
Bundeskabinett entkernt Lieferkettengesetz
Am vergangenen Freitag hat das Ministerium für Arbeit und Soziales einen Gesetzentwurf vorgelegt: Berichtspflichten sollen abgeschafft und Sanktionen stark eingeschränkt werden. Verbände hatten nur wenige Stunden Zeit, um zu reagieren. Heute hat das Bundeskabinett den Gesetzentwurf beschlossen. Was genau ist passiert, wie geht es nun weiter?
Schon der Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD sieht vor, dass das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) abgeschafft und in drei Jahren durch das Gesetz für internationale Unternehmensverantwortung ersetzt werden soll. Letzteres wird die EU-Lieferkettenrichtlinie CSDDD (Corporate Sustainability Due Diligence Directive) umsetzen, deren Anwendung bereits bis 2028 verschoben wurde und die zusätzlich akut gefährdet ist durch laufende Omnibus-Verfahren der EU-Kommission.
Aus dem Koalitionsvertrag: „Die Berichtspflicht nach dem LkSG wird unmittelbar abgeschafft und entfällt komplett. Die geltenden gesetzlichen Sorgfaltspflichten werden bis zum Inkrafttreten des neuen Gesetzes, mit Ausnahme von massiven Menschenrechtsverletzungen, nicht sanktioniert.“
Dass ein Gesetzentwurf der Regierung kommen würde, um den Koalitionsvertrag umzusetzen, ist also keine Überraschung. Dass er an einem Freitagnachmittag in der Sommerpause verschickt wird und Verbänden nur wenige Stunden Zeit gelassen wird, um Stellungnahmen einzureichen, zeigt: Die Regierung hat kein Interesse an einem Austausch auf Augenhöhe.
Aus dem Gesetzentwurf: „Die Berichtspflicht über die Einhaltung der Sorgfaltspflichten entfällt. Darüber hinaus gelten die im LkSG geregelten Sorgfaltspflichten selbst fort. Der Verstoß gegen diese Pflichten wird allerdings nur bei schweren Verstößen sanktioniert."
Die Entscheidung des Bundeskabinetts wurde im Eiltempo getroffen. Nur fünf Tage nach Veröffentlichung beschließt es heute den Gesetzentwurf, der als krasser Rückschritt auf Kosten von Menschenrechten und Umwelt gewertet werden muss.
Zwar sind Unternehmen nicht von Sorgfaltspflichten entbunden, grundsätzlich müssen sie weiterhin Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung in ihren Lieferketten stoppen. Doch wenn jegliche Berichtspflichten abgeschafft werden, kann dieses Gesetz kaum durchgesetzt werden. Wenn auch Sanktionen praktisch ausradiert werden, ist das ein fatales Zeichen: Das Wohlergehen der deutschen Wirtschaft wird über das Leben von Menschen und den Schutz der Umwelt gestellt – unter dem Vorwand, bürokratischer Mehraufwand sei Unternehmen nicht zuzumuten.
Abgeschafft ist das Lieferkettengesetz mit diesem Beschluss aber noch nicht!
Zuvor muss der Bundestag zustimmen. Deshalb kämpfen wir weiter für ein starkes Lieferkettengesetz – gemeinsam mit der Initiative Lieferkettengesetz, einem Bündnis von über 90 zivilgesellschaftlichen Organisationen. Wir fordern den Bundestag auf, diesem Gesetzesentwurf nicht zuzustimmen, und damit das verantwortungslose Handeln des Kabinetts gegenüber den Betroffenen zu stoppen!
Rette mit uns das Lieferkettengesetz, unterschreibe unsere Petition!