Hambacher Forst: Kohleausstieg selber machen!
Die vergangenen Tage seit dem Start der Baumhäuser-Räumung waren in jeder Hinsicht ereignisreich. Auf der einen Seite Aktivist*innen, die stundenlang auf Bäumen, in Beton-Vorrichtungen oder Erdtunneln ausharren, Besetzungen u.a. des RWE-Kohlekraftwerks Niederaußem und der NRW-Landesvertretung in Berlin und so viele Demos, Mahnwachen und Soli-Aktionen bundesweit, dass es unmöglich ist, den Überblick zu behalten…
Auf der anderen Seite immer abstrusere Begründungsversuche für die Räumung und Rodung im Hambacher Forst. Ob es die altbekannte Erzählung ist, dass der Hambacher Forst jetzt gerodet werden muss, damit die Lichter in NRW nicht ausgehen oder es doch darum geht, dass die Hänge des Hambacher Tagebaus nicht stabil genug seien, um den Wald stehen zu lassen. Ob es das haarsträubende Heranziehen des Brandschutzes ist, um die Räumung der Baumhaussiedlungen zu begründen oder es dann doch um die Verhinderung von angeblich geplanten Straftaten geht.
Klar ist: RWE und NRW-Landesregierung geht es im Grunde um eine Machtdemonstration.
Es ist die trotzige Reaktion eines großen Konzerns, dessen dreckiges Kerngeschäft gerade abgeschafft wird und der es verpasst hat, sich rechtzeitig umzustellen. Und einer Landesregierung, die seit Generationen so eng mit RWE verbandelt ist, dass sie die Interessen des Unternehmens fast reflexhaft über das Gemeinwohl oder eben auch bundespolitische Erwägungen stellt. Dass RWE und Landesregierung diesen Zeitpunkt wählen, um den Konflikt zu eskalieren, während die Kohlekommission noch mitten im Verhandlungsprozess ist, ist daher kein Zufall oder schlechtes Timing, sondern nur konsequent.
Aber wenn RWE und die NRW-Landesregierung dachten, sie könnten den Widerstand gegen die Rodung erfolgreich kriminalisieren und als Anliegen einer kleinen, öko-linken Randgruppe darstellen, haben sie sich verschätzt. Der Hambacher Forst hat es ins breite gesellschaftliche Bewusstsein geschafft. Mit einem Livestream auf Spiegel Online, einem Ticker auf der WDR-Homepage und regelmäßigen Beiträgen in der Tagesschau – die Auseinandersetzung um den Wald im Rheinland wird als Zuspitzung des Konflikts um die Nutzung der Kohle verstanden und verfolgt.
Dabei gab es in den vergangenen Tagen von den unerwartetsten Seiten scharfe Kritik an der Räumung und Rodung im Hambacher Forst: ob von der Polizei-Gewerkschaft GdP, dem Verband der Kriminalbeamten, dem RWE-Investor der deka Bank oder Kommentatoren im Handelsblatt. Es wird einsam um RWE und die NRW-Landesregierung.
Und das ist der Erfolg der ausdauernden Arbeit von Bürgerinitiativen, Waldbesetzer*innen, Klimagruppen, Umweltverbänden und von vielen tausend Menschen, die sich zum ersten Mal lokalen Gruppen oder Massenaktionen zivilen Ungehorsams gegen Braunkohle angeschlossen haben. Die Auseinandersetzung um den Hambacher Forst zeigt: Egal wie viele Bäume im Hambacher Forst gerodet werden, egal wie brutal und menschenverachtend die Polizei gegen die Klimaschützer*innen vorgeht – RWE und die NRW Landesregierung werden die Zeit nicht zurück drehen können. Wir werden weiter machen, denn, wie es auf den Klimaprotesten gesungen wird: „We are unstoppable – another world is possible!“