Erneute Räumung und Baumfällungen im Hambacher Forst

„Es ist Montag früh, der 25. März 2019. Die Sonne ist gerade am Aufgehen, da wird die Mahnwache an der Landstraße vor dem Hambacher Forst von einem Aufgebot von rund 40 Einsatzkräften der Polizei umzingelt und durchsucht. Als Grund hierfür wird die Prüfung von Versammlungsauflagen der Mahnwache genannt. Ergebnis der Maßnahme, eine kleine Tüte Mariuhana, die gefunden wurde. Ein Vorgeschmack der unverhältnismäßigen Maßnahmen, die bis in den nächsten Tag andauern werden.

Kurz darauf betreten RWE-Arbeiter*innen und Sicherheitspersonal sowie mehrere Hundertschaften der Polizei mit schwerem Gerät den Wald. Die offizielle Begründung des Aufgebotes ist wie so oft die angebliche Entfernung aller waldfremden Gegenstände aus dem Wald und Räumung der Fluchtwege.

Tatsächlich handelt es sich allerdings um einen Versuch den Widerstand im Wald zu zermürben. Die Infrastruktur am Boden wird zerstört und mitgenommen. Alles Baumaterial wird mit der Kettensäge in Stücke geschnitten. Manches davon wird abtransportiert. Töpfe, Geschirr, Essen, Wasser wird auf Transporter verladen und entsorgt. Zurück bleibt ein Bild der Zerstörung. Von den Spuren der Einsätze, vor allem der Bodenverdichtung durch Radlader und Fahrzeuge, erholt sich ein Wald nur sehr langsam.

Mehrere Baumhausdörfer werden so überfallen und verwüstet. Es werden Bäume außerhalb der Vogelschutzzeiten gefällt, um Schneisen für Maschinen zu schaffen. Beim Versuch, in Bau befindliche Strukturen durch Beklettern dieser zu schützen, werden mehrere Aktivist*innen gefangen und in Gewahrsam nach Aachen gebracht. Im Baumhausdorf Oaktown schneiden Sicherheitskräfte von RWE ein Halteseil eines Monopots durch, der eine Seite von einem großen Netz sichert, in dem ein Mensch liegt, und bringen diesen in Lebensgefahr.

Gegen Nachmittag erreicht der Zerstörungstrupp das östlichste Baumhausdorf Krähennest. Dort wird die Bodenstruktur inzwischen zum 5. Mal seit Entstehung des Baumhausdorfs vernichtet und die Waldbewohner*innen schikaniert. Bei der Belagerung des Dorfes werden Polizeikräfte von Fäkalien aus einem Kloeimer getroffen, die von einem Baumhaus fallen. Jedes Baumhaus ist mit einem Eimer ausgestattet, um für das Geschäft nicht auf den Boden zu müssen. Für die Polizei Grund genug, eine Räumung des gesamten Baumhausdorfes anzukündigen.

Die mitgebrachte Hebebühne bleibt jedoch zuerst im Schlamm stecken und wird danach stundenlang durch Sitzblockaden unbeweglich gehalten. Die Räumung geht in die zweite Runde. Es werden Flutlichter aufgebaut, um die Belagerung auch im Dunkeln aufrecht zu erhalten. Szenen, die bei der großen Räumung im September letzen Jahres Alltag waren. Da wurde noch mit Brandschutz argumentiert, jetzt reichen scheinbar herabfallende Fäkalien.

Der nächste Tag bricht an. Die ganze Nacht hindurch wurden die Baumhäuser mit Flutlichtern angeleuchtet. Ganz gezielt wird versucht, die Besetzer*innen mürbe zu machen, die Solidarität zu brechen - eine Strategie, die nicht ganz auf geht. Dutzende Menschen sind vor Ort und unterstützen durch lautes Singen die Baumhausbewohner*innen.

Ein massives Aufgebot an Maschinen und Geräten fährt vor dem Krähennest ein. Die Polizei fordert die Person auf, runter zu kommen, die angeblich Fäkalien geworfen hat, ansonsten müssten sie das ganze Dorf räumen.

Die ersten Bäume des Tages werden gefällt und ein Weg Richtung Krähennest mit Sand aufgeschüttet. Um etwa 11 Uhr vormittags kommt eine Person runter und wird von der Polizei verhaftet. Diese ziehen kurz darauf wieder ab. Strafvorwurf gegen den Menschen: Versuchte schwere Körperverletzung wegen heruntergefallenem Eimer. Unabhängig vom Inhalt hätte dieser bei großer Fallhöhe einen Menschen am Boden verletzen können.

Bilanz des Einsatzes: fast ein dutzend Festnahmen, schätzungsweise mehrere tausend Einsatzstunden für die eingesetzten Beamten plus die aufgefahrenen Maschinen. Alles um einem Konzern zu helfen, den gegen ihn gerichteten Widerstand zu brechen. Ein Konzern, der es versäumt, in eine nachhaltige Energiewende zu investieren.“