Feuer für Biodiesel

Mit über 50 Prozent der weltweiten Produktion ist Indonesien der weltgrößte Produzent von Palmöl. Der Raubbau für Palmölplantagen ist ungebremst, denn gerade ist ein neuer Boom von Palmöl für Diesel entfacht. Um Flächen für Plantagen zu schaffen, wüteten dort 2015 verheerende Waldbrände.

Insgesamt brannte eine Fläche von der Größe Sachsens ab. Giftiger Smog breitete sich über weite Teile Südostasiens aus. Eine halbe Million Menschen musste wegen Atemwegserkrankungen im Krankenhaus behandelt werden. Die Brände bedeuteten auch ein Desaster für den Klimaschutz. Denn etwa 60 Prozent dieser Feuer wüteten auf Torf-Sumpf-Flächen, auf denen bei Bränden bis zu 50 mal mehr CO2 entsteht als bei gewöhnlichen Waldbränden. Schätzungen gehen davon aus, dass in 2015 durch die Brände in Indonesien fast 3,5 mal so viel CO2 emittiert wurde wie in 2013.

Für die Brände sind zum größten Teil Plantagenbesitzer verantwortlich, die das Land mit Feuer auf industrielle Monokulturen vorbereiten. Dass dies illegal ist, schreckt die wenigsten von ihnen ab. Die Regierung Indonesiens hatte diesen illegalen Praktiken nur sehr wenig entgegenzusetzen. Nach Angaben von Global Forest Watch befanden sich 54 Prozent der Brände auf Konzessionsflächen von Palmölfirmen und 41 Prozent auf jenen von Zellstoffproduzenten.

Regenwald im Tank

In der Hälfte aller deutschen Supermarktprodukte steckt Palmöl. Viele VerbraucherInnen wissen mittlerweile, dass es in Lebensmitteln, Kosmetika und Reinigungsmitteln enthalten ist. Inzwischen wird ein stetig wachsender Anteil in Automotoren verbrannt. Während 2006 in der EU nur neun Prozent des importierten Palmöls zu Treibstoff wurden, fließt mittlerweile rund ein Drittel in die Biodieselproduktion. Bei einer gleichbleibenden Menge im Lebensmittel- und Reinigungsmittelbereich in Europa geht die gesteigerte Nachfrage nach Palmöl fast ausschließlich auf das Konto des Biosprits.

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Luftbild einer Palmöl-Plantage.
Foto ▸ ROBIN WOOD

Den meisten Menschen, die normalen Dieselkraftstoff tanken, würde nicht im Traum einfallen, dass sie mit jeder Tankfüllung ein Stück Regenwald vernichten. Jede Diesel-Tankfüllung in Deutschland basiert im Schnitt zu 1,8 Prozent auf Palmöl, also rund ein Liter Palmöldiesel pro Füllung. Und das ist wahrscheinlich nur der Anfang eines neuen Palmölbooms.

Fauler Deal mit der Autoindustrie

Der starke Zuwachs an Palmöldiesel ist vor allem auf falsche politische Weichenstellungen zurückzuführen. Der Einsatz von Biokraftstoffen wird in der EU durch die Beimischungsquote geregelt. Dabei beruhte die Beimischungsquote von Anfang an auf einem faulen Deal zwischen der EU und insbesondere den deutschen Autobauern, die sich jahrelang erfolgreich dagegen gewehrt haben, dass ihre Fahrzeuge niedrigere Verbrauchswerte erreichen müssen. Um Daimler, VW, BMW & Co. vom Druck zu befreien, ihre Autos effizienter zu machen, wurde 2005 von der deutschen Regierung die Idee mit der Beimischung entwickelt und in der EU durchgesetzt. Damit sollten Treibhausgas-Emissionen verringert werden, die durch die laschen Vorgaben von Verbrauchswerten nicht eingespart werden konnten.

Nur sehr langsam setzte sich die Erkenntnis durch, dass Biokraftstoffe oft eine dramatisch schlechtere Klima- und Ökobilanz als fossile Kraftstoffe haben. Besonders Palmöl ist ein Klimakiller. Erst im April 2015 verständigte sich die EU auf eine Obergrenze von 7 Prozent für Agrokraftstoffe aus Feldfrüchten. Damit rückte die EU erstmals vom 10 Prozent-Ziel für das Jahr 2020 ab. Die beschlossene Obergrenze ist ein langer überfälliger und wichtigerer Schritt, der aber längst nicht weit genug geht. Denn auch die nun beschlossenen 7 Prozent bedeuten fast eine Verdoppelung des Biokraftstoffanteils gegenüber dem heutigen Niveau von etwa 4,8 Prozent in der EU.

Bis vor wenigen Jahren wurde Kraftstoff auf der Basis von Palmöl dem Dieselkraftstoff vor allem im Sommer beigemischt. Denn Palmöldiesel verklumpt bei niedrigen Temperaturen sehr schnell und kann daher im Winter nur sehr begrenzt eingesetzt werden. Er muss auch mit anderen Biodiesel-Komponenten gemischt werden, weil sonst die vorgeschriebenen Qualitätsstandards nicht erfüllt werden. Trotz allem ist der Palmölanteil auch am herkömmlichen Biodiesel bereits sehr hoch. Im Jahresdurchschnitt 2013 basierten etwa 26 Prozent der Produktion auf frischen Palmöl.

Neuer Biokraftstoff besteht zu fast 100 Prozent aus Palmöl

Seit einigen Jahren gibt es nun einen Biokraftstoff neuer Generation: die hydrierten Pflanzenöle (HVO). Die HVO sind so rein, dass sie das ganze Jahr über in fast beliebiger Höhe ohne Qualitätseinbußen Dieselkraftstoff beigemischt werden können.

Da Palmöl billig ist, das HVO-Verfahren am besten mit Pflanzenölen mit gesättigten Fettsäuren wie Palmöl funktioniert und beim Einsatz von Palmöl zudem deutlich weniger Wasserstoff benötigt wird, besteht dieser neue HVO-Dieselkraftstoff zu fast 100 Prozent aus Palmöl. Rapsöl, dem bisher wichtigsten Rohstoff für herkömmlichen Biodiesel, eignet sich dagegen kaum als Rohstoff für HVO und ist aufgrund seines höheren Preises auch wirtschaftlich langfristig weit weniger attraktiv. Die Nachfrage nach Palmöl könnte daher schnell noch weiter in die Höhe schnellen.

International sieht die Lage noch düsterer aus: Zahlreiche Länder fördern den Einsatz von Biokraftstoffen bereits intensiv. So befeuert zum Beispiel Indonesien mit einer aggressiven Subventionierung den Einsatz von Palmöldiesel und damit den Ausbau des Ölpalmanbaus im eigenen Land.

Bisher werden HVO in Deutschland noch nicht produziert. Sie kommen in erster Linie aus Rotterdam, wo das finnische Kraftstoffunternehmen Neste Oil eine eigene Raffinerie besitzt. Neste Oil, das mit dem südostasiatischen Palmölgiganten Wilmar zusammenarbeitet, hat den Palmöldiesel als erstes auf den Markt gebracht. Mittlerweile haben auch andere Kraftstoffproduzenten wie Total und Eni das HVO-Geschäft für sich entdeckt. Seit einigen Jahren steigt der Anteil der HVO an herkömmlichem Biodiesel, abgesehen von einigen Ausreißern, steil an! Das goldene Zeitalter für Palmölsprit beginnt womöglich gerade erst.