Bittere Schokolade

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Kakao – begehrter Rohstoff für das Essvergnügen in den Industrieländern.
Foto ▸ Mighty Earth 2018

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Die Schokoladenhersteller haben aber ihre Versprechen für bessere Arbeitsbedingungen und den Erhalt der Regenwälder nicht eingelöst.
Foto ▸ Mighty Earth 2018

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Kakaoernte bedeutet schwere körperliche Arbeit, bei der immer noch Kinder eingesetzt werden. Erwachsene Arbeiter*innen verdienen nur rund einen Dollar pro Tag.
Foto ▸ Mighty Earth 2018

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Artenreicher Regenwald muss weichen für die Kakaonachfrage großer Schokoladenfirmen wie Nestlé, Mondeléz (u.a. Milka), Ferrero und Mars.
Foto ▸ Mighty Earth 2018

Schokolade – für uns ein Genuss. Für die Bäuerinnen und Bauern in den Anbauländern mit harter Arbeit, Hungerlöhnen und Kinderarbeit verbunden. Hinzu kommt, dass der Kakaoanbau in den Hauptanbauländern Ghana und Elfenbeinküste die Regenwaldgebiete fast vollständig zerstört hat. Trotz großer Versprechungen der Schokohersteller die Waldzerstörung zu stoppen und für faire Arbeitsbedingungen zu sorgen, ist keine Besserung eingetreten. Die Nachhaltigkeitsbekundungen der großen Schokoladenproduzenten laufen bisher ins Leere.

Nur noch vier Prozent der Fläche von Wald bedeckt

Die Elfenbeinküste, das wichtigste Anbau­land von Kakao, hat seit der Unabhängigkeit 1960 rund 90 Prozent seines Waldes verloren. Nur noch vier Prozent der Fläche sind von dichtem Wald bedeckt. Arten wie Waldelefanten und Schimpansen, die dort früher weit verbreitet waren, stehen in dem Land kurz vor dem Aussterben. Der Wald musste weichen für die Kakao­nachfrage großer Schokoladenfirmen wie Nestlé, Mondeléz (u.a. Milka), Ferrero und Mars. Die Firmen werden von großen Agrarhändlern beliefert. Ungefähr die Hälfte des weltweit gehandelten Kakaos wird von nur drei Firmen kontrolliert: Cargill, Olam und Barry Callebaut. Die Unternehmen halten sich auch nicht von Schutzgebieten fern. Untersuchungen der Umweltorganisation Mighty Earth haben ergeben, dass zum Beispiel Cargill bis zu 40 Prozent des Kakaos aus Elfenbeinküste von Flächen innerhalb von Nationalparks und anderen geschützten Gebieten bezieht. Auch in Ghana, dem weltweit zweitgrößten Anbauland, hat der Kakaoanbau fast die gesamte Waldfläche außerhalb der Schutzgebiete zerstört. Auch hier konnte Mighty Earth Kakaoanbauflächen innerhalb von Schutzgebieten dokumentieren. Westafrika ist zwar die wichtigste Anbauregion, jedoch zählt der Kakaoanbau auch in anderen Ländern wie Indonesien, Peru oder Ecuador zu einer Hauptursache für Entwaldungen.

Weniger als ein Dollar pro Tag

Kakaoarbeiter*innen in Westafrika verdienen im Durchschnitt weniger als einen Dollar pro Tag. In Elfenbeinküste sind es im Schnitt sogar nur 50 Cent. Der wirtschaftliche Druck auf die Bäuerinnen und Bauern hat in den letzten Jahren sogar noch zugenommen. Auch die Arbeitsbedingungen sind sehr schlecht. Der Großteil des Kakaos wird in Monokulturen mit großem Einsatz von Pestiziden angebaut, die die Gesundheit der Arbeiter*innen und Anwohner*innen gefährden und die Umwelt belasten. Verstöße gegen das internationale Arbeitsrecht sind an der Tagesordnung. Es gibt sogar Hinweise auf Arbeitscamps, wo Arbeiter*innen unter sklavenartigen Bedingungen Kakao anbauen müssen.

Ein Thema, das immer wieder in den europäischen Medien eine Rolle spielt, ist die Kinderarbeit. Auch hier spitzt sich die Situation eher noch zu. Laut dem US-amerikanischen Arbeitsministerium arbeiten heute in Ghana und Elfenbeinküste 21 Prozent mehr Kinder illegal auf Kakaoplantagen als noch vor fünf Jahren. Mehr als zwei Millionen westafrikanische Kinder helfen unter gefährlichen und gesundheitsschädlichen Bedingungen bei der Kakaoernte.

Entwaldung nicht gestoppt

Immer wieder versprach die Industrie, die Entwaldungen stoppen zu wollen und für bessere Arbeitsbedingungen und ein Verbot von Kinderarbeit zu sorgen. Freiwillige Ansätze und Zertifizierungsinitiativen sind mittlerweile im Kakao­sektor weit verbreitet. Die Fortschritte in den Anbaugebieten sind aber bisher sehr gering. So verkündeten im November 2017 die Regierungen von Elfenbeinküste und Ghana sowie wichtige Schokoladenfirmen in einer Deklaration, die Entwaldung für Kakao aktiv bekämpfen zu wollen und zum Beispiel keinen Kakao mehr von frisch gerodeten Flächen zu beziehen. Ein Jahr nach der Unterzeichnung entlarvte Mighty Earth die Versprechungen als reines Green­washing. Aufnahmen von Satelliten, Drohnen sowie Feldrecherchen zeigen, dass die Waldzerstörung in Westafrika weiter voranschreitet. Allein in Elfenbeinküste wurde 2018 eine Waldfläche in der Größe von 15.000 Fußballfeldern zerstört. Untersuchungen zeigen, dass Cargill und andere Agrarhändler, anders als versprochen, weiterhin Kakao von frisch gerodeten Flächen kaufen.

Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen finden: Die Zeit für Experimente und leere Versprechungen ist abgelaufen. Wir brauchen endlich verbindliche rechtliche Regelungen, die den Import von Kakao aus Entwaldung sowie Kinderarbeit und unmenschliche Arbeitsbedingungen sicher ausschließen. Derzeit wird dies auf EU-Ebene diskutiert. Soll ein solcher Ansatz wirken, ist es unverzichtbar, dass entsprechende Standards und ihre Umsetzung von EU-Seite verbindlich formuliert und festgeschrieben werden. Auf keinen Fall dürfen Zertifizierungssysteme allein die Überwachung der Einhaltung von Standards übernehmen. Unternehmen müssen vielmehr gesetzlich zur Einhaltung der Vorgaben verpflichtet werden.

In Frankreich trat 2017 ein Gesetz in Kraft, das französische Unternehmen mit mehr als 5.000 Mitarbeiter*innen verpflichtet, jedwede Verletzung von Menschenrechten, Gefährdung der Sicherheit und Gesundheit des Einzelnen und/oder Schädigung der Umwelt, die im Rahmen ihrer Tätigkeit oder der ihrer angeschlossenen Unternehmen, Subunternehmen und Lieferanten auftreten könnte, zu identifizieren und zu unterbinden. Das bedeutet: Verwendet zum Beispiel ein Unternehmen Kakao, muss es nachweisen, dass das Produkt aus verantwortungsvollen Quellen stammt.

ROBIN WOOD fordert verbindliche Regelungen für den Import von Kakao

Bisher wird ein entsprechendes Gesetz auf EU-Ebene nur von wenigen Ländern, etwa Frankreich und Belgien, unterstützt. Der Ansatz wird aber nur eine Chance haben, wenn weitere mächtige Mitgliedstaaten wie Deutschland ihn mittragen. Bisher halten sich aber insbesondere das Bundeslandwirtschaftsministerium und das Wirtschaftsministerium zurück. Finden sich nicht genügend Unterstützer*innen für eine Regulierung, droht die Initiative zu einer rein symbolischen Aktion zu verkümmern.