Gefährliche Relativierung der Schädlichkeit von Dieselabgasen
Warum jetzt über die Gefährlichkeit von Dieselabgasen diskutiert wird: Unter der Führung des medial sehr aktiven Dr. Dieter Köhler zweifeln ca. 100 Lungenfachärzte die Schädlichkeit von Dieselabgasen an.
Köhler macht sich schon lange gegen Grenzwerte stark und hat es mal wieder geschafft, damit in die Öffentlichkeit zu kommen. Seine Positionen erscheinen dabei mitten in der neuerlichen heißen Debatte um den Dieselskandal; gleichzeitig ist heute der Beginn des Verkehrsgerichtstages in Goslar.
Die Argumentation der Gruppe um Köhler lautet laut Tagesschau.de, es gäbe „keinen einzigen Toten, der kausal auf Feinstaub oder NO2 zurückzuführen wäre“ und ein Zusammenhang zwischen Emissionen von Dieselfahrzeugen und Krankheiten sei eine Verwechslung von Korrelation und Kausalität.
Daher wollen wir die Argumentation hier ein wenig genauer anschauen. Tatsächlich kann die genaue Ursache eines Todesfalls z.B. durch Lungenschäden meist nicht auf eine einzelne Ursache reduziert werden, da meist mehrere Faktoren wie z.B. andere Krankheiten eine Rolle spielen. Ähnlich verhält es sich bei Extremwetterereignissen im Klimawandel: während gesichert ist, dass z.B. orkanartige Stürme mit Todesopfern im Klimawandel immer häufiger stattfinden, kann ein einzelner Orkan ursächlich nicht ausschließlich auf die langzeitliche Entwicklung des Klimas begrenzt werden, sondern ist immer auch ein Resultat kleinräumigerer Variation der Atmosphäre. Dies tut der Tödlichkeit des Klimawandels aber keinen Abbruch. Bei den auf Tagesschau.de erwähnten, von Köhler kritisierten Studien wurden statistische Zusammenhänge zwischen Emissionen und Gesundheitsschäden untersucht – und gefunden.
Bei solchen epidemiologischen Studien wird also nach einem Zusammenhang zwischen der Exposition gegenüber einem Risikofaktor – hier Dieselabgasen und dem Auftreten von Lungenkrankheiten – gesucht. Hierbei werden verschiedene Einflussfaktoren mit einbezogen und versucht, Störfaktoren auszuschließen. Es sind Beobachtungsstudien, welche den Gesamtzusammenhang anschauen.
Die Argumentation, dass kein Todesfall direkt auf Feinstaub & NOx zurückzuführen wäre, ist also irreführend und zynisch, da ein Todesfall im Zusammenspiel mehrerer Faktoren nicht weniger tragisch ist. Schlimmer sogar, es trifft besonders Menschen, welche schon anderen Risikofaktoren ausgesetzt sind, wie z.B. junge Asthmatiker_innen.
Die Aussagen von Köhler & Co. sind daher wohl eher Pseudokritiken, die nicht aus einer ernsthaften wissenschaftlichen Debatte heraus entstanden sind und möglicherweise nicht zufällig zu dieser Zeit auftauchen.
Es ist epidemiologisch weithin anerkannt, dass NOx und auch Feinstaub unter anderem Lungenschäden verursachen.
So zeigen die Studien auch, dass schon geringe Mengen von unter 40 oder sogar 20 µg/m3 negative Auswirkungen auf den Körper haben.
Gerade vor dem Hintergrund, dass gerade Gerichte die Aufgabe übernehmen müssen, die Einhaltung der Grenzwerte durchzusetzen, bleibt nur die Hoffnung, dass sich der Verkehrsgerichtstag nicht vor die falschen Zügel spannen lässt.
Denn es ist, selbst wenn einige an der Gefährlichkeit von Dieselabgasen zweifeln, auf Grund des Vorsorgeprinzips geboten, die Gesundheit der Menschen und die Umwelt vor die Interessen der Automobilindustrie zu stellen.
Dass wir jetzt überhaupt ein Problem mit den Grenzwerten haben, ist der Gier der Autoindustrie und ihrer starken Lobby in der Politik geschuldet. Immer nach der Devise: Profit vor Gesundheit.