN WOOD fordert die Bundesregierung außerdem zusammen mit 64 anderen Organisationen auf, bis 2020 ein Lieferkettengesetz auf den Weg zu bringen, das deutsche Firmen und Unternehmen, die auf dem deutschen Markt tätig sind, gesetzlich zur weltweiten Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards verpflichtet. Denn sich langfristig auf den guten Willen aller Unternehmen zu verlassen, wird nicht funktionieren.
Bei Schäden an Menschen und Umwelt müssen die Unternehmen haftbar gemacht werden können. In Frankreich und Finnland gibt es schon ähnliche Gesetze. Auch auf EU-Ebene gibt es entsprechende Bestrebungen von Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen.
Drastische Reduktion der Tierproduktion in Deutschland ist nötig
Letztendlich brauchen wir eine drastische Reduktion der Tierproduktion in Deutschland. Die Erde hat einfach nicht genug Fläche, um genug Futter für unseren Massenkonsum an Fleisch, Eiern und Milch nachhaltig zu produzieren. Wenn Unternehmen nun verstärkt auf zertifiziertes Soja und zum Beispiel auf Soja aus dem Donaugebiet setzen, leiden die dortigen Ökosysteme. Die Probleme dürfen nicht in andere Regionen verlagert werden.
Unser Konsum geht auf Kosten des Klimaschutzes, der für die Artenvielfalt unverzichtbaren Ökosysteme sowie der Menschen in den Anbaugebieten, denen wir die Flächen für den eigenen Nutzen entziehen. Wir sollten maximal nur so viele Tiere halten, wie wir mit unseren Flächen hier auch füttern können. Was wir jeden Tag konsumieren, hat einen Einfluss auf unsere Wälder.