
Sondervermögen: 50 Milliarden für die Klimakrise
Bundeskabinett entscheidet über Haushalt und Sondervermögen
Heute hat das Bundeskabinett über das Sondervermögen „Infrastruktur und Klimaneutralität“ beraten. Dieses ermöglicht für einen Zeitraum von 12 Jahren Investitionen in Höhe von 500 Milliarden Euro. Für Verkehrsinfrastrukturen sollen in der kommenden Legislatur 166 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden. Davon zwar 107 Mrd. Euro für die Schiene, jedoch auch 52 Mrd. Euro für Bundesstraßen - eine klimapolitische Fehlkalkulation. Die Umsetzung des Sondervermögens erfolgt über ein Errichtungsgesetz, das nun in den Bundestag eingebracht wird. Aus Sicht von ROBIN WOOD fehlt dem Vorhaben eine konsequente Ausrichtung auf Klimaschutz!
- Priorität für die Bahninfrastruktur!
Die Gute Nachricht: Im Bereich Schieneninfrastruktur werden in der kommenden Legislatur massive Investitionen geplant. Aus dem Sondervermögen müssten nach Schätzungen der Allianz pro Schiene 130 Milliarden Euro für die Schieneninfrastruktur reserviert werden, soll das Netz zukünftig mehr Verkehr aufnehmen können. Die geplanten 107 Milliarden sind damit bereits ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg dahin, liegen jedoch noch 18 Milliarden Euro unter dem von der Bahn angemeldeten Bedarf. Investitionen in die Schiene ermöglichen die Verlagerung von Güter- und Personenverkehren von der Straße auf die Schiene. Außerdem kann dadurch Mobilität für Menschen ermöglicht werden. Einzig: Dieser Anteil sollte in einen Eisenbahn-Infrastrukturfonds fließen, woraus die Sanierung und Elektrifizierung von Strecken bezahlt werden könnte.
- ÖPNV und Radinfrastruktur ausbauen!
Für den Ausbau und die Modernisierung des ÖPNV sowie für die Stärkung des Radverkehrs braucht es jährlich rund zehn Milliarden Euro. Die Mobilität von Millionen Menschen kann durch den Ausbau von Bus und Bahn gesichert und verbessert werden. Gerade der ÖPNV kommt dabei Menschen mit geringen Einkommen zugute und schafft neue Jobs. Derzeit wird das Angebot wegen des Investitionsstaus in vielen Orten abgebaut. Dieser Trend muss dringend umgedreht werden, damit alle Menschen in Deutschland mobil sein können. Ziel muss insbesondere der Ausbau in der Fläche sein, für einen landesweit verlässlichen ÖPNV und einen deutlichen Anstieg der Fahrgastzahlen. Teure Großprojekte, die in der Fläche kaum zu einer Verbesserung des ÖPNV-Angebots führen, dürfen nicht mit diesen Mitteln finanziert werden. Welchen Anteil der Investitionen in die Schiene für den ÖPNV reserviert sind, wird sich noch zeigen.
- Keine klimaschädlichen Investitionen durchsetzen!
Es dürfen keinesfalls klimaschädliche Projekte finanziert werden. Das sieht die neue Bundesregierung jedoch anders: Sie plant. aus dem Sondervermögen unter anderem neue Gaskraftwerke oder die Subventionierung von Gaspreisen zu finanzieren – beides Maßnahmen, die aktiv die Klimakrise anheizen. Aber auch der Bau neuer Autobahnen, Bundes- und Landesstraßen, ist geplant. Dabei verursachen neue Infrastrukturen immer mehr Verkehr und damit zusätzliche Emissionen. Die neue Bundesregierung hat vor, in der kommenden Legislatur 52 Milliarden Euro in Straßeninfrastruktur zu stecken – aus Klimaperspektive leider verschenktes Geld. Erhalt und Sanierung der bestehenden Straßeninfrastruktur müssen über den Bundeshaushalt oder durch Abgaben finanziert werden. ROBIN WOOD fordert, umweltverträgliche Mobilität für Menschen bereit zu stellen, den Grundatz Sanierung vor Neubau ernst zu nehmen und keine Prestige-Neubauprojekte für Konzerninteressen oder Verteidigung zu schaffe.
- Sondervermögen zusätzlich zum regulären Haushalt!
Wichtig ist: Das mit neuen Schulden finanzierte Budget muss zusätzlich zu regulären Haushaltsmitteln verwendet werden und darf diese nicht ersetzen und schon gar nicht für Steuergeschenke genutzt werden. Die Investitionen dürfen keinesfalls anstelle der Mittel des regulären Bundeshaushalts genutzt werden, um diesen zu ersetzen und so am Ende an Klimapolitik zu sparen. Dies würde die Einhaltung von Klimazielen zuwider laufen! Die Umsetzung der Investitionen, die Planung und Verwaltung der anstehenden Aufgaben kann nur mit genug Personal erfolgreich sein. Eine Kürzung bei den Ausgaben für Personal ist daher nicht zielführend.
In der Degrowth-Debatte wird sogenannte infrastrukturorientierte Klimapolitik gerade als wichtiger Hebel gesehen, um aus einer sozial ungerechten Förderlogik und dem Abwägen von sozial (un-)gerechten Subventionen herauszukommen. Im Gegensatz dazu schlägt u.a. der Expert*innenrat für Klimafragen vor, öffentliche Infrastrukturen auszubauen, um auf ressourcenschonende Art und Weise allen Menschen Teilhabe zu ermöglichen und Lebensqualität zu verbessern. Die nun möglichen massiven Investitionen sollten genau hier ansetzen: Sie müssen einen klimaneutralen und sozial gerechten Umbau voranbringen, um zu mehr Teilhabe und Lebensqualität zu führen. Denn über öffentliche Strukturen wie Busse und Bahnen ist diese Teilhabe schlussendlich klimaschonender als über Privatbesitz, wie den Pkw. Und auch Auseinandersetzungen um das Sondervermögen sind Auseinandersetzungen um die Mittelverwendung und deren Profiteur*innen. Sie müssen daher von der Forderung nach mehr Umverteilung und sozialer Gerechtigkeit flankiert werden, damit sie nicht nur auf das Konto der Klimaneutralität, sondern auch auf das Konto des guten Lebens für alle einzahlen.
Nach der Beratung im Kabinett soll der Gesetzentwurf zum Errichtungsgesetz Sondervermögen anschließend parallel mit dem Bundeshaushalt 2025 im Bundestag beraten werden. Druck auf die politischen Entscheidungsträger*innen ist jetzt nötig– damit sozial gerechte Klimapolitik eine Chance bekommt.
Quellen:
- https://www.tagesschau.de/inland/klingbeil-haushalt-100.html
- https://www.allianz-pro-schiene.de/wp-content/uploads/2025/06/250610_Bahnverbaende_Positionspapier_Sondervermoegen.pdf
- https://www.klima-allianz.de/fileadmin/user_upload/Dateien/Daten/Publikationen/Positionen/2025_06_04_Verbaendepapier_Verwendung_Sondervermoegen.pdf
- https://oekologisches-wirtschaften.de/index.php/oew/article/view/2106/2005
- https://klimamich.de/ExpertenRatKlimafragen_2025.pdf
- https://www.tagesschau.de/wirtschaft/konjunktur/bahn-schienen-autobahnbruecken-baustellen-investitionen-100.html