Bald noch mehr Rindfleisch aus Tropenwaldzerstörung auf dem EU-Markt?

Seit Jahrzehnten laufen Gespräche über ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und den lateinamerikanischen Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay. In den letzten Monaten haben sich die Gespräche intensiviert, und es könnte bis Ende des Jahres eine Einigung geben. Hauptstreitpunkt der Gespräche bleibt die Menge an Rindfleisch, die die Südamerikaner zollfrei in die EU liefern dürfen. Die Mercosur-Staaten wollen deutlich mehr Rindfleisch liefern als zuvor. Die EU will die Menge an Fleisch aus diesen Ländern soweit es geht begrenzen, um den heimischen Markt zu schützen. Auf der anderen Seite muss die EU den Lateinamerikanern entgegen kommen, um andereseits ihre Maschinen und Chemikalien zollfrei in diese Länder exportieren zu können. Die EU hat bisher Rindfleischimporte in Höhe von knapp 80.000 Tonnen angeboten. Die lateinamerikanische Seite fordert 400.000 Tonnen.

Die Mercosur-Länder sind beim Fleisch bereits eine Macht in der EU: Sie profitieren von ihren deutlich niedrigeren Produktionskosten, und sie sind bereits heute die mit Abstand größten Exporteure von Rindfleisch. 86 Prozent des in die EU kommenden Rindfleischs stammt aus diesen Ländern. Wenn nun diese Menge durch das Handelsabkommen deutlich ausgeweitet wird, droht noch mehr Rindfleisch aus ehemaligen Tropenwaldgebieten in die EU zu gelangen.

Die Rinderzucht ist die wichtigste Ursache der Waldzerstörung in Südamerika, noch vor dem Anbau von Sojafuttermitteln. In Brasilien gehen 80 Prozent der direkten Entwaldung auf die Viehzucht zurück. Ein Fünftel der Landesfläche ist bereits mit Weideland belegt. Knapp 17 Prozent der Viehweiden befinden sich in der Vegetationszone des Amazonas-Regenwaldes. Auch in den anderen Mercosur-Ländern Argentinien, Paraguay und Uruguay müssen artenreiche Wälder und Savannen den Viehweiden weichen.

Das Streben der EU nach einem zollfreien Marktzugang wird somit mit der Zerstörung der lateinamerikanischen Wälder und Savannen bezahlt. Zusätzliche Fleischimporte könnten außerdem zu einem weiteren Preisverfall in der EU führen. Die EU-Landwirtschaftslobby versucht daher, das Abkommen mit allen Mitteln zu verhindern. Dabei ist die EU-Landwirtschaftslobby sonst eine große Verfechterin des Freihandels, wenn es zum Beispiel um Exporte von Milch oder Fleischüberschüssen geht.

Aus unserer Sicht ist der Preisdruck vor allem auch deshalb ein Problem, weil dies zu noch niedrigeren Umwelt- und Tierschutzstandards in der europäischen Tierproduktion führt. Auch deshalb stehen wir einem möglichen Abkommen sehr kritisch gegenüber.