EU-Taxonomie: Kein grünes Label für Gas und Atom!

Die Taxonomie ist das neue Regelwerk der EU-Kommission, mit dem sie ihren „Green Deal“ umsetzen möchte. Seit November letzten Jahres werden die Vorschläge der Kommission kontrovers diskutiert.

Die EU-Taxonomieregeln sollen Investor*innen helfen, „nachhaltiger“ Entscheidungen zu treffen. Hier gelistete Sektoren profitieren potenziell von Förderungen in Milliardenhöhe. Darum ist es wichtig, dass nur tatsächlich erneuerbare Energien das „grüne Label“ der EU bekommen. Die Richtlinien gelten für private, nicht aber für öffentliche Investitionen. Im nun vorliegenden Entwurf der Taxonomie will die EU ihr grünes Label neben erneuerbaren Energien, wie z. B. Sonne und Wind auch der großindustriellen Holzverbrennung sowie Atom und Erdgas geben.

Der Entwurf sieht vor, dass bis 2045 Genehmigungen für neue Atomkraftwerke und bis 2030 Genehmigungen für neue Erdgasprojekte gefördert werden. Bei Erdgas kommen weitere Kriterien dazu: So soll ab 2026 ein Anteil von 30 Prozent und ab 2030 von 55 Prozent sogenannter erneuerbarer Gase, wie z. B. Wasserstoff, in den Kraftwerken verbrannt werden. Dabei darf auch mit der umstrittenen CCS-Technologie (Carbon Capture and Storage) CO2 aufgefangen und im Boden gespeichert werden, um den erforderlichen Anteil an CO2 Einsparungen zu erreichen. Ob das möglich ist, stellt sogar die Erdgaswirtschaft in Frage. Die Aufnahme von Erdgas, Atomkraft und Biomasseverbrennung in die Taxonomie untergräbt eindeutig die Glaubwürdigkeit des sogenannten europäischen Green Deals und sendet international ein verheerendes Signal. Michael Bloss, Abgeordneter der Grünen im EU-Parlament, sagt dazu: „Atomkraft und Gas in die EU-Taxonomie aufzunehmen, ist wie ein Ei aus Käfighaltung als Bio zu stempeln“. Viele Umweltorganisationen und Bündnisse glauben, dass diese Regelungen ein Deal zwischen Frankreich und Deutschland sind. Kanzler Olaf Scholz hat sich für ein grünes Erdgas-Label in der Taxonomie eingesetzt und Frankreich hat dafür das Label für die für sie extrem wichtige Atomkraft bekommen.

Ein Deal, der mit Blick auf den Koalitionsvertrag der Ampel nicht verwunderlich ist. Darin wird Erdgas als Brückentechnologie bis 2045 aufgeführt. Ein Regierungssprecher kommentierte den EU-Entwurf so, dass nach dem Ausstieg Deutschlands aus der Kohle- und Atomverstromung Erdgas eine wichtige Brückentechnologie auf dem Weg zur Treibhausgasneutralität sei. Realität ist aber, dass dieser Ausstieg kein Einstieg in die Verstromung von fossilem Erdgas sein darf. Vor diesem Hintergrund ist es schwer zu glauben, dass die neue Regierung ernsthafte Bemühungen zum Klimaschutz und der Einhaltung des 1,5°-Zieles betreiben wird. So wird nach nicht einmal 100 Tagen Amtszeit klar, dass Olaf Scholz sein Versprechen ein Klimakanzler zu sein nicht einhalten kann. Aus der restlichen Bundesregierung kommen gemischte Stimmen zu dem EU-Vorschlag. FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner lobt erwartbar den Vorschlag der EU und hebt hervor, dass die neugebaute Gasinfrastruktur später klimaneutral mit Wasserstoff betrieben werden kann.

Ob dies tatsächlich möglich ist, ist unter Expert*innen stark umstritten. Grünen-Chef und Wirtschafts- und Klima-Minister Robert Habeck sagt zur Aufnahme von Atomkraft in die Taxonomie: „Die Vorschläge der EU-Kommission verwässern das gute Label für Nachhaltigkeit.“ Für ihn ist zumindest fraglich, ob fossiles Gas in die Taxonomie aufgenommen werden sollte. Aber auch er lobt, dass die EU eine Wasserstoffnutzung der Gaskraftwerke ab 2035 plant. Bei den Grünen auf Bundesebene ist damit zumindest bei Erdgas nur schwache Kritik an den EU-Vorschlägen zu hören.

In ihrer Stellungnahme zur EU-Taxonmieverordnung lehnt die Ampelkoalition die Einstufung von Atomkraft als nachhaltig ab und weißt auf die großen Gefahren dieser hin. Erdgas hingegen soll als Brücke zur Umstellung auf ein erneuerbares Energiesystem genutzt und daher in die Taxonomie aufgenommen werden. Damit folgt die Bundesregierung den Forderungen der Erdgasindustrie und setzt sich für eine Absenkung der Emissionsgrenzwerte von Gaskraftwerken ein. Ein Schritt der die sowieso schon schwachen Vorgaben weiter aufweicht.

Um den jetzigen Plan der Taxonomie zu verhindern, müssen sich mindestens 20 EU-Staaten, die 65 Prozent der EU Gesamtbevölkerung repräsentieren, oder 353 EU-Parlamentsabgeordnete dagegen stellen. Dies ist aber sehr unwahrscheinlich, da sich neben Deutschland nur Österreich, Luxemburg, Spanien, Dänemark und Portugal gegen die Aufnahme von Atomkraft aussprechen. In Österreich regt sich deutlicher Widerstand. Das Land überlegt gegen die Aufnahme von Erdgas und Atomkraft in die Taxonomie zu klagen. Die österreichische Klimaschutzministerin Leonore Gewessler sagt dazu: „Weder Atomkraft noch das Verbrennen von fossilem Erdgas haben in der Taxonomie etwas verloren.“

ROBIN WOOD fordert, das Investitionen in klimaschädliche und gefährliche Energien umgehend gestoppt werden müssen. Atomkraft, Erdgas und das Verbrennen von Holz in Großkraftwerken dürfen nicht „grün gewaschen“ werden und müssen aus der Taxonomie verschwinden!