U4-Erweiterung in Hamburg Horn
Großprojekt darf nicht an den Bedürfnissen der Anwohner*innen vorbei geplant werden
ROBIN WOOD setzt sich seit vielen Jahren für eine sozial-ökologische Verkehrswende ein. Wir fordern den Ausbau und die Verbesserung des ÖPNV-Angebots sowie eine sozial-gerechte Preisgestaltung, damit dieser attraktiver wird und mehr Menschen nicht mehr auf den motorisierten Individualverkehr angewiesen sind.
Doch für eine gelungene Verkehrswende ist es auch wichtig, Anwohner*innen so früh wie möglich bei der Planung von Großprojekten einzubeziehen und zu beteiligen. Das zeigt aktuell die Erweiterung der U-Bahnlinie 4 an der Horner Geest in Hamburg. Gegen diese regt sich seit Monaten lauter Protest der Bürger*inneninitiative „Rettet Horn“, die bereits 3500 Unterschriften gegen die geplante U4-Erweiterung gesammelt hat.
Auch wenn einige Anwohner*innen den Ausbau der U4 nicht grundsätzlich ablehnen, wird vor allem Kritik an der offenen Bauweise laut. Denn dieser Bauweise sollen fast 800 alte Bäume und 16.000 m² Strauchfläche zum Opfer fallen. Das Horner und das Schiffbeker Moor würden durch die Baumaßnahme teilweise zerstört. Für die zu fällenden Bäume sind zwar Neupflanzungen geplant, doch diese reichen laut der Initiative weder qualitativ noch quantitativ an die alten Baumbestände heran. Die offene Bauweise führt außerdem voraussichtlich zu Grundwasserproblemen sowie einer hohen Lärm- und Staubbelastung für die Anwohner*innen – und das über sieben Jahre.
Zudem wird das Kosten-Nutzen-Verhältnis des Großprojekts kritisiert, denn der Ausbau wird lediglich zwei zusätzliche Haltestellen mit einer Länge von 1,9 km umfassen – dafür aber sehr hohe Kosten von bis zu 600 Millionen Euro verursachen. Es wird Kritik daran laut, dass Stadtteile wie Jenfeld, die tatsächlich schlecht ans bisherige ÖPNV-Netz angeschlossen sind, von dem geplanten Ausbau nicht profitieren. Viele Horner Anwohner*innen wünschen sich daher stattdessen den Einsatz längerer und umweltfreundlicherer Busse und verbesserte Taktzeiten der lokalen Buslinien. Bei einer öffentlichen Diskussionsveranstaltung im November wurden zudem Stimmen laut, die sich statt einer Erweiterung der U-Bahn in die Innenstadt lieber eine verbesserte Anbindung an den viel näheren Wandsbeker Markt wünschen.
Der Ausbau des ÖPNV wird sicher einige Opfer von Anwohner*innen verlangen, gerade längere Bauzeiten sind wohl etwas, was wir in vielen Fällen zugunsten einer verbesserten Klimabilanz im Verkehrssektor in Kauf nehmen müssen. Der vorliegende Fall zeigt aber deutlich: Geplante Streckenerweiterungen und Großprojekte dürfen nicht an den Bedürfnissen derjenigen vorbei geplant werden, die sie zu erreichen versuchen. Eine frühzeitige Einbindung und Beteiligung der Bürger*innen ist unbedingt nötig, auch um den tatsächlichen Bedarf überhaupt erfassen zu können. Dabei wird auch deutlich, dass Konzepte wie ein „Quartier der kurzen Wege“ zukunftsweisend sein können, denn eine gute lokale Versorgung mit öffentlichen Dienstleistungen, Wochenmärkten, Grün- und Erholungsflächen hebt nicht nur die Lebensqualität, sondern kann auch das Verkehrsaufkommen insgesamt reduzieren – und das kommt dem Klima sehr zugute.
ROBIN WOOD fordert den Hamburger Senat daher auf, Großprojekte nicht an den Bedürfnissen der Anwohner*innen vorbei zu planen. Der Ausbau des ÖPNV ist zentral für eine Verkehrswende, muss jedoch ökologische wie soziale Faktoren in seine Kosten-Nutzen-Rechnung miteinbeziehen, und den am wenigsten schädlichen Alternativen Vorrang geben. Hierzu muss auch die Offenheit bestehen, eingetretene Pfade verlassen zu können. Der Bau von Straßenbahnen ist zum Beispiel oft sozial-ökologisch sinnvoller und kostengünstiger als der Bau einer U- oder S-Bahn – gerade für kurze Strecken. Eine gelungene Verkehrswende verlangt von Behörden und Politik eine gute Planung und die frühzeitige Beteiligung der Anwohner*innen genauso wie Innovation und Kreativität ungewohnte Lösungen zu denken und umzusetzen!