Bittere Schokolade
Kakaoanbau zerstört den Tropenwald
Kakao, der Rohstoff für süße Schokolade, schmeckt für die Menschen in den Anbauländern ziemlich bitter. Für die allermeisten Kakaoproduzent*innen ist der Anbau nicht existenzsichernd. Sie schuften unter zum Teil unmenschlichen Bedingungen für ein Einkommen weit unterhalb der Armutsgrenze. In Westafrika verdienen sie im Durchschnitt weniger als einen Dollar pro Tag. Verstöße gegen internationales Arbeitsrecht sind an der Tagesordnung. Pflanzenschutzmittel verseuchen die Umwelt und gefährden die Gesundheit der Menschen, die auf den Plantagen arbeiten.
Auch wenn das Bundesentwicklungsministerium behauptet, dass bereits mehr als die Hälfte der in Deutschland verkauften Schokolade aus nachhaltigen Quellen stammt: Nur ein Bruchteil der in Deutschland konsumierten Schokolade ist glaubhaft nachhaltig und nach Maßgaben des fairen Handels produziert, so dass der Kakaoanbau auch tatsächlich eine nachhaltige Lebensgrundlage ermöglicht. Die Niedrigstpreise für Kakao treiben immer mehr Kakaobäuer*innen in eine Armutsspirale. Das zwingt viele Familien dazu, ihre Kinder aufs Feld statt in die Schule zu schicken. Mehr als zwei Millionen Kinder helfen allein in Westafrika bei der Kakaoernte. Ihre Zahl ist in den letzten Jahren sogar gestiegen.
Kakaoanbau zerstört den Regenwald
In den Hauptanbauländern Ghana und Elfenbeinküste ist der Kakaoanbau zudem der wichtigste Treiber für die Zerstörung des Regenwaldes. Dort nahm die Bedeckung mit natürlichen Wäldern in den letzten drei Jahrzehnten um 70 Prozent ab. Dabei dringt der Kakaoanbau auch immer weiter in Schutzgebiete vor. Bedrohte Arten wie Waldelefanten und Schimpansen stehen dort vor dem Aussterben. Die Verdrängung der Wälder verstärkt die Auswirkungen des Klimawandels und hat bereits Auswirkungen auf die örtlichen Niederschläge. Schon heute leidet der Kakaoertrag massiv unter diesen Änderungen des Mikroklimas. In Zukunft droht die Region viel zu trocken zu werden. Damit ist auch die Zukunft des Kakaoanbaus in der Region gefährdet. Neben Westafrika, der wichtigsten Anbauregion für Europa, wird Kakao in Indonesien, Peru und Ecuador großflächig angebaut. Auch dort ist der Kakaoanbau ein wichtiger Treiber für Entwaldungen.
Der Kakaoanbau und seine bitteren Folgen für die Anbauländer sind für Umweltverbände und Entwicklungsorganisationen seit Jahrzehnten ein Dauerbrenner. Schoko-Giganten wie Mondelez (Milka), Nestlé, Ferrero und Lindt & Sprüngli standen in den letzten Jahren wegen illegaler Entwaldung, Kinderarbeit und missachteten Arbeitsschutzstandards immer wieder in der Kritik. Immer mehr Konsument*innen werden die Folgen ihres Schokokonsums bewusst. Sie wollen ihre Schokolade ohne Kinderarbeit und Umweltzerstörung genießen. Diesem Druck kann sich auch die Schokoladen-Industrie nicht länger entziehen.
In kaum einer Branche gibt es so viele Ansätze und Initiativen: gegen Kinderarbeit, gegen Entwaldung und für nachhaltigere Anbauformen. So haben sich zum Beispiel zahlreiche Kakaohändler*innen und Schokoladenfirmen im Rahmen der „Cocoa & Forests Initiative“ gemeinsam mit den wichtigsten westafrikanischen Anbauländern 2017 dazu verpflichtet, Umwelt- und Sozialstandards einzuhalten. Geschehen ist seither aber viel zu wenig, um die Situation vor Ort wirklich zu verbessern. Untersuchungen der Umweltorganisation Mighty Earth machen deutlich, statt die Abholzung zu stoppen, schreitet sie in den Hauptanbauländern Ghana und der Elfenbeinküste weiter voran. Auch in Schutzgebieten wird weiter gerodet. Aufnahmen von Satelliten, Drohnen sowie Feldrecherchen zeigen, dass allein in der Elfenbeinküste in 2018 eine Waldfläche von der Größe von 15.000 Fußballfeldern zerstört wurde.
Untersuchungen zeigen, dass die großen Agrarhändler, anders als versprochen, weiterhin Kakao von frisch gerodeten Flächen kaufen. Die Schokoladenfirmen werden von nur einigen großen Agrarhandelsfirmen beliefert. Ungefähr die Hälfte des weltweit gehandelten Kakaos wird von nur drei Firmen kontrolliert: Cargill, Olam und Barry Callebaut. Recherchen von Mighty Earth haben ergeben, dass Cargill bis zu 40 Prozent des Kakaos aus der Elfenbeinküste von Flächen innerhalb von Nationalparks und anderen geschützten Gebieten bezieht.
Untenehmen müssen haften!
Umwelt- und Entwicklungsorganisationen sind sich einig: Freiwillige Selbstverpflichtungen und Zertifizierungen werden das Problem alleine nicht lösen. Stattdessen brauchen wir verbindliche, rechtliche Regelungen, die den Import von Kakao aus Entwaldung, Kinderarbeit und unmenschliche Arbeitsbedingungen sicher ausschließen. Wir setzen uns daher für eine verbindliches Sorgfaltspflichtengesetz ein. Das bedeutet aus unserer Sicht, dass Unternehmen nicht nur dokumentieren müssen von wem sie ihre Produkte kaufen, sondern auch effektiv dafür zu sorgen haben, dass zum Beispiel Menschenrechtsverletzungen und Entwaldungen deutlich verringert und in Zukunft verhindert werden. Wir fordern, dass Unternehmen am Ende auch für den durch sie angerichteten Schaden haften, wenn nicht genug unternommen wurde, Missstände zu beheben.
In Deutschland haben der Bundesentwicklungsminister Müller und die Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner zur Grünen Woche im Januar einen 10-Punkte-Plan Kakao herausgegeben. Darin wird zumindest die Option einer gesetzlichen Regelung auf EU-Ebene aufgeführt.
Allerdings bekennen sie sich nicht eindeutig dazu, sondern lassen explizit die Option für Nachhaltigkeitsstandards auf freiwilliger Basis offen. Wir brauchen von deutscher Seite aber ein eindeutiges Bekenntnis zu rechtlich verbindlichen Standards und Sorgfaltspflichten, denn ohne eine starke Forderung aus Deutschland, wird eine entsprechenden Initiative in der EU kaum eine Chance haben.
Die Bundesregierung muss die Gunst der Stunde nutzen und in Deutschland eine verbindliche Sorgfaltspflicht für Unternehmen einführen. Nur so kann sie als Vorreiterin auch direkt beeinflussen, wie spätere internationale Regelungen aussehen werden.
In den letzten Monaten haben sich immer mehr Schokoladenunternehmen für eine rechtlich verbindliche Regelung auf EU-Ebene ausgesprochen. Angesichts einer Vielzahl an privatwirtschaftlichen und nun auch nationalen Vorgaben, erkennen auch sie die Vorteile eines für alle einheitlichen, rechtlichen Rahmens an, der für alle gleiche Regeln setzt. So besteht zum Beispiel in Frankreich seit letztem Jahr eine verbindliche Sorgfaltspflicht, die für alle Unternehmen mit mehr als 5.000 Mitarbeiter*innen gilt. Auch andere Länder erwägen entsprechende nationale Gesetze zu verfassen. Allerdings fordern die entsprechenden Unternehmen im Falle einer verbindlichen Sorgfaltspflicht für sich einen so genannten „sicheren Hafen“, der sie sicher vor Klagen, Strafzahlungen und Schadensersatzforderungen schützt. Das darf es aus unserer Sicht nicht geben.
Unterschriftenaktion gestartet
Seit Ostern läuft zu diesem Thema eine Unterschriftenaktion von ROBIN WOOD. Darin fordern wir große Schokoladenfirmen auf, ihren Beitrag für fairen Kakao zu leisten und Entwaldung sowie Verstöße gegen Menschenrechte und Arbeitsschutzbestimmungen in ihren Lieferketten schon jetzt konsequent auszuschließen.
Außerdem fordern wir faire, existenzsichernde Kakaopreise, Transparenz und Rückverfolgbarkeit und den Umbau hin zu umweltfreundlichen Agroforstsystemen (Waldfeldbau). Letztendlich wird sich die Entwaldung nur stoppen lassen, wenn sich Agroforstsysteme durchsetzen, die einen langfristig nachhaltigen Kakaoanbau ermöglichen.
Unterstützen Sie unsere Forderungen gegen Entwaldung und Ausbeutung in den Anbaugebieten der Schokoladenindustrie! www.robinwood.de/kakaoprotest