Am besten Stoffwindeln

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Praktische, moderne und umweltfreundliche Stoffwindelvielfalt benutzen ...
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... anstelle viele Generationen mit den Folgen der Waldzerstörung und des Mülls zu belasten
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Eltern möchten nur das Beste für ihr Kind, deshalb sind für sie Kleidung und Essen ohne Schadstoffe besonders wichtig. Bei der Wahl der Windeln handeln sie oft nicht umweltbewusst, denn die Mehrzahl der Mütter und Väter verwendet Wegwerfwindeln. Dass sie damit Müllberge und langfristige Probleme für die Umwelt produzieren, scheint vielen nicht klar zu sein. Dabei gibt es gute Alternativen.

Eltern verlieren bei all den anderen wichtigen und schönen Aufgaben schnell den Überblick über die wirkliche Menge an Windelmüll. So werden pro Kind durchschnittlich 6.000 Windeln verbraucht, denn viele Kinder werden heute bis zum 3. Lebensjahr voll gewindelt. Dabei entstehen schätzungsweise 5.000 Liter Restmüll. Der Wegwerfwindelmüll aller deutschen Kinder eines Jahres in durchschnittliche Müllwagen vollgeladen würde einen Stau von Berlin nach Barcelona ergeben. Hinzu kommt Einweg-Zubehör wie Feuchttücher, Windelflies und Stilleinlagen für die Mutter.

Einwegwindeln verursachen nicht nur riesige Müllberge, sondern auch einen besonders langlebigen Kunststoffabfall. Je nach Marke enthalten die Windeln Paraffine, also Erdölprodukte, Superabsorber aus Polymersalzen und optische Aufheller. Dieser Windelmüll ist nicht biologisch abbaubar. Eine Wegwerfwindel benötigt bis zu 450 Jahre bis sie sich zersetzt hat oder hinterlässt umweltschädliche Rückstände bei der Verbrennung. Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Einwegwindel ist Zellstoff, der aus Holz produziert wird – also einem nachwachsenden Rohstoff. Das ist eigentlich eine gute Nachricht. Häufig wird aber nicht bedacht, welche gravierenden Folgen unser immenser Papierverbrauch für die Wälder weltweit, den Natur- und Artenschutz und das Klima hat. Große Mengen Wasser und Energie werden für die Aufbereitung des Holzes benötigt bei hoher Abwasserbelastung. Die wertvollen Primärfasern verlassen nach kurzem Gebrauch die Wertschöpfungskette.

Vielfalt aus Stoff

Mehrere Generationen sind inzwischen mit Wegwerfwindeln groß geworden. Mehrwegwindeln waren dagegen im Alltag kaum noch präsent. Die Dominanz von Pampers und Co. fängt mit einem Begrüßungspaket bei der Vorsorgeuntersuchung oder von Händler*innen an und suggeriert in allgegenwärtiger Reklame die Vorteile der Einwegwindel. Dies bewirkt, dass das Waschen von Stoffwindeln für ein zeitaufwendiges Relikt aus vergangenen Zeiten gehalten wird.
Inzwischen bieten aber immer mehr Hersteller aus Deutschland ein zunehmend großes Angebot unterschiedlicher Windelsysteme an. Aber auch Produkte aus dem europäischen Ausland und der ganzen Welt sind auf dem Markt, die allerdings nach ihrem längeren Transportweg einen größeren CO2-Ausstoß im Gepäck haben. Eine umfangreiche Übersicht, wo und aus welchen Materialien die Stoffwindeln hergestellt sind, ist zu finden bei windelwissen.de.

Eltern können aus einer enormen Vielfalt moderner Stoffwindeln das für sie geeignete System und Design auswählen und ausprobieren. Ein Windelpaket besteht aus Saugkern, Saugeinlagen und Überhosen. Je nach Art sind sie gefaltet, gebunden oder als Höschen gestaltet.
Mit Druckknöpfen oder Klettband versehen, wachsen die Überhosen, die je nach Material mehr oder weniger Nässeschutz bieten, über einen Zeitraum oder auch die gesamte Windelzeit mit. Die Elemente sind einzeln kombinierbar oder fest miteinander vernäht als All-in-one Produkte. Es gibt auch Trainerhöschen für die Zeit der Entwöhnung. Mit Stoffwindeln können Eltern kostengünstig und gesund wickeln. Auch das Zubehör ist waschbar. Das Foxy Baby Wickelsystem bietet sogar einen Wetbag zur Aufbewahrung der Windeln, der so gestaltet ist, dass die benutzten Windeln nicht mehr in die Hand genommen werden müssen, sondern sich der Sack in der Waschmaschine selbst entleert.

Über die selbst entwickelten und in Deutschland hergestellten Produkte hin­aus sind die beiden Gründerinnen von Foxy Baby beratend und unterstützend aktiv und bauen ein deutschlandweites Netzwerk auf. Dazu gehören verschiedene Akteure, die in irgendeiner Weise mit Windeln zu tun haben. Bisher sind es Stoffwindelberater*innen (wie Hebammen, Physiotherapeut*innen, Still- und Trageberater*innen und Apotheker*innen), Kund*innen, Kitas, Landratsämter, Städte und Abfallzweckverbände. Der „Stoffwindelzuschuss“, den Abfallentsorger im Süden Deutschlands anbieten, soll bundesweite Nachahmer finden. Damit die Wickelwende noch schneller gelingt, ist zu empfehlen, dass mehr Menschen und insbesondere Anbieter von Stoffwindeln über ihr bisheriges Engagement hinaus diesem Beispiel folgen.

Mit der Entscheidung für Stoffwindeln würden Eltern einen Beitrag für die Zukunft künftiger Generationen leisten. Bei der positiven Ökobilanz der Mehrwegwindeln hat jede*r auch selbst den Einsatz von umweltfreundlichen Waschmitteln, sparsamer Technik und der Wahl ressourcenschonender Energien in der Hand. Und außerdem sind viele Physiotherapeut*innen überzeugt, dass breiteres Wickeln die gesunde Hüftentwicklung fördert. Ein nicht zu unterschätzender Nebeneffekt ist, dass Kinder, die mit Stoffwindeln gewickelt werden, oft früher lernen ohne Windel auszukommen.

Weitere Informationen:
https://www.windelwissen.de/wo-werden-stoffwindeln-hergestellt/#In_Europ...

 

Ressourcen und Abfall

Die EU-Kommission hat 2014 ein Maßnahmenpaket zur Abfallpolitik vorgestellt, das auf Kreislaufwirtschaft und ein ressourcenschonendes Europa setzt. Im Vordergrund stehen Maßnahmen zur Ressourceneffizienz, die das nicht ausgeschöpfte Recyclingpotential in der EU steigern sollen. Ziele zur Abfallvermeidung finden sich außer im Lebensmittelbereich leider nicht.
Mit dem Paket strebt die EU-Kommission vor allem die Überarbeitung bestehender Richtlinien wie zum Beispiel der Abfallrahmenrichtlinie an, die dann in den Ländern umgesetzt werden müssen, wie es jetzt mit dem Kreislaufwirtschaftsgesetz bei uns geschieht.
Zwar ist das kommunale Abfallaufkommen in der EU inzwischen von 492 kg/Kopf im Jahr 2012 auf durchschnittlich 488 kg/Kopf in 2018 gesunken. Aber Deutschland liegt mit 615 kg/Kopf in 2018 auf Platz 4 (Dänemark 766 kg/Kopf). Bei Betrachtung des gesamten Haushaltabfallaufkommens wird allerdings deutlich, dass nicht Dänemark, sondern Deutschland zu den größten Verursachern gehört.
Auch bei Papier, das zu diesen Abfällen gehört, liegt Deutschland europaweit mit einem Verbrauch von 241 kg/Kopf im Jahr 2018 an vierter Stelle. Während wir 19 kg/Kopf Hygienepapiere verbrauchen, liegt der Durchschnitt in Europa bei 11 kg/Kopf.
Der Altpapieranteil bei in Deutschland hergestellten Hygiene­papieren mit gerade mal 50 Prozent hat großes Ausbaupotential, denn vor 20 Jahren lag er über 70 Prozent. Die Steigerung des Altpapieranteils ist eine Herausforderung, der sich alle Akteure von Papierherstellern bis zu Verbraucher*innen stellen müssen.
In der Prioritätenreihenfolge des Abfallrechts, der sogenannten Abfallhierarchie, steht die Müllvermeidung an erster Stelle. Zweifelsfrei kann Müll aus Hygieneprodukten wie Küchenrollen, Taschentücher, Feuchttücher und Windeln leicht vermieden werden, weil es diese Produkte als Mehrwegvarianten gibt.