ROBIN WOOD goes Brüssel

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Aktivist*innen hocken neben einem Haufen aus Holzstämmen, aus dem Qualm kommt.
Mit einem großen qualmenden Holzhaufen haben wir vor dem EU Parlament plastisch demonstriert, dass Holzverbrennung eben doch Emissionen verursacht (wir haben harmlosen Kunstrauch genutzt ;-) ).
Foto ▸ Matthias Schickhofer

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Aktivismus vor dem EU Parlament
Mit über 30 Menschen protestierten wir am 15.11. vor dem EU Parlament.
Foto ▸ Jana Ballenthien

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Zwei Person im Gespräch vor einer Posterausstellung, die vor dem EU Parlament aufgebaut ist.
Am 16. & 17. November 2021 waren wir mit einer Poster-Ausstellung zu den wunderbaren Ökosystemleistungen von Wäldern vor dem Haupteingang des EU Parlaments vertreten.
Foto ▸ Jana Ballenthien

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Menschen schauen in die Kamera. Dahinter ist eine Poster-Ausstellung.
Während unserer Woche in Brüssel haben wir uns zu Gesprächen mit verschiedenen EU Parlamentarier*innen getroffen. Hier besucht uns Anna Deparnay Grunenberg an unserer ROBIN WOOD Ausstellung. Mit dabei David von der DUH und Kenneth vom NABU.
Foto ▸ Anna Deparnay Grunenberg

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Menschen in einem Raum winken in die Kamera.
Mit den verrückten Optiken einer Hybridveranstaltung während unseres internationalen Biomasse-Meeting hatten Bruno von der Waldnaturschutzorganisation Canopée (Frankreich) und ich sehr viel Spaß :-)
Foto ▸ Jana Ballenthien

Mitte November war ROBIN WOOD mit einem kleinen Team in Brüssel. Dort trafen wir uns mit Delegierten aus 20 internationalen NGOs, die - wie wir - für das Ende der großindustriellen Verfeuerung unserer Wälder kämpfen. Wir trafen uns mit unseren Freunden aus Polen, Schweden, Italien, Portugal, Frankreich, Belgien, Deutschland, Estland, Österreich und Rumänien und brachten alle unsere eigene Protest-Geschichte gegen das Verbrennen von Holzbiomasse in Großkraftwerken mit nach Brüssel.

Gemeinsam erlebten wir einige faszinierende und ereignisreiche Tage unter Freunden und kamen mit dem guten Gefühl nach Hause, dass wir tatsächlich etwas bewirken können. Davon möchte ich euch berichten.

Qualm? Hier ist kein Qualm, alles ist prima klimaneutral - hust hust...

Das Highlight der Woche fand bereits am Montag, den 15. November, statt. Mitten auf dem Place du Luxembourg vor dem Europäischen Parlament drapierten wir einen riesigen Stapel aus Holzstämmen, aus dem künstlich erzeugter Qualm quoll. Der nervöse Sicherheitsdienst, der eilig herbeikam, konnte kaum glauben, dass wir diese Form des Protest genehmigt bekommen hatten. Doch so war es. Mit etwa 30 Leuten wärmten wir uns am "brennenden” Feuer und hielten große Banner und kleine Sprechblasen: "Stop burning Trees!!" (Stoppt die Baumverbrennung!) & "Liars, liars, Trees on fire!" (Lügner, Lügner, Bäume stehen in Flammen!) waren nur zwei unserer Claims. Unsere Botschaft war klar: die EU-Politik möchte uns tatsächlich weismachen, dass das Verbrennen von Holz völlig klimaneutral ablaufe. Doch erstens ist das gar nicht möglich. Denn wenn hier ein alter Wald gefällt wird, dann ist nicht dort im gleichen Atemzug ein alter Wald nachgewachsen. Das braucht sehr viel mehr Zeit. Und zweitens ist das die klima-, arten-, und gesundheitsschädlichste Idee, auf die man nur kommen kommen kann - Holz schnurstracks zu verfeuern, anstatt es stofflich zu nutzen.

Es gibt mehr als genug Gründe, das Verfeuern von Holz in Großkraftwerken sofort und dauerhaft zu unterbinden: Der unkontrollierbar wachsende Bedarf an Holzbiomasse für unseren Energiehunger, die ungeklärte Herkunft der Holzbiomasse bei mindestens jeder fünften Quelle, die völlig unzureichenden Folgenabschätzungen einer Ausweitung der Holzeinschläge auf Kohlenstoffsenken, Biodiversität, Wasser- und Luftverschmutzung in den Energie- und Klimaplänen der Mitgliedstaaten der EU.

Der Plan, in Zukunft nur noch Restholz für die Energiegewinnung zu nutzen, ist aus vielerlei Hinsicht zum Scheitern verurteilt. Die ungeheuren Mengen, die wir für die europäischen Kraftwerke bereits brauchen, und die in Zukunft noch dazu kommen werden, können niemals über sogenanntes Restholz aus dem Wald gedeckt werden. Einer der beiden wichtigsten Lieferanten, der weltgrößte Pellet-Konzern Enviva, erhält sein Holz aus einem Biodiversitäts-Hotspot im Südosten der USA. In diesem Hotspot werden Teile des Waldes bereits bis zu 80 Prozent als Restholz klassifiziert. Steigt nun der Bedarf, so würde auf magische Weise der Anteil an Restholz im Wald steigen...

Und selbst wenn tatsächlich ausschließlich Restholz, also dünnere Äste, abgestorbene oder krumme Bäume und liegendes Totholz, für die Verbrennung genutzt würde, so wäre dies wahnsinnig schädlich für die Stabilität unserer Wälder. Denn genau dieses "Restholz" hat unzählige wichtige Funktionen für den Wald - sei es als Pool der genetischen Vielfalt, sei es als Wasserspeicher oder als Habitat für unzählige Arten, die auf stehendes und liegendes Totholz in unterschiedlichen Stadien der Verrottung angewiesen sind.

Unzählige Kameras und Mikrofone dokumentierten unseren Protest. Wenn ihr nachträglich dabei sein möchtet, empfehle ich unser eigenes Aktionsvideo und diese Videoberichterstattung von EurActiv, dem führenden Medium zur Europapolitik.

Mitglieder des Europäischen Parlaments unterstützen unsere Position

Auch an den zwei Folgetagen, dem 16. und 17. November, waren wir vor dem Europäischen Parlament vertreten. Unsere Freunde vom Komitee für schöne Luft aus den Niederlanden  hatten einen riesigen digitalen Bildschirm auf einem Truck mitgebracht, auf dem kontinuierlich Bilder der Waldzerstörung und kleine Informationsvideos abliefen. Vor diesem Truck trafen wir einige Mitglieder des Europäischen Parlaments, mit denen wir kurze Gespräche zur großindustriellen Verbrennung von Holz führen konnten. Sie fanden klare Worte an Frans Timmermans, den Vizepräsidenten der EU Kommission. Ihr gemeinsamer Tenor war: Stoppen sie das Verbrennen von Holz für unsere Energie! Hier seht ihr einen Zusammenschnitt der Interviews.

ROBIN WOOD-Ausstellung zu Ökosystemleistungen des Waldes vor dem EU Parlament

Direkt neben dem Truck waren wir mit unserer Poster-Ausstellung zu den wundervollen Ökosystemleistungen von Wäldern vertreten. Mit dem Haupteingang des Europäischen Parlaments im Hintergrund war dies wirklich ein historischer Ort und Moment für eine ROBIN WOOD-Ausstellung. Bilder der Ausstellung in Brüssel findet ihr hier und hier. Eins der Plakate (Biodiversität) als PDF findet ihr hier (auch zum Runterladen geeignet, allerdings bisher ausschließlich auf englisch).

Netzwerken, informieren, austauschen

Es gibt nichts Schöneres, als zu bemerken, dass all die Menschen, mit denen wir schon seit einigen Jahren zusammenarbeiten, nicht nur auf dem flachen Bildschirm der wöchentlichen Videokonferenzen, sondern auch dreidimensional existieren. In unserem großen und starken Netzwerk aus Bündnispartner*innen, mit denen wir gemeinsam die qualmende Aktion am Montag geplant hatten, setzten wir uns während unserer Brüssel-Woche deshalb mehrmals zusammen. Einen ganzen Tag lang tauschten wir uns aus und debattierten zum Thema Biomasse - und sponnen gemeinsame Kampagnen-Ideen für die Zukunft. Einen weiteren Tag lang trafen wir uns, um gemeinsam über die Waldstrategie 2030 der Europäischen Union zu sprechen und die nationalen Waldstrategien und Wald- & Naturschutzgesetze auf ihre Kompatibilität mit der EU-Gesetzgebung hin abzuklopfen.

Neben unseren Bündnispartner*innen trafen wir während der Woche in Brüssel mehrere EU-Parlamentarier*innen in längeren Meetings, um sie über die schlimmen Auswirkungen der großindustriellen Holzbiomasseverbrennung zu informieren und ihre Einschätzungen dazu zu erfahren. Summa summarum haben uns unsere Begegnungen Hoffnung gemacht, dass die letzten Worte in der EU-Klimapolitik und bezüglich der Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU noch nicht gesprochen sind.

Wir bleiben dran und tun alles dafür, dass Holz auf EU-Ebene nicht mehr länger als erneuerbar gewertet wird und in Deutschland erst gar keinen Platz im Energiemix erhält!

PS: Natürlich haben wir alle Aktivitäten nach den in Belgien zu diesem Zeitpunkt gültigen Corona-Regeln durchgeführt und haben uns darüber hinaus fast täglich freiwillig getestet.