Erfolg für Bialowieza
Europäischer Gerichtshof erklärt Raubbau im Urwald für illegal
Endlich: Der Europäische Gerichtshof stellte am 17. April nun höchst offiziell fest, dass die Steigerung des Holzeinschlags im polnischen Urwald Bialowieza gegen europäisches Recht verstößt. Sowohl gegen die Habitat-Richtlinie als auch gegen die Vogelschutz-richtlinie wurden schwere Verstöße bestätigt. Und fast noch wichtiger für die Zukunft des Waldes: Bei neuen Verstößen wird eine hohe Strafe von mindestens 4,3 Millionen Euro ausgesprochen! Der polnische Ministerpräsident Morawiecki, der erst seit Dezember 2017 im Amt ist, bestätigte, dass Polen „das Urteil natürlich akzeptieren wird.“
Die polnische Regierung hatte im März 2016 erlaubt, den Holzeinschlag in den Wäldern von Bialowieza zu verdreifachen und die Fällungen erst gestoppt, nachdem der EU-Gerichtshof im November 2017 100.000 Euro Strafe pro weiterem Tag angedroht hatte. Der Bialowieza-Wald ist eines der letzten noch weitgehend unberührten Waldgebiete Europas und wurde von der UNESCO zum Weltnaturerbe erklärt. Er gilt als der aller-letzte großflächige Urwald im Tiefland Europas und ist mindestens 8.000 Jahre alt. Neben bis zu 20.000 Tierarten – darunter Wisent, Wolf und Luchs – kommen dort viele tausende Pflanzen und Pilze vor.
Während das Waldgebiet auf weißrussischer Seite komplett als Nationalpark unter Schutz gestellt ist, gilt dies für Polen bisher nur zu etwa einem Fünftel. Ein natürlicher Wald entwickelt sich über viele Jahrhunderte zu einem einzigartigen Ökosystem, wenn der Mensch wie hier nicht eingreift.
ROBIN WOOD hatte als erste größere Umweltorganisation in Deutschland die Kampagne der polnischen Waldschützer*innen unter dem Hashtag #SaveBialowieza unterstützt. Über 1.000 polnische und internationale Aktivist*innen lebten kürzere oder längere Zeit im ‚Camp for the Forest‘, ein Waldcamp von dem aus die Handlungen der Regierung dokumentiert und Fällungen durch gewaltfreie Blockaden verlangsamt wurden. In Deutschland konnte ROBIN WOOD nicht nur mit einer großen Aktion vor dem Polnischen Institut in Berlin, sondern auch mit einem offenen Brief aller großen Umweltorganisationen die öffentliche Aufmerksamkeit aufrechterhalten.
Die UNESCO-Welterbekommission hatte Mitte 2017 verkündet, dass der Status des Bialowieza als Weltnaturerbe gefährdet sei und einen sofortigen Stopp der Fällungen in alten Wäldern gefordert. Jetzt sollte die polnische Regierung gemeinsam mit der Bevölkerung und Nichtregierungsorganisationen einen Prozess starten, der den gesamten Wald als Nationalpark unter Schutz stellt. Besonders gefährlich wäre es jetzt auf den kahlgeschlagenen Flächen Fichten in Monokultur zu pflanzen. Der Wald sollte sich stattdessen weitgehend selbst überlassen bleiben, damit sich die Natur ihren Platz wieder zurückholen kann.
Es ist noch nicht zu spät, Bialowieza dauerhaft zu einem Naturerbe Polens und der Welt zu machen. Dafür braucht es Aufmerksamkeit, klare Schutzregelungen und gute Einbindungen von Zivilgesellschaft und Bevölkerung.
Ein erster Schritt wäre jetzt die Aufhebung der über 300 Klagen gegen Aktivist*innen, die sonst bald von gerichtlichen Verfahren überrollt werden.