To die or not to die?

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Der Schadensverlauf des Waldes, alljährlich gemessen an den Blatt- und Nadelverlusten in den Baumkronen der Waldbäume, ist in den beiden letzten Jahren auf die höchsten Werte seit Beginn dieser Erhebungen im Jahre 1984 geschossen. Dargestellt sind die zusammengefassten Werte aller Waldbäume in den Schadstufen 1 – 4.

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Gestorben wurde in den Wäldern schon immer. Doch die Menge der jährlich abgestorbenen Bäume, die sogenannte Absterberate, schwankte in den letzten zwei Jahrzehnten unspektakulär um einen Wert von 0,2 Prozent. Doch in den letzten beiden Jahren ist die Absterberate rasant angestiegen, zunächst 2019 auf 0,63 Prozent und im letzten Jahr dann auf 1,73 Prozent. Bei der Fichte lag die Absterberate sogar über 4 Prozent.

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Der Laubbaum Buche zeigt im Vergleich zum Nadelbaum Fichte einen seit Jahrzehnten deutlich höheren Anteil an verlichteten Baumkronen.

Keine Frage, die letzten drei Jahre waren so trocken und warm wie wohl noch nie. Und sichtbar wie nie sind auch die Folgen in den Wäldern. Alle haben sie gesehen – die toten, die sterbenden, die welken Bäume. Und wer es nicht mit eigenen Augen in den Wäldern hat sehen können, der hat es dank zahlloser medialer Berichte und Reportagen trotzdem mitbekommen: Der Schadensverlauf des Waldes, alljährlich gemessen an den Blatt- und Nadelverlusten in den Baumkronen der Waldbäume, ist in den beiden letzten Jahren auf die höchsten Werte seit Beginn dieser Erhebungen im Jahre 1984 hochgeschossen.

Nur noch 21 Prozent aller Waldbäume wurden als vital eingestuft. Der Rest zeigt erkennbar erhöhte Blatt- bzw. Nadelverluste, 37 Prozent der Baumkronen sind deutlich bis stark geschädigt.

Gestorben wurde in den Wäldern schon immer. Doch die Menge der jährlich abgestorbenen Bäume, die sogenannte Absterberate, war in der Vergangenheit keine Messgröße, die wirklich auffällige Veränderungen erkennen ließ. Sie schwankte in den letzten zwei Jahrzehnten unspektakulär um einen Wert von 0,2 Prozent. Selbst nach der ersten ungewöhnlichen Dürre im Jahr 2003 blieb sie unter 0,3 Prozent. Doch in den letzten beiden Jahren ist die Absterberate angestiegen, zunächst 2019 auf 0,63 Prozent und im letzten Jahr dann auf 1,73 Prozent.

Die fortschreitende Klimaerwärmung hat mit dieser mehrjährigen sommerlichen Hitze und Trockenheit unübersehbar einen dicken Warnschuss in die Wälder platziert. In manchen Kommentaren von forstlichen Verbänden und Ministerien wird seitdem den Fichten und Kiefern, aber auch den Buchen kaum noch eine Zukunft im Wirtschaftswald zugetraut. Dafür wird die Liste mit Vorschlägen von Ersatzbaumarten aus wärmeren Regionen der Welt immer länger.

Doch schon ein grober Blick in die Details des aktuellen Waldzustandsberichts des Bundeslandwirtschaftsministeriums ergibt ein anderes Bild: Nadelbäume starben während des letzten Jahres deutlich stärker weg als Laubbäume. Insgesamt lag die Absterberate bei den Nadelbäumen bei rund 2,4, bei den Laubbäumen aber nur bei 0,9 Prozent. Fichten hatten dabei die bei weitem höchste Absterberate. Über vier Prozent sind im letzten Jahr bundesweit abgestorben, in Nord­rhein-Westfalen waren es fast 11 und in Hessen sogar 17 Prozent. Die geringsten Absterberaten bundesweit hatten Buchen und Eichen mit 0,3 bzw. 0,41 Prozent. Insgesamt sind deutlich mehr als doppelt so viel Fichten abgestorben als alle anderen abgestorbenen Nadel- und Laubbaum­arten zusammengenommen!

Bemerkenswert und zunächst irritierend ist, dass Buchen und Eichen die geringsten Absterberaten hatten, während ihr Schadensverlauf anhand der Kronenverlichtung sie in den letzten drei Jahrzehnten durchgängig als die am stärksten geschädigten Waldbaumarten ausgewiesen hat. Und umgekehrt: Fichten und Kiefern schienen, gemessen anhand ihrer Nadelverluste, deutlich weniger zu leiden, starben aber jetzt in erschreckendem Umfang ab. Offensichtlich sind Laubbäume deutlich besser als Nadelbäume in der Lage, sehr differenziert über Blattausbildung und Blattabwurf auf Umweltbelastungen und Wasserstress zu reagieren und so dem tödlichen Verdorren eher zu entkommen. Offensichtlich wird allerdings auch, dass das Kriterium der Kronenverlichtung nur als Gradmesser für die Schadensentwicklung der jeweiligen Baumart geeignet ist, nicht aber für den Vergleich zwischen verschiedenen Baumarten.

Kein Baum stirbt aus in Deutschland – auch die Fichte nicht. Aber sie zieht sich offensichtlich und  mit aller Macht wegsterbend aus den plantagenartigen Forsten und aus den mittlerweile zu warmen und zu trockenen, tieferen Lagen zurück – nämlich dorthin, wo sie in Deutschland von Natur aus heimisch ist: in die höheren, kühleren und auch feuchteren Lagen der süddeutschen Mittelgebirge und des Alpenrands, wo auch die Chancen des Borkenkäfers deutlich gemindert sind.

Wer aber im selben Atemzug mit der Fichte auch die Buche verbal gleich mit wegsterben lässt, redet fahrlässig daher. Mag sein, dass sich die Buche künftig aus steileren, sonnenexponierten Süd- und Südwesthängen nach und nach zurückziehen wird. Von solchen Standorten stammten meist die Bilder von flächig absterbenden Buchenbeständen, deren Laubkronen bereits im Sommer braun verfärbt und zum Teil auch schon kahl geworden waren.

Doch dieser vorzeitige Blattabwurf ist bei Laubbäumen – siehe oben – eine Art Notbremse, um sich vor weiterem, letztlich tödlichem Wasserverlust durch die transpirierenden Blätter zu schützen. Da aber die Knospen fürs nächste Jahr bereits im Juli fertig angelegt sind, haben etliche Laubbäume im darauffolgenden Jahr wieder ausgetrieben.

Und, um es noch mal zu betonen. Die Buche ist unter den vier Hauptbaumarten bundesweit diejenige, die mit den insgesamt geringsten Verlusten durch die bislang längste und härteste Dürre gekommen ist.
Und wer mit glänzenden Augen noch immer die aus Nordamerika stammende Douglasie als traumhaften Zukunftsbaum für unsere Wälder propagiert, hat sich ihre Schadensbilanzen in Südwestdeutschland nicht angeschaut. Aus dem in der Tat vor vier Jahrzehnten noch rundum gesund dastehenden Baum ist dort über die Jahre ein Baum geworden, bei dem nur noch weniger als 20 Prozent sind ungeschädigt.

Damit die Wälder sich von den Schäden der letzten Jahre erholen können und – mehr noch – damit die Wälder vor der mit Sicherheit noch zulegenden Klima­erwärmung besser geschützt sind, ist es erforderlich, das Binnenklima der Wälder mit seinen kühleren Temperaturen und seiner höheren Feuchtigkeit besser zu schützen.
Das geht um so erfolgreicher, je weniger das Kronendach durch Baumfällungen durchlöchert wird. Auch sollten umgestürzte Bäume und anderes Totholz weitmöglichst im Wald belassen werden. Das hält die Feuchtigkeit am und auch im Waldboden deutlich länger!

Und überhaupt: Es sollte jetzt endlich verstärkt über die Anpassung der Waldbewirtschaftung an die sich ändernden Klimabedingungen nachgedacht werden, anstatt immer wieder vermeintlich besser geeignete Baum­arten aus anderen Regionen in die Debatte zu werfen, über deren Integrationsfähigkeit in die hiesigen Wälder wir aber so gut wie nichts wissen.

Mehr Infos finden Sie unter: www.robinwood.de/schwerpunkte/waldsch%C3%A4den

Unter https://bmel.de/DE/themen/wald/wald-in-deutschland/waldzustandserhebung.... können die Ergebnisse der bundesweiten Waldzustandserhebung 2020 sowie der Berichte aus den einzelnen Bundesländern  heruntergeladen werden.
Grafiken und Tabellen dazu gibt es gesondert auch unter https://tiwo-wze.shinyapps.io/WZE_app/

 

Der Burgberg im Nationalpark Hainich

Man konnte es schon von Weitem sehen: Es war in den letzten Tagen des Sommers 2019 und die südwestliche Flanke des dicht bewaldeten Burgbergs bis rauf auf die Kuppe sah im oberen Bereich weitgehend schwarzbraun aus – nur noch wenige grüne Baumkronen dazwischen.

Über 80 Prozent dieses Bergrückens ist von Buchen bestanden, deren Laub bereits offensichtlich weitgehend abgeworfen war. Vereinzelt standen dazwischen und noch grün ein paar andere Laubbäume wie Trauben-Eiche, Sommer-Linde, Berg- und Feld-Ahorn. Aus der Nähe war zu sehen, dass einige der kahl aussehenden Buchen im unteren Kronenbereich, der vor Hitze und Sonneneinstrahlung etwas geschützt ist, noch etwas grünes Laub trugen.

Der Gesamteindruck war, dass wohl im nächsten Jahr der größte Teil dieser Buchen nicht mehr am Leben sein würde, zumal bereits die ersten Folgeschäden, wie abgeplatzte Rindenpartien und erste Pilzinfektionen am Stamm, zu sehen waren. Tatsächlich aber ergab eine Erhebung im darauffolgenden Jahr, dass nur etwa zehn Prozent der Buchen abgestorben waren.