Uranzug in Buchholz durch Kletteraktion gestoppt
Aktivist*innen der Hamburger Kampagne und bundesweiter Vernetzung gegen Atomtransporte hatten für den ersten Transport von Uranerzkonzentrat von Hamburg nach Frankreich ab dem 11. März zu Aktionstagen gegen Urantransporte aufgerufen. Es wurden Mahnwachen an diversen Orten entlang der Strecke angekündigt. Als das Schiff Bright Sky der Hamburger Reederei MACS den Hamburger Hafen am 5. April erreichte und Uranerzkonzentrat am Süd-West-Terminal der Firma C. Steinweg löschte, wurde „oranger Alarm“ ausgelöst. Die Container wurde anschließend auf einem Zug verladen. Der Zug hätte den Hamburger Hafen fahrplanmäßig gegen 18 Uhr verlassen müssen. Der Protest vor den Toren der Atomumschlagfirma C. Steinweg am Fukushima-Jahrestag war ihr jedoch offensichtlich zu viel. Unternehmen, die in Atomgeschäfte verstrickt sind, legen gerne Wert auf Diskretion. Die Abfahrt des Zuges wurde um ca. 6 Stunden vorverlegt. Die Mahnwachen im Hamburger Hafen konnten nicht stattfinden. Dafür aber eine spontane Mahnwache in Maschen, wo der Zug rangiert wurde. Und es dauerte nach seiner Abfahrt aus Maschen keine Viertelstunde, bis der Zug eine Zwangspause einlegen musste.
Zwei Kletteraktivistinnen seilten sich am Bahnhof in Buchholz von einer Fußgängerbrücke ab – unterstützt durch ca. 20 weitere Menschen. Die Demonstration über und an der Bahnanlage dauerte bis zur Räumung der Kletterinnen ca. 3,5 Stunden an und sorgte für große Aufmerksamkeit.
Vielen Menschen ist nicht bewusst, dass die Versorgungstransporte der Atomindustrie – die den Weiterbetrieb von Atomanlagen weltweit ermöglichen – unbefristet trotz angeblichem Atomausstieg weiter fahren dürfen. Der in Buchholz angehaltene Transport hatte die Uranfabrik Narbonne Malvési (Süd-Frankreich) zum Ziel. Uranerzkonzentrat ist der Rohstoff, der zur Fertigung von Brennelementen – oder auch Atombomben – genutzt wird. Das Uran kam dieses mal aus Namibia – zum Thema Uranabbau in Afrika ist der Doku-Film „Legacy Warnings“ zu empfehlen.
Es gibt über die Kletteraktion in Buchholz einen Film von Graswurzel.tv.
Und hier der Erfahrungsbericht einer beteiligten Kletterin von ROBIN WOOD:
Luftige Demonstration vergangene Nacht gegen einen Uranzug in Buchholz. Das Uran kommt aus Namibia, wurde nach Hamburg mit einem Schiff der Hamburger Reederei MACS Namen „Bright Sky“ verschifft und bei der Uranumschlagfirma C.Steinweg gelöscht und auf einem Zug verladen. Die angekündigten Mahnwachen im Rahmen der Aktionstage gegen Urantransporte im Hamburger Hafen haben wohl die Atomtransporte Verantwortlichen dazu bewogen, die Zugabfahrt um ca. 6 Stunden vorzuverlegen. Der Protest sollten umgegangen werden – der Plan der Polizei ging jedoch nicht auf. Aktivist*innen spührten den Zug auf. Der Zug fuhr anschließend Fahrplanmäßig und mit großer polizeilichen Begleitung aus Maschen gegen Mitternacht los – und musste kurz vor Buchholz stoppen. Als sie vom Zugstopp erfuhren, seilten sie zwei Aktivist*innen von einer Fußgängerbrücke am Bahnhof mit einem Banner „Don’t nuke the climate“ ab, die Weiterfahrt des Zuges verzögerte sich um ca. 4 Stunden. Die Beteiligten blicken auf eine erfolreiche Aktion zurück: durch die Aktion konnten sie die Öffentlichkeit über die Transporte informieren und ihre Entschlossenheit im Kampf gegen die Atomkraft zeigen.
Die Bundespolizei erklärte, die Aktion sei gefährlich gewesen – in der Absicht politischem Einfluss auf die Aktion zu nehmen und die Aktivistinnen als Lebensmüde darzustellen. Faktisch sorgten die Polizisten in der Tat für Unsicherheit, als sie Seilwache und Vertrauenspersonen der beiden Kletterinnen Platzverweise erteilten und diese dazu nötigten, die Fußgängerbrücke zu verlassen. Diese Personen tragen zur Sicherheit der Kletterinnen bei und sind in der Lage sie bei Problemen zu Unterstützen. Was die Oberleitung angeht: die Kletterinnen wussten selbstverständlich um Sicherheitsabstände Bescheid und waren in der Lage selbst für ihre Sicherheit zu sorgen! Von unten oder von der Seite / Brücke aus konnte die Polizei die besagten Abstände sowieso nicht einschätzen, das konnten nur die Betroffenen selbst. Ist eine Frage des Blickwinkels. Aber der Polizei ging es offensichtlich um Stimmungsmache. Die hat natürlich betonnt, die Aktion sei ein gefährlicher Eingriff in den Schienenverkehr. Nur: ich beteilgte mich nicht zum ersten mal an einer solchen Aktion, es gibt mit Kletteraktionen und Oberleitung Erfahrungswerte (u.a. die spekatakuläre Fuldatalbrücken Aktion beim Castor 2010) und daher ist auch bekannt, dass der vorwurf des gefährlichen Eingriffs Unfug ist. Verfolgt wurden die vergangenen Aktionen als Ordnungswidrigkeit und es kam nichteinmal zu einer Verurteilung!
Sicherheit ist dagegen bei den Atomtransporten, wogegen die Protestaktion sich richtete nicht gegeben. Die radioaktive Fracht fährt mit ganz normalen Güterzügen durch. Der Zug, der in der Nacht gestoppt wurde transportierte wie in anderen Fällen nicht nur Uranerzkonzentrat, sondern andere Gefahrgüter wie Propan und Holz damit im Falle eines Zugunfalles alles schön brennt und die Radioaktivtät verteilt wird. Bei Uranerzkonzentrat besteht die Hauptgefahr anders als bei CASTOR-Transporten nicht in der direkten Strahlung, sondern in der Kontamination durch Einnahme über die Luft und die Nahrung im Körper. Die radioaktiven Partikel setzen sich im Körper fest und richten Schäden an. Die transporte unterliegen keinem besonderen Genehmigungsverfahren, Rettungskräfte werden nicht über deren Durchfahrt informiert und es gibt keinerlei Katastrophenplan.
Außerdem dienen diese Transporte der Versorgung von Atomanlagen weltweit und sie dürfen unbefristet trotz angeblichem Atomausstieg weiter fahren. Wir wollen sie stoppen bevor sie zu gefährlichem Atommüll werden!
Über die Zielanlage der Uranerzkonzentrattransporte in Narbonne Malvési habe ich anlässlich einer Recherchereise ein Dossier gemacht. Darin sieht man, dass Atomkraft überall und jederzeit tötet. Das Dossier ist auf meiner Homepage nachzulesen.
Wie unvorbereitet und unfähig die Behörden sind, zeigte sich bei der Aktion. Die Aktivist*innen konnten trotz hoher Polizeipräsenz und angekündigten Aktionen gegen diesen Transport in aller Ruhe an der Strecke ran kommen und die Aktion durchführen (wie auf dem Video hier zu sehen). Zur Erdung der Oberleitung benötigte die Bundespolizei 2 Stunden und war äußerst chaotisch organisiert, die Beamten mussten erst einmal heraus finden wie es geht.
Die Polizei bat zur Räumung der Protestaktion die Feuerwehr um Amtshilfe, weil die eigenen Einheiten (wie TMHT) frühestens um 6 Uhr früh zur Verfügung gestanden hätten. Die Hamburger Feuerwehr leistete schließlich Amtshilfe, obwohl die Kletterin ausdrücklich erklärten, es gehe ihnen gut und es handele sich nicht um einen Notfall, sondern um eine Demonstration. Die Feuerwehr ist zur Amtshilfe nicht verpflichtet wenn es kein Notfall ist. Der Feuerwehrman der die Kletterin herunter holte, war sehr freundlich.
Die Polizei war nach der Aktion der Meinung, Ersatzbetrafung durch eine willkürliche Ingewahrsamnahme und Misshandlungen auf der Polizeiwache in der Form der Zufügung von Schmerzen, müsse sein. Ein Polizist erklärte, es sei ihm vollkommen egal, dass er da eine rechtswidrige Freiheitsentziehung durchsetze. Atomstaat und grundrechte sind nicht kompatibel.
Ich fasse mich kurz, denn ich habe Schlaf nachzuholen! Bilder der Aktion gibt es auf anderen Seiten.
Eichhörnchen am 8.4.2016