Kein Winterschlaf im Hambi
Lebendiger Widerstand gegen die Rodung des Hambacher Forstes
Wenn es nach RWE geht, soll der Hambacher Forst vollständig der Braunkohle weichen. Der Wald, der seit der letzten Eiszeit besteht und einst eines der größten Mischwaldgebiete Europas war, wird Jahr für Jahr von dem Unternehmen für die Erweiterung des Hambacher Tagebaus gerodet. Mit seinen teilweise über 300 Jahre alten Bäumen stellt der Wald einen wertvollen Lebensraum für viele gefährdete Tierarten da. Doch schon jetzt ist ein Großteil des Hambacher Forsts für eine überholte und Klima zerstörende Form der Energiegewinnung vernichtet worden.
Doch RWE kann das nicht ungestört tun. Vielfältig und entschlossen kämpfen Aktivist*innen, lokale Bürgerinitiativen und Umweltverbände für den Erhalt des Waldes und damit gegen die Braunkohle-Nutzung. Zentral dafür ist die seit fünf Jahren bestehende Waldbesetzung. Mit Baumhäusern in Schwindel erregenden Höhen, enormem Durchhaltevermögen und direkten Aktionen stellen sich dort Aktivist*innen gegen die weitere Rodung des alten und artenreichen Hambacher Forsts. Mit ihnen ist „der Hambi“, wie der Wald zärtlich genannt wird, zu einem Symbol des Widerstands gegen die zerstörerischen Auswirkungen des fossilen Kapitalismus geworden.
Der Bund für Naturschutz Deutschland (BUND) hat dieses Jahr mit einer Klage gegen RWE einen bis jetzt anhaltenden Rodungsstopp erwirkt. Der Verband argumentierte, dass der Hambacher Forst, der ein in Europa einzigartiges Ökosystem ist (Maiglöckchen-Hainbuchen-Stileichen Wald), nach EU-Recht geschützt ist. Damit sei die Rodung des Waldes durch RWE nicht rechtens. Nachdem zunächst, Ende November, diese Klage vom Verwaltungsgericht in Köln abgewiesen worden war und RWE unverzüglich mit den Rodungsarbeiten begonnen hatte, liegt das Verfahren nun - durch einen Eilantrag des BUND - beim Oberverwaltungsgericht Münster. Mit einer sogenannten Zwischenverfügung hat das Gericht RWE untersagt, vor der Urteilsverkündung weiter zu roden und damit weitere Fakten zu schaffen, bevor die Rechtslage geklärt ist. RWE dürfte nur noch bis Anfang März Rodungsarbeiten durchführen, da danach die Brutzeit beginnt.
Damit gibt es aktuell eine hart erkämpfte Atempause für den Wald, die Aktivist*innen der Besetzung und ihre Unterstützer*innen. Denn sowohl für die Besetzung als auch für den Wald geht es aktuell ums Ganze. RWE scheint noch in diesem Winter die Waldbesetzung los werden zu wollen. Das von dem Energiekonzern angestrebte Rodungsgebiet umfasst praktisch alle der existierenden Baumhäuser. Und der Wald selber ist mittlerweile auf einen Bruchteil seiner einstigen Größe geschrumpft. Sollte das für diese Saison geplante Gebiet komplett gerodet werden, würde gerade von dem alten und ökologisch besonders wertvollen Teil des Waldes nicht mehr viel übrig bleiben. Dabei gibt es ein wachsendes gesellschaftliches Bewusstsein dafür, dass der Ausstieg aus der CO2-intensiven Braunkohleverstromung dringend notwendig ist. Auch dass für ihren Abbau ganze Dörfer und Wälder dem Erdboden gleich gemacht werden, wird zunehmend als nicht länger tragbar erkannt.
In dieser Situation wird die Auseinandersetzung um den Hambacher Forst zu einem Kristallisationspunkt des Konflikts zwischen der dominanten Logik fossiler Energiegewinnung, die kurzfristig privaten Profit schafft und die Kosten verallgemeinert, und der wachsenden Zahl ihrer Kritiker*innen. Entsprechend viel Aufmerksamkeit bekommt der Hambacher Forst aktuell. In der Waldbesetzung und dem dazugehörige Wiesencamp sind in den letzten Monaten viele neue und zu einem guten Teil auch internationale Aktivist*innen, dazugekommen. Mit mittlerweile 30 Baumhäusern ist der Wald so belebt wie selten zuvor. Auch die Medien berichten momentan regelmäßig und häufig sehr positiv über den Protest gegen die Rodung des Hambacher Forst. Erst an diesem Sonntag nahmen wieder über 400 Menschen an einem der regelmäßig stattfindenden, geführten Waldspaziergänge teil und haben sich über die Geschichte des Waldes und des Widerstandes informiert. Und auch überregional gibt es wachsende Unterstützung für den Forst, so fanden letzte Woche in über zwanzig Städten Soli-Aktionen statt. In mehreren Städten bundesweit haben sich mittlerweile ‚Hambi-Soli‘-Gruppen gegründet.
Es ist momentan unklar, wann und mit welchem Ausgang es zur Urteilsverkündung kommt. Ebenfalls unklar ist, ob ein anhaltender Rodungsstopp auch heißt, dass die Besetzung in dieser Zeit vor einer Räumung sicher ist. Den GegnerI*innen der Rodung liegt es daher fern, jetzt in den Winterschlaf zu verfallen. Vor Ort im Hambi und darüber hinaus bereiten Menschen sich darauf vor, gegen potentielle Rodung und Räumung aktiv zu werden. Dabei wird jede Hand gerade gut gebraucht! Ob durch Mithilfe beim Bauen weiterer Baumhäuser im Forst, Organisieren von Info-Abenden in möglichst vielen Städten, Flyerverteilen auf dem Weihnachtsmarkt oder Sammeln von Sach- und Geldspenden bei einer Soli-Party – es gibt unterschiedliche Formen, gegen die Rodung des Forsts überall aktiv zu sein. Lasst uns gemeinsam deutlich machen: Braunkohle muss im Boden bleiben – und der Hambi bleibt!
Aktuelle Informationen und weitere Ideen, wie ihr euch jetzt und im Fall einer Räumung und Rodung für den Erhalt des Hambacher Forsts einsetzen könnt, findet ihr auf den verlinkten Homepages.