Zehn Monate Waldcamp „Trebur bleibt“
Auf den Tag genau zehn Monate nach dem Beginn der Besetzung des Treburer Oberwaldes kam am frühen Dienstagmorgen (6. November) das vorläufige Ende. Mehrere Hundertschaften kamen zeitgleich aus allen Richtungen und kreisten das Waldgelände ein.
Und auf den Tag genau vor 37 Jahren wurde ich hier am Flughafen schon einmal geräumt. Damals stürmte die Polizei früh um fünf das neu errichtete zweite Hüttendorf. Ich verbrachte den gesamten Tag in der Gefangenensammelstelle. Die Protest-Infrastruktur sollte geräumt werden, weil die Polizei am nächsten Tag eine Großdemonstration mit mehreren zehntausend Teilnehmern im Wald erwartete.
Die Zeiten haben sich geändert. Wir sind gerade einmal zwanzig Leute im Camp und stehen einer erdrückenden Übermacht der Polizei gegenüber. Die sichert auch mit einer dichten Polizeikette die Autobahn ab. Offensichtlich gibt es ein Verlaufsszenario der Einsatzplaner , in dem wir auf die Autobahn ausweichen könnten. Allein die Vorstellung erzeugt bei mir ein trauriges Lächeln. Wir bleiben lieber in „unserem“ Wald, solange es geht.
Nach zwei Stunden sind alle Leute, die am Boden geblieben waren, durchsucht, Personalien festgestellt und mit einem Platzverweis entlassen. Die Menschen, welche sich angekettet haben oder auf Plattformen und Baumhäusern sitzen, können die Räumung länger verzögern. Die zieht sich bis in den Nachmittag hin. Immerhin, die Aktion erreicht eine ordentliche Medienpräsenz.
Es gelingt, den Widersinn des Baus von Terminal 3 noch einmal mehr öffentlich zu machen. Hier wird ein Terminal für ein Geschäftsmodell (Billigflieger) gebaut, welches keine Perspektive hat und keine Zukunft haben darf.
Die Klimadiskussion hat uns dabei argumentativen Rückenwind gebracht. Es wird viel über den Ersatz der Kohle diskutiert aber noch zu wenig über den Ersatz der kerosingetriebenen Flugzeuge.
Das Waldcamp steht in der Tradition von 40 Jahren praktischem Widerstand gegen die Erweiterung des Frankfurter Flughafens. Einerseits ist das gut – so manche Politikerin/mancher Politiker schwärmt noch heute vom Startbahn West Hüttendorf – andererseits sind die ewigen Vergleiche auch schlecht für uns. Früher hätte das Thema Massen mobilisiert und man hätte trotzdem verloren, da bräuchte man jetzt gar nicht erst anzufangen. Sagen die Leute und bleiben weg. Aber die Zeiten sind andere. So klein die Besetzung auch war, um so mehr zeigte sie die Alternative zu der größer-schneller- billiger-weiter-Wachstumsideologie der Fraport AG auf.
Wichtig war uns auch aufzuzeigen, dass nicht nur radikale Aktionsformen, sondern in Verbindung damit auch alternative Lebensformen wichtig sind, wenn für Klimagerechtigkeit gekämpft wird.
Das Waldcamp wurde erst durch eine Kampagne gegen das Terminal 3 möglich, die vor fünf Jahren begann und maßgeblich von zwei Aktionswochenenden – Klimacamps im Miniaturformat – geprägt wurde. Organisiert wurden sie von ROBIN WOOD. Es gehört zur ROBIN WOOD-Philosophie, Menschen zu verantwortlichem und umweltgerechtem Handeln zu befähigen und zu ermächtigen. Insofern ist es durchaus in Ordnung, dass das Camp zwar von ROBIN WOOD-Aktivist*innen mitiniitiert wurde, aber das Selbstverständnis eines unabhängigen Widerstandsortes hatte. Maßgeblich dafür wurde die Vernetzung mit anderen „hot spots“, besonders im Hambacher Forst.
Aber auch internationalen Austausch gab es. Viele junge Menschen wurden durch das Camp politisiert und sensibilisiert. Das ist ein Erfolg, der ihm nicht mehr zu nehmen ist.
Der Widerstand gegen das Terminal 3 wird weitergehen. Es muss verhindert werden, dass die Orte im Umland immer mehr an den Flughafen angepasst und zu seinem Vorhof werden. Wer sich vom Flughafen abhängig machen lässt, der leidet mit, wenn Fraport erst einmal in die Klima-Krise kommt. Zum Wachsen verdammt, hat Fraport bereits seit der Mediation Anfang des Jahrtausends fertige Pläne für eine neue Südbahn zur Ergänzung des Terminals 3 in der Schublade. Dafür wurden gezielt Grundstücke aufgekauft. Aus den Erfahrungen mit dem Waldcamp werden wir lernen. Wir haben durchgehalten und sind motiviert weiterzumachen.