Neckarwestheim muss aus bleiben!

Trotz des 2011 beschlossenen 'Atomausstieges' sind in Deutschland immer noch sieben Atomreaktoren in Betrieb. Wie unglaublich gefährlich dieser Zustand ist, zeigt sich im Moment abermals deutlich im Atomkraftwerk Neckarwestheim nördlich von Stuttgart. Obwohl zentrale Bauteile des fast dreißig Jahre alten Reaktors nachweislich beschädigt sind, soll das Atomkraftwerk in den kommenden Tagen wieder ans Netz gehen.

Bei einer aktuellen Überprüfung wurden über hundert bisher unbekannte Risse an den Heizrohren des Dampferzeuger im AKW Neckarwestheim gefunden. In dem Dampferzeuger wird die im Reaktorkern erzeugte Wärme vom primär- and den sekundärkreislauf abgegeben und damit das Wasser für die Turbinen erhitzt. Es handelt sich also um zentrale und stark sicherheitsrelevante Bauteile eines Atomkraftwerks. In Neckarwestheim sind die Rohre, durch welche das heiße Wasser aus dem Reaktorkern fließt, an über hundert Stellen beschädigt. Dabei sind bis zu 91% der Rohrwand bereits durchdrungen. Das heißt, dass Rohre von ursprünglich 1,2mm Wandstärke dort nur noch von 0.1mm zusammengehalten werden.

Sowohl der Betreiber EnBW als auch die Aufsichtsbehörde können über die Ursache für diese Schäden momentan nur mutmaßen. Klar ist; niemand kann ausschließen, dass beim Weiterbetrieb des Atomkraftwerks die bestehenden Risse weiter gefährlich wachsen oder plötzlich neue entstehen. Schon das Abreißen eines einzelnen Heizrohres ist ein schwerer Störfall der zu beachtlichen Folgeschäden führen kann. Ein heute von der Anti-Atom Organisation .ausgestrahlt veröffentlichtes Gutachten, zeigt auf, dass ein einzelnes gerissenes Heizrohr leicht weitere benachbarten Rohre beschädigen kann. Damit würde ein nicht mehr beherrschbarer Störfall eintreten. Treten größere Mengen radioaktiven Wassers in die Umwelt aus, kann eventuell der Reaktorkern nicht mehr ausreichend gekühlt werden. Im schlimmsten Fall droht hier eine Kernschmelze.

Es ist nicht das erste Mal, dass Schäden an den Heizrohren in Neckarwestheim bekannt werden. Bereits letztes Jahr wurden mehr als dreißig beschädigte Rohre in dem AKW festgestellt. Anstatt umfassende Untersuchungen anzustellen, ließ EnBW den Reaktor jedoch wieder ans Netz. Und setzte damit die Bevölkerung einem enormen Risiko aus.

Das noch für diese Woche geplante Wiederanfahren des Reaktors ist vor diesem Hintergrund absolut unverantwortlich und darf vom Umweltministerium als Aufsichtsbehörde nicht zugelassen werden. Die bisher ergriffenen Maßnahmen, wie das Verstopfen der am schwersten beschädigten Rohre, sind unzureichend - insbesondere solange die Ursache für das Auftreten der Risse ungeklärt ist. Das Landesumweltministerium muss seiner Verantwortung gerecht werden, die über 600.000 Menschen im 20km-Radius und die über 3 Mio. Menschen im Großraum Stuttgart vor Gefahren eines ernsthaften Störfalls wirksam zu schützen.