Lithiumraubbau für deutsche E-Autos
Im Frühling protestierten wir mit tausend anderen Menschen und vielen Organisationen gegen den geplanten Ausbau des Tesla Werks in Brandenburg und gegen die Ausbeutung von Natur und Mensch. Trotz anhaltender Proteste von verschiedenen Gruppen, hat die Gemeindevertretung in Grünheide im Mai 2024 die Rodung von 50 Hektar Wald beschlossen. Allerdings setzt die deutsche Industriepolitik nicht nur mit dem Tesla Werk in Brandenburg auf E-Mobilität. Die Bundesregierung plant auch, Lithium, das für Batterien der E-Autos benötigt wird, in Europa zu fördern und dadurch unabhängiger von China zu werden.
Ort des Geschehens ist das Jadar Tal in Serbien:
Das Jadar Tal liegt im Westen Serbiens und ist seit Jahren ganz oben auf der Agenda. Aber nicht wegen der schönen Landschaft oder den fruchtbaren Böden, nein, seit 2021 möchte der australisch-englische Konzern Rio Tinto dort Lithium abbauen. Denn Serbien besitzt in Europa eines der größten Lithiumvorkommen und die Nachfrage nach Lithium steigt rapide - insbesondere für die Batterien von E-Autos wird dieser Rohstoff in rauen Mengen benötigt. Die zukünftige Mine in Serbien soll dabei den gesamten Lithiumbedarf der EU decken und diese somit unabhängiger von China machen. Dabei möchte Rio Tinto rund 58.000 Tonnen Lithium pro Jahr fördern. Die Mine ist ebenfalls für 60 Jahre ausgelegt.
Seit Jahren regen sich nun schon Proteste in der Bevölkerung gegen den geplanten Abbau. Besonders stark waren diese 2021 und 2022. Dort führte lokaler Widerstand, Petitionen und Unterstützung von Prominenten und Wissenschaft schlussendlich zum Stopp des Projektes.[1] Allerdings wurde diese Entscheidung schon 2022 vom Verfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt. 2024 gab dann die serbische Regierung erneut grünes Licht für den geplanten Abbau.[2] Dadurch flammte die Protestwelle erneut auf. Im Sommer 2024 protestierten Menschen in über 40 Städte gegen das Vorhaben, allein in Belgrad demonstrierten Zehntausende.
Aber was ist eigentlich das Problem beim Lithiumabbau?
Grundsätzlich können beim Bergbau gravierende Umweltschäden auftreten. Insbesondere beim Lithiumabbau im Jadar Tal ist die Gefahr der Verschmutzung des Grundwassers sehr groß, denn das Tal ist Überschwemmungsgebiet. Dadurch könnten die giftigen Stoffe, die beim Abbau benutzt und freigesetzt werden in die Flüsse und in das Grundwasser gelangen. Auch besitzt das Tal viel fruchtbaren Boden, der für die Landwirtschaft benutzt wird. Durch den Bau der Mine befürchten Anwohner*innen, dass die Landwirtschaft dort keine Chance mehr hat.[3]
Das Umweltnetzwerk Mars Sa Drine in Serbien, die verschiedene lokale, nationale und internationale Organisationen miteinander vereinen, sagen dazu in einem Brief an die EU: „we demand environmental and climate policies that reduce raw materials demand, energy use and faulty land management schemes. Increasing mining by breaching fundamental rights, even for the ‘environment’ or to ‘mitigate climate change’, will only worsen climate and ecological conditions and social conflict.”[4]
Die Proteste gegen den Lithiumabbau sind im Laufe der letzten Jahre diverser geworden. Während der Corona Pandemie dominierte noch die Umweltbewegung bei den Demonstrationen. Jetzt nehmen auch Linke und Konservative Gruppen teil. Die Bewegung hat sich dadurch zu einem breiten Oppositionsbündnis gegen die Pläne des autoritären Präsidenten Aleksander Vucic entwickelt, was die Regierung zunehmend nervös macht.
Dadurch kommt es immer wieder zu Repressionen gegen Aktivist*innen. So werden diese teilweise vorübergehend festgenommen, Häuser und Wohnungen werden durchsucht und Handys und Laptops konfisziert. So sagen Mirko Popovic und Jovan Rajic, zwei Umweltaktivisten aus Serbien: „Politische Gegner der Regierungspartei sowie Aktivisten, die gegen das Projekt sind, werden vom Präsidenten selbst zu Staatsfeinden, Verrätern und ausländischen Söldnern erklärt.“[5]Auch gibt es vermehrt Drohungen gegen sie in sozialen Netzwerken und Aktivist*innen werden an der Grenze zu Serbien festgehalten. Weiterhin gibt es den Verdacht, dass eine Liste von der Regierung geführt wird, wo „unerwünschte Personen“ draufstehen. Dort sollen auch Menschen verzeichnet sein, die sich politisch äußern.
Und was machen Deutschland und die EU?
Deutschland und die EU vereinbarten einen Deal mit Serbien, der die Versorgung Europas mit Lithium sicherstellen soll. Denn auch deutsche Firmen sind interessiert an einer Lithium-Mine in Europa. So wünschen sich insbesondere Mercedes Benz und Stellantis eine Beteiligung an diesem Projekt.[8] Die plötzliche Offenheit Deutschlands gegenüber Serbien steht im gegensätzlichen Verhältnis zur Demokratieentwicklung dort. Diese bröckelt nämlich, der autoritäre Regierungschef Vucic sitzt fest im Sattel und Wahlen sind meistens nicht fair und frei. Im Winter 2024 kritisierte die EU noch diese Entwicklung Serbiens, jetzt scheint die fehlende Rechtsstaatlichkeit schon vergessen worden zu sein.[6]
Wir, ROBIN WOOD, erklären uns solidarisch mit der Umweltbewegung in Serbien und rufen zu einem Stopp des Abbaus von Lithium im Jadar Tal auf. Wir fordern Olaf Scholz und die EU auf, die Unterstützung der Mine zu widerrufen und die Menschen und Naturrechtsverletzungen anzuprangern. Eine Verkehrswende kann nicht bedeuten, autoritäre Regime zu unterstützen und die Natur auszubeuten. Eine sozial-ökologische Transformation muss als primäres Ziel die Reduktion des Autoverkehrs haben, um Ressourcen, Natur und Menschen in Abbaugebieten zu schützen!
Unsere Forderungen zur Verkehrswende: https://www.robinwood.de/besser-mobil
[1] https://marssadrine.org/en/general-information/
[2] https://www.zdf.de/nachrichten/politik/scholz-serbien-lithium-abkommen-rohstoffe-100.html
[3] https://taz.de/Umstrittenes-Lithium-aus-Serbien/!5899786/ und https://marssadrine.org/en/general-information/
[4] https://marssadrine.org/en/open-letter-to-eu-lawmakers-from-hundreds-of-grassroots-organizations-and-experts-who-say-a-hard-no-to-europes-raw-materials-policies/
[5] https://www.petrakellystiftung.de/de/2024/07/18/lithiumabbau-serbien-eine-offene-und-produktive-debatte-ist-nicht-moeglich-0
[6] https://www.boell.de/de/2024/09/25/lithium-abbau-serbien-wie-sich-das-land-durch-deals-mit-der-eu-und-deutschland-von